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Voigt: Republikaner fremdeln mit Romney

Mitt Romney habe Probleme, die ganz konservativen Republikaner um sich zu versammeln, sagt Karsten Voigt, ehemaliger Koordinator der Bundesregierung für die transatlantischen Beziehungen. Vielen erscheine der Favorit auf die Herausfordererrolle gegen US-Präsident Obama als zu gemäßigt.

Karsten Voigt im Gespräch mit Bettina Klein | 04.01.2012
    Wer tritt als republikanischer Herausforderer gegen US-Präsident Barack Obama an? Die ersten Vorwahlen in Iowa gewann Favorit Mitt Romney knapp mit acht Stimmen Vorsprung vor Außenseiter Rick Santorum. Dennoch könne sich Obama nicht zurücklehnen, sagt Karsten Voigt, ehemaliger Koordinator der Bundesregierung für die transatlantischen Beziehungen.

    Bettina Klein: Startschuss für die Vorwahlen bei den Republikanern im US-Bundesstaat Iowa gestern. Das Ergebnis sollte eigentlich feststehen, aber noch immer gibt es keinen klaren Sieger und daran wird sich möglicherweise auch gar nicht mehr so viel mehr ändern. Die Stimmendifferenz zwischen dem ersten und dem zweiten Platz ist marginal. Es bewerben sich Mitt Romney und Rick Santorum darum, als Sieger aus diesen Vorwahlen, diesen ersten Vorwahlen in Iowa hervorzugehen.
    Geht es nach dem Jahr 2008, dann hat ein heutiger Sieg bei diesen Vorwahlen in Iowa nicht viel zu sagen. Mike Huckabee bekanntlich wurde vor vier Jahren zum Kandidaten der Republikaner gekürt, ihn kennen heute maximal noch amerikanische Fernsehzuschauer, die seine Show beim Sender Fox verfolgen. Kandidat für die Wahl wurde letztendlich John McCain. Andererseits: Das Beispiel Barack Obama zeigte auch 2008, wie der Weg von Iowa direkt in die Pennsylvania Avenue ins Weiße Haus führen kann, wie die Begeisterung für ihn dort im Mittleren Westen Fahrt aufnahm und alle Welt plötzlich von Momentum sprach. – Am Telefon begrüße ich jetzt Karsten Voigt (SPD), viele Jahre Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen. Schönen guten Morgen, Herr Voigt.

    Karsten Voigt: Schönen guten Morgen, Frau Klein!

    Klein: Was sagt Ihnen dieses unglaublich enge Ergebnis heute Morgen in Iowa?

    Voigt: Das sagt für mich, dass Mitt Romney immer noch Probleme hat, die ganz konservativen, extrem christlich konservativen Gruppen innerhalb der Republikanischen Partei, die ja stark sind, um sich zu versammeln, und dass diese Leute jetzt sich nicht mehr um Frau Bachmann sammeln oder um andere konservative Kandidaten, sondern um den ehemaligen Senator Santorum. Der ist der Kandidat jetzt dieser Sozial-Konservativen und dieser christlichen Rechten, und dabei hat er sehr ausgeprägte Auffassungen in der Außenpolitik. Er war ja auch mal im Armed Services Committee. Auf der anderen Seite haben wir Mitt Romney, den viele doch unterstützen, auch in den nächsten Vorwahlen wird er viel Unterstützung finden. Aber es fremdeln viele in der Republikanischen Partei mit ihm, weil er ihnen als zu gemäßigt erscheint - das ist aus europäischer Sicht kaum zu begreifen – und weil er natürlich Mormone ist, und das macht ihn für viele Leute auch etwas unwählbarer als andere.

    Klein: Halten Sie dieses Rennen nach diesem 3. Januar, der in diesen Minuten zu Ende geht in Iowa, immer noch für komplett offen?

    Voigt: Was wir jetzt erleben ist, dass einfach Kandidaten ausscheiden. Wir haben noch nicht eine Entscheidung darüber, wer der Erste sein wird. Das kann Mitt Romney sein, das können aber auch andere sein. Aber wir erleben jetzt, dass Kandidaten schrittweise ausscheiden. Frau Bachmann habe ich schon erwähnt, sie lag vor einiger Zeit noch relativ weit vorne als Repräsentantin der Tea Party, und Herr Perry ist raus. Bei Gingrich bin ich mir nicht sicher, ob er völlig raus ist, der kann vielleicht bei anderen Staaten an der Ostküste und in städtischen Gebieten noch etwas aufholen. Aber schrittweise sehen wir, dass sich das Kandidatenfeld lichten wird und dass dabei die Alternativen innerhalb der Republikanischen Partei dann sehr schnell klar werden, und bei Mitt Romney habe ich den Eindruck, dass er sich sogar jetzt schon so verhält, als setzte er sich gar nicht mehr mit den anderen Republikanern auseinander, sondern primär mit dem amerikanischen Präsidenten, also Obama.

    Klein: Mitt Romney gilt ja eigentlich als einziger, der in der Lage wäre, Barack Obama im November zu schlagen. Nun sieht es nach diesem Abend heute wiederum so aus, als würden sich die Republikaner in den kommenden Wochen und Monaten weiterhin sehr stark mit sich selbst beschäftigen. Das Bewerberfeld ist weiterhin relativ zersplittert, die Stimmen teilen sich so sehr auf, dass man nicht mal einen richtigen Sieger heute in Iowa hat. Kann sich das Weiße Haus jetzt schon beruhigt zurücklehnen?

    Voigt: Nein, das kann es nicht. Die Entscheidung wird letzten Endes fallen zwischen einem sehr konservativen amerikanischen Republikaner, der dann entweder wie Mitt Romney selber der Kandidat ist und dann sich noch einen noch konservativeren Vizepräsidentschaftskandidaten dazu nehmen wird, oder einen, der selber diese sehr konservativen Strömungen vertritt und dann sich einen etwas gemäßigteren Vizepräsidenten suchen wird. Aber Obama kann sich keineswegs zurücklehnen. Er hat Chancen, aber mehr auch nicht, denn es entscheidet sich so eine Wahl oder nicht Wiederwahl letzten Endes an der wirtschaftlichen Lage, und die ist nicht so, dass man davon ausgehen kann, dass seine Wiederwahl sicher ist.

    Klein: Halten Sie das tatsächlich für das Hauptthema in diesem Wahlkampf, oder erwarten Sie auch Akzente in den kommenden Monaten, die vielleicht auch in Europa wiederum zu gewissem Kopfschütteln führen, wenn wir auf die Außenpolitik zum Beispiel schauen?

    Voigt: Erst einmal muss man sich daran gewöhnen, dass es wie bei uns ja auch häufig in Amerika bei diesen Wahlen und bei den Vorwahlen erst recht primär um Innenpolitik geht. Aber Außenpolitik spielt eine Rolle. Mitt Romney hat sich am Rande dazu geäußert in den letzten Wochen, und das, wozu er sich geäußert hat, waren Stellungnahmen zu Europa, und die waren natürlich negativ. Das heißt, wir als Europäer werden uns darauf einstellen müssen, dass wir aus den USA in den nächsten Wochen und Monaten sehr viel Befremdliches hören und auch viel Unsinniges hören, wenigstens Unsinniges aus unserer Sicht, aber das sollte uns nicht nervös machen.
    Übrigens hat Mitt Romney heute sehr deutlich Stellung genommen zur Außenpolitik. Er hat noch mal gesagt, dass der Obama viel zu sanftmütig ist im Umgang mit dem Iran, er hat schärfere Sanktionen gefordert, er hat gefordert, dass man die militärische Option gegenüber dem Iran nicht aus dem Arsenal herausnehmen soll. Und Santorum hat sich ganz eindeutig geäußert, dass er in mehreren Interviews gesagt hat, wir sollen zwar den Haushalt zurückfahren, die Schulden kürzen, aber bei Verteidigung darf nicht gespart werden, wir sollen zwar einen Frieden im Nahen Osten haben, aber keinen, der Israel aufgedrückt wird, sondern wir stehen eindeutig auf der Seite von Israel. Insofern haben beide Kandidaten, Mitt Romney heute und Santorum in den letzten Wochen, sich eindeutig in der Außenpolitik auch positioniert, aber natürlich ist ihr Hauptthema die Innenpolitik.

    Klein: Eine erste Einschätzung von Karsten Voigt, dem langjährigen Koordinator der Bundesregierung für die transatlantischen Beziehungen. Danke Ihnen für das Gespräch, Herr Voigt, und auf Wiederhören.

    Voigt: Auf Wiederhören, Frau Klein.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.