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Voice over IP im Call-Center

Es gibt eine Branche der digitalen Welt, die allen Krisen zum Trotz sich auch in Deutschland auf einem traumhaften Wachstumskurs befindet: so genannte Call-Center schufen in den letzten anderthalb Jahren mehr als 25.000 neue Arbeitsplätze. Die Fachmesse "Call-Center-World" informierte diese Woche in Berlin über neue Produkte speziell für diese Branche. Der wichtigste Trend dabei: die IP-Telefonie.

Von Wolfgang Noelke |
    Voice over IP spart nicht nur Telefonkosten, sondern erspart wartungsintensive Telefonzentralen. Zu dieser Erkenntnis kommen vor allem kleinere und mittlere Unternehmen, die in Deutschland bereits mehr als 5500 Call-Center betreiben. Einige größere Unternehmen haben zwar noch Schwierigkeiten, die alte Technik mit der neuen Technik zu verbinden. Voice over IP – also Sprache über Internet - besitzt jedoch so viele Vorteile, dass dies bald Standard sei, meint Dr. Jörg Fischer, zuständig für die strategische Geschäftsentwicklung bei Alcatel:

    Mit Sicherheit ist Voice over IP eine sehr dynamische Technologie und ermöglicht mir, Arbeitsplätze dort einzurichten, wo sie gerade gebraucht werden. Das heißt: ich bin weg von der typischen drahtgebundenen klassischen Telefonie, sondern ich kann durchaus sagen: ein Arbeitsplatz kann auch bei mir zuhause sein, angeschlossen über das Internet beispielsweise mit einem IP Telefon zuhause mit einem entsprechenden Datenanschluss, damit ich auch auf die Daten zugreifen kann. Das ist mit Sicherheit einer der großen Vorteile, wo vor allem im Call-Centerbereich Voice over IP sehr wichtig ist.

    IP im Callcenter oder in der Telefonzentrale hieß früher übersetzt: "In Papierform". In Papierform machten sich die Mitarbeiter Notizen, hefteten den Vorgang in Aktenordnern ab und mit viel Glück konnten ihre Kollegen später sogar Faxe, Briefe und elektronische Post dem jeweiligen Vorgang zuordnen. Jetzt ist es nicht nur dem Internet-Protokoll, sondern auch dem XML-Standard zu verdanken, dass man alle vorhandenen Daten zeitgleich mit dem Gespräch verwalten kann und der Anrufer immer beim gleichen Gesprächspartner landet:

    Es gibt unterschiedliche Varianten: natürlich kann man die Rufnummer erkennen, man kann auch Systeme vorschalten, die eine Art Spracherkennung machen, so genannte Interactive Voice Response Systeme. Auch das sind natürlich Datenserver, die mit der Telekommunikationseinrichtung direkt spielen und da kann man so etwas machen. Der hereinkommende Anrufer wird identifiziert über verschiedene Kriterien und gelangt dann sofort in die zuständige Abteilung bis hin zum bekannten Agenten.

    Die neuen Internet-Telefone mit einem handtellergroßen Bildschirm wurden speziell für diesen Zweck entwickelt:

    Sie haben Bluetooth-Schnittstellen zu Sprechgarnituren, um noch mehr Bewegungsfreiheit zu kriegen. Das ist eine sehr intuitive Bedienung durch eine Menüführung für den Agenten. Es sind Applikationstelefone, das heißt man kann XML-Applikationen daraufbringen, die man sehr einfach über einen Tastendruck auf dem Telefon aktivieren kann. Ein Call-Center-Agent bekommt durch die Applikationen auf dem Telefon sehr viel Unterstützung in der Zukunft.

    Mehr Dienstleistung und ein entspannteres Gesprächsniveau verspricht diese neue Technik. Natürlich wurde auf der Tagung auch über das Gesetz zum Unlauteren Wettbewerb diskutiert – beispielsweise über unerwünschte Erstanrufe bei ahnungslosen Mitbürgern, denen unbelehrbare Call-Center-Agenten das Blaue vom Himmel herunterschwindeln, um beispielsweise Zeitschriftenabonnements oder Lottereilose zu verkaufen. Agenten, die trotz mehrfacher Nachfrage ihren Namen nicht nennen wollen, weil sie genau wissen, dass sie bereits mit dem Anruf eine gesetzeswidrige Handlung begehen. In den USA sind solche Voice-Spams zwar genau so verboten wie in Deutschland, in den USA – so Herbert Ferdinand, Fachbeirat der CallCenterWorld gibt es jedoch zusätzlich eine freiwillige Selbstkontrolle des Direktmarketing-Verbandes:

    Hier werden auf Länderebene Do-not-Call-Listen entsprechend positioniert, die in unterschiedlichen Formaten berücksichtigt werden müssen. Ich denke, dass wir vom DDV wie auch in Amerika vom DMA selbstkritisch entsprechende Fälle, die von schwarzen Schafen innerhalb der Branche nachweislich begangen werden, aufführen sollten und notfalls auch bis zu einer Anzeige gehen sollten, um eine gewisse Glaubwürdigkeit hier wieder zu stärken. Ich denke, so eine freiwillige Selbstkontrolle stärkt den Ruf eines souveränen Verbandes und ist Vorbild für uns hier in Deutschland.