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Volkswagen
Die Macht von Piëch

Zwar haben Ferdinand Piëch und seine Frau Ursula ihre Posten im VW-Aufsichtsrat geräumt, aber der Führungsstreit ist damit noch nicht geklärt. Nun muss der Nachfolger gefunden werden. Über die Eigentumsverhältnisse im Konzern könnte Piëch die Suche beeinflussen.

Von Silke Hahne | 27.04.2015
    Ferdinand Piëch mit seiner Frau Ursula
    Ferdinand Piëch mit seiner Frau Ursula. Wer wird ihre freien Stellen im Aufsichtsrat einnehmen? (Bertrand Bechard, dpa picture-alliance)
    Es eilt nicht. Erst mal macht der ehemalige IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber den Job. Er wird die Hauptversammlung von VW leiten Anfang Mai, schließlich ist er der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende. Er traut sich das auch sicher zu, weiß, wie man Politik, auch Unternehmenspolitik, im Konsens macht. Schließlich ist er nicht nur überzeugter Anhänger der Mitbestimmung, sondern hat der Metallindustrie auch immer die Luft zum Atmen gelassen:
    "Ich sage ausdrücklich: Beide müssen dazu kommen, die Arbeitnehmerseite, aber auch das Unternehmen und die Arbeitgeberseite. Und dann funktioniert das."
    Doch auf Dauer wird ein Gewerkschafter nicht den Aufsichtsrat führen können. Auch von der Kapitalseite, die Land Niedersachsen heißt, wird der Nachfolger Ferdinand Piëch nicht kommen können. Denn die einen stehen im Zweifel für die Arbeitnehmer-, die anderen für die lokalen Standortinteressen. Themen wie Effizienz, Wettbewerb, globaler Auftritt - das müsste von den betriebswirtschaftlich denkenden Kapitaleignern kommen. Und bei VW, so war es bisher, muss an leitender Position Stelle noch was hinzukommen:
    "Bei VW weiß man, dass man Ingenieur sein muss. Anders geht es ja sowieso nicht", so Jürgen Pieper, Autoanalyst beim Bankhaus Metzler.
    So galt Ferdinand Piëch als Idealbesetzung, zuerst als Chef von Audi, dann von VW, dann als Aufsichtsratsvorsitzender. Dass er nun hingeworfen hat, entspricht nicht seiner Natur. Dass er der Konflikte müde geworden sei, schwer vorstellbar. Sein Credo lautete bisher:
    "Wenn Sie in Stück weiter sind, dann ist der Horizont immer noch mal weiter, als Sie es erwartet haben. Die Arbeit hört nie auf."
    Kapitalseite schlägt neue Aufsichtsratsvorsitzende vor
    Gesetzliche Tatsache ist, dass der neue Aufsichtsratsvorsitzende von der Kapitalseite vorgeschlagen werden muss. Deren Mehrheit, 50,7 Prozent der Stimmrechte, vertreten gemeinschaftlich die Familien Porsche und Piëch. Ferdinand Piëch soll dem Vernehmen nach gut 13 Prozent der Porsche-Automobil-Holding halten, in der die 50,7 Prozent der VW-Stimmrechte gebündelt sind. Dass er diesen Einfluss nutzen wird, davon gehen Analysten aus. Tim Schult von Prima Investment:
    "Die Vergangenheit hat uns oft gelehrt, dass Herr Piëch nicht so schnell aufgibt. Er ist ja jetzt nicht komplett ohne Einfluss. Er verfügt immer noch nach wie vor über erhebliche Stimmrechte der Porsche-Holding. Von daher wird man sehen, wie er jetzt versucht, zu wirken."
    Kommen die anderen Piëchs und Porsches daran vorbei? Ferdinand Piëchs Vettern, die Porsche-Brüder Wolfgang und Hans-Peter, halten knapp so viele Anteile wie Ferdinand Piëch. Wolfgang und Hans-Peter Porsche üben ihre Stimmrechte aber nur gemeinsam aus. So können sie Ferdinand Piëch leicht überstimmen - es sei denn, der holte sich andere Unterstützer aus dem Porsche-Piëch-Clan, etwa bei seinem jüngeren Bruder Hans Michel Piëch.
    Als Nachfolger Ferdinand Piëchs an der Aufsichtsratsspitze ist übrigens auch Martin Winterkorn im Gespräch. Käme es so, hätte Ferdinand Piëch sein Ziel erreicht, Winterkorn als Vorstandsvorsitzenden loszuwerden - wenn auch um den Preis des eigenen Aufsichtsratsmandats.