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Volkskongress in China
Wie Peking eine Pressekonferenz vorspielt

Es ist eine Art Schein-Transparenz: Während des zwölftägigen Volkskongresses in Peking gibt es zwar Pressekonferenzen mit allen wichtigen Ministern. Die Fragen sind aber meistens bestellt oder vorher vereinbart. Die Antworten werden abgelesen. Mit Kontroversen ist ohnehin nicht zu rechnen.

Von Axel Dorloff | 12.03.2016
    Der chinesische Umweltminister Chen Jining gibt auf dem Volkskongress eine Pressekonferenz.
    Der chinesische Umweltminister Chen Jining gibt auf dem Volkskongress eine Pressekonferenz. (imago/Xinhau)
    Damit das Warten nicht zu lang wird: Musik in der Großen Halle des Volkes, vor der Eröffnungszeremonie zum Volkskongress. Es gibt verschiedene Teesorten in Pappbechern – und den Tätigkeitsbericht der chinesischen Regierung. Selfie Sticks hat das Sicherheitspersonal am Eingang konfisziert – sie sind in diesem Jahr für nicht angemessen erklärt und verboten worden. Es ist der Auftakt einer Mammutveranstaltung. Fast 3000 Delegierte treffen sich jedes Jahr im März in Peking, wenn Chinas Scheinparlament tagt.
    Es ist der Schein, der blenden kann. Nimmt man die lange Liste der Pressekonferenzen während des 12-tägigen Volkskongresses, sieht das nach einem Fest für jeden Journalisten aus. Minister, Parteisekretäre, Kommissionsmitglieder – alle beziehen Stellung zu ihrer Politik. Delegierte der Regionalparlamente aus fernen Provinzen kommen tausende von Kilometern in die Hauptstadt Peking gereist, um beim Volkskongress dabei zu sein. Aber was dann konkret dabei rum kommt, ist oft nicht mal berichtenswert.
    Nette Begrüßung
    Die völlig vollgepackte Pressekonferenz mit Chinas Außenminister Wang Yi: Wer nach den äußerst scharfen Sicherheitsvorkehrungen einen Platz ergattert hat, wird zumindest nett begrüßt.
    Aber dann gibt es den typischen Ablauf: die Fragesteller sind ausgewählt, die Fragen mussten im Vorfeld eingereicht werden. Und Chinas Außenminister Wang Yi liest die Antworten im Wesentlichen ab. Mal mehr, mal weniger enthusiastisch.
    Es wirkt so, als spiele man Pressekonferenz. Kritische Themen wie Chinas zunehmend aggressive Politik im süd-chinesischen Meer oder Chinas Haltung zu Nordkorea werden zwar angesprochen. Man setzt sich aber damit nicht wirklich auseinander, es gibt keine Debatten-Kultur, keine Bereitschaft zur Diskussion.
    Gibt es mehr Offenheit?
    Für die Medien gibt es die offizielle Lesart – wohl formuliert und vom Podium verkündet. Manche chinesische Kollegen sehen das anders, sie beobachten zumindest eine Entwicklung in den vergangenen Jahren. Jason ist Reporter beim chinesischen Staatsfernsehen CCTV – er berichtet jeden Tag LIVE vom Volkskongress. Und er sagt: während des Volkskongresse ist die Bereitschaft, offen zu reden, größer geworden.
    "Wir sehen, dass das öfter passiert. Es ist leichter, was aus Ihnen raus zu bekommen. Dinge, die man zum Beispiel vor fünf Jahren nicht gehört hätte. Sie benutzen weniger die offizielle Partei-Sprache, sondern reden eher wie im Alltag."
    Trotzdem: mit Kontroversen ist nicht zu rechnen, wenn in China der Volkskongress tagt. Ob Fünf-Jahres-Plan, Haushalt für 2016 oder die Rechenschaftsberichte der Regierung: die Delegierten winken in der Regel alles durch, was kommt. Noch nie wurde eine Vorlage der Regierung abgelehnt.