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Volkswagen in der Krise

Beim größten Automobilproduzenten Europas läuft es seit langem nicht rund: erst die Affären um teure Luxusreisen und Korruption, dann der interne Machtkampf um die anstehende Vertragsverlängerung von Vorstandschef Bernd Pischetsrieder. Der Volkswagen-Aufsichtsrat hat auf seiner Sondersitzung reichlich Gesprächsbedarf.

Von Frank Politz |
    Wolfsburg. Eine Stadt wie keine andere in Deutschland. Nirgendwo sonst lebt der Mensch in so enger Verbindung mit einem Unternehmen wie dort - am Stammsitz von Volkswagen, dem größten Pkw-Herstellers Europas, Arbeitsstätte für rund 50.000 Menschen, der größte Werkstandort von Volkswagen weltweit. Die örtliche Presse, die "Wolfsburger Allgemeine Zeitung", hat sogar einen Extra-VW-Reporter - den promovierten Politologen Carsten Krebs:

    "Wenn man sich die Fläche des Werkes hier in Wolfsburg einmal vor Augen führt, da passen ja mehrere kleine Städte rein. Also, Volkswagen ist hier unendlich bedeutsam, Volkswagen gibt den Takt an. Das kann man zum Beispiel auch an der Berichterstattung in unserer Zeitung erkennen. Wenn es ein evidentes Volkswagen-Thema gibt, dann ist eigentlich klar, dass das sehr hoch positioniert wird, sprich auf der Seite eins."

    Und da stand VW recht oft in den letzten Wochen und Monaten. Doch nicht bloß in der "Wolfsburger Allgemeinen" sorgte der Konzern in jüngerer Vergangenheit häufig für dicke Schlagzeilen, sondern auch in überregionalen Medien. Und zwar vor allem durch den so genannten Rotlichtskandal um Edelprostituierte und teure Luxusreisen. Das war und ist zwar nur ein Teilaspekt der ganzen Affäre bei VW. Dennoch stand besonders deshalb das Unternehmen in der öffentlichen Wahrnehmung ziemlich schlecht da. Vorstandschef Bernd Pischetsrieder hat darüber dennoch nicht seinen Humor verloren. Auf die ironisch-spitze Frage, ob Volkswagen nach dem Image-Desaster nicht zumindest an Sex-Appeal gewonnen habe, antwortet der Bayer mit breitem Grinsen und unter Verweis auf den VW-Werbeslogan:

    "Ja, das war aber mit der ´Liebe zum Automobil´ so nicht gemeint."

    Aus Liebe zum Automobil hätte in Wolfsburg manches anders und einiges früher laufen müssen. Dann wäre er wohl nicht so hoch geworden wie er heute ist, der Problemberg bei Volkswagen. Bernd Pischetsrieder ist zwar schon dabei, ihn zu bezwingen. Aber ob er dafür noch genug Zeit kriegt, das ist momentan die spannende Frage. Seine Vertragsverlängerung als Vorstandsvorsitzender steht nämlich an, morgen und übermorgen auf einer Sondersitzung des VW-Aufsichtsrates. Doch im obersten Kontrollgremium des Konzerns ist nicht klar, ob der 58-Jährige weiter an der Managementspitze bleibt. Pischetsrieder selbst hält sich bedeckt, erklärt vorab nur kurz und knapp:
    "Ich sage, dass der Aufsichtsrat das entscheiden wird, und dann werden wir weitersehen. Ich möchte das Unternehmen weiter führen."
    Bekommt er eine neue Amtszeit, der diplomierte Maschinenbauer und Ehrendoktor, oder nicht? Ein Thema, das in Fachkreisen seit Wochen bereits sehr aufmerksam verfolgt wird. Das starke Interesse an der Personalie Pischetsrieder hat vor allem zwei Gründe.

    Erstens: Als Vorstandsvorsitzender von VW ist er nicht irgendein Wirtschaftslenker, sondern Chef des größten Automobilproduzenten Europas. Volkswagen steckt gerade in einer Phase tiefgreifender Umstrukturierungen. Und mitten im Rennen das Pferd zu wechseln, ist bekanntlich nicht ohne Risiko. Zudem, und das ist Grund Nummer zwei, habe einige aus den Reihen der Aufsichtsratsmitglieder gegen Bernd Pischetsrieder geschossen. Dazu meint der Zeitungsmann Carsten Krebs:

    "Das ist für mich ein reiner Machtpoker, und VW ist wieder in den Negativschlagzeilen. Vielleicht nicht ganz so negativ wie vor einem halben Jahr, aber das ist sicherlich das Ärgerliche bei einem in Teilen noch Staatsunternehmen, dass diese politischen Spiele viel stärker in der Öffentlichkeit eine Rolle spielen als zum Beispiel bei anderen DAX-Unternehmen."

    Volkswagen ist aber eben nicht wie andere DAX-Unternehmen. Das hat keineswegs allein nur mit der Größe, den Produkten oder der Marktlage zu tun. Grund dafür sind vielmehr komplexe Interessens- und Machtverflechtungen. Die gibt es in der Form nirgendwo sonst. VW ist ein Sonderfall. Anders formuliert: Die Wolfsburger stellen sich zwar gern als ganz normale Aktiengesellschaft dar, aber das ist Volkswagen nicht. Und das hängt zusammen mit der Firmengeschichte, wobei schon zu Beginn wie auch später noch oft die Politik mitmischte.

    Rückblende, in die 30er Jahre. Die Nazis heben das Unternehmen und damit auch die Stadt aus der Taufe. Am 26. Mai 1938 erfolgte die Grundsteinlegung für das gewaltige Automobilwerk. Ausschnitt aus einer damaligen Reportage des NS-Rundfunks:

    "Hier soll nach dem Willen des Führers ein gigantisches Werk entstehen, von dem man noch einmal in der Welt reden wird. Heute nun soll dieses Werk seine Weihe erhalten. Der Führer selbst wird die Grundsteinlegung vornehmen.
    Hitler: 'Ich vollziehe diese Grundsteinlegung im Namen des deutschen Volkes. Das Werk soll entstehen aus der Kraft des ganzen deutschen Volkes und es soll dienen der Freude des deutschen Volkes.'"

    Nach Kriegsende besetzten zunächst US-Truppen das Werk. Doch nach kurzer Zeit überließen sie es den Briten. Die wiederum übergaben das Unternehmen 1949 der seinerzeit noch blutjungen Bundesrepublik. Jedoch: Bonn erhielt zwar die Treuhänderschaft über die damalige Volkswagen-GmbH, die Verwaltung aber oblag dem Land Niedersachsen. Eine Konstellation, die elf Jahre dauern sollte.

    Bis 1960. Da passierte zu Regierungszeiten von Konrad Adenauer etwas, das VW einzigartig machte unter allen deutschen Großunternehmen. Es wurde ein Extra-Bundesgesetz erlassen, das so genannte VW-Gesetz, das auch heute noch gilt.

    Es wurde notwendig nach einem Streit über ungeklärte Eigentumsverhältnisse. Und der wiederum ging zurück auf die Gründungshistorie des Unternehmens eben während der NS-Zeit in Wolfsburg. Dazu der Wirtschaftsrechtler Wolfgang Kilian:

    "1934 wurde Gewerkschaftsvermögen enteignet, um eben dieses Werk aufzubauen, und nach dem Kriege war offen, wem das eigentlich gehört. Dann waren die Alliierten zunächst am Zuge. Sie haben das in die Treuhänderschaft des Bundes übergeben, auch da war die Frage des Eigentums noch nicht geklärt, und durch lange Verhandlungen kam es schließlich zu einem Vergleich."

    Und infolge dieses Vergleichs entstand eben das VW-Gesetz. Die beiden Hauptziele damals: Erstens sollte das Paragrafenwerk die Privatisierung des Unternehmens regeln, zweitens aber auch der öffentlichen Hand weiterhin Einfluss sichern. Die Lösung: Die Politik bastelte sich ein paar Sonderregeln in punkto Aktionärsstimmrechte und gab 60 Prozent des Grundkapitals als Volksaktien aus. Jeweils 20 Prozent blieben beim Land
    Niedersachsen und beim Bund. Der allerdings hat seine Anteile längst verkauft. Die hannoversche Staatsbeteiligung hingegen existiert nach wie vor.

    Allerdings: Wegen besagter Sonderregeln ist das Gesetz auf EU-Ebene strittig. Es läuft sogar eine Klage dagegen. Aber noch gilt das VW-Gesetz. Und so ist die Politik auf Grund der Landesbeteiligung weiter mit im Boot bei Volkswagen. Der jeweilige Regierungschef Niedersachsens, aktuell Christian Wulff, und ein weiterer Minister sitzen im Aufsichtsrat. Im obersten Machtzentrum von Volkswagen eine von drei
    Besonderheiten.

    Die zweite ist personifiziert im Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piech. Der 69-jährige Milliardär ist ein Enkel von Ferdinand Porsche. Der hatte einst nicht nur die Stuttgarter Sportwagenschmiede begründet, sondern auch das erste VW-Erfolgsmodell erfunden, den Käfer. Piech gilt als menschlich nicht gerade einfach, steht dafür aber wie weiland sein Opa im Ruf eines herausragenden Technikers und Autonarrs:

    "Seit frühester Kindheit ist das Auto mein Hobby. Und ich betreibe meine ganzes Leben lang mein Hobby, und das macht einfach eine Riesen-Freude."

    Ein Konzern als Spielzeug. Das war nicht immer gut für VW. Vor seinem heutigen Job als Aufsichtsratsvorsitzender war Ferdinand Piech nämlich Vorstandschef, rund neun Jahre lang, von 1993 bis 2002. Als Vorgänger von Bernd Pischetsrieder hat er den Konzern zwar durchaus vorangebracht, aber auch einige dicke Probleme verursacht. Genannt sei da nur der Vorstoß von Volkswagen in die automobile Luxusklasse. Das hat Milliarden gekostet und belastet das Unternehmen heute noch.

    Zudem war es Piech, der vor ein paar Wochen die aktuelle Diskussion um die Zukunft seines Nachfolgers Pischetsrieder ins Rollen gebracht hatte, indem er via Interview öffentlich in Frage stellte, ob Pischetsrieder die Unterstützung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat habe. Kurz davor hatte Ferdinand Piech noch selbst in der Kritik gestanden und zwar im Zusammenhang mit dem letztjährigen Einstieg von Porsche als Großaktionär bei Volkswagen. Sorge zeigte in diesem Kontext als VW-Miteigentümer vor allem das Land Niedersachsen. Ministerpräsident Christian Wulff erklärte, es gehe darum, Interessenskollisionen zu vermeiden.

    Der Grund dafür: Piech ist nicht nur Aufsichtsratsvorsitzender bei VW. Als Co-Eigentümer von Porsche sitzt er auch bei den Stuttgartern im Aufsichtsgremium. Ferner ist er Mitinhaber der Porsche-Holding im österreichischen Salzburg, einer der wichtigsten VW-Vetriebspartnergesellschaften in vielen Ländern vor allem Osteuropas. Knapp formuliert: Bei Piech laufen die Fäden von Porsche und VW zusammen. Der Mann hat große Macht und starken Einfluss.

    Bleibt noch die dritte Besonderheit. Und das ist die ungemein starke Position der IG Metall. Für die Gewerkschaft ist VW eine Paradehochburg. Der Organisationsgrad in der Belegschaft beläuft sich nämlich auf weit über 90 Prozent. Das gibt es in keinem anderen deutschen Großunternehmen. Folge: Die nach dem Betriebsverfassungsgesetz ebenfalls im Aufsichtsrat sitzende Arbeitnehmerschaft ist quasi die IG Metall. Überdies ist der Vizevorsitzende des obersten Kontrollgremiums kein Geringerer als der Bundeschef der Gewerkschaft, Jürgen Peters.

    Kurzum: Die IG Metall ist ebenfalls ein Machtfaktor bei Europas größtem Autobauer. Daran hat sich nichts geändert - trotz Verstrickung einiger Arbeitnehmervertreter in die so genannte VW-Affäre. Beleg dafür: Das Resultat der jüngsten Betriebsratswahl bei Volkswagen im vorigen Monat. Im Vergleich zur Wahl 2002 konnte die IG Metall dabei ihren Anteil sogar noch etwas steigern, auf rund 89 Prozent. Von insgesamt knapp 250 Betriebsratsmandaten errang die Gewerkschaft fast 230, nach dem ganzen Skandal schon ein überraschend positives Ergebnis. Noch einmal dazu Carsten Krebs, VW-Reporter der "Wolfsburger Allgemeinen Zeitung":

    "Das zeigt die Bedeutung der IG Metall. Das zeigt zugleich auch, dass die Mitarbeiter von Volkswagen schon unterscheiden. Es ist uns wichtig, dass wir einen Betriebsrat haben, und was die Krise ausgelöst hat mit Rotlicht- und mit Korruptionsaffäre."

    Die Rotlicht- und die Korruptionsaffäre: Zwei Skandale auf einmal. Sie haben VW ordentlich den Lack zerkratzt. Das hat sich zwar nicht spürbar auf die Verkaufszahlen ausgewirkt, wohl aber auf das Renommee des Konzerns. Bis vor kurzem habe Volkswagen in Bezug auf soziale Verantwortung noch zu den deutschen Top-Ten-Unternehmen gezählt, so Wirtschaftsprofessor Klaus-Peter Wiedmann. Doch als es dann plötzlich um
    Lustreisen und Edelprostituierte gegangen sei, sagt der Direktor des Instituts für Marketing und Management an der Uni Hannover, da habe die Krisenkommunikation nicht funktioniert:

    "Allergrößtes Problem ist in der Tat, wenn man in eine Richtung sich als soziales Unternehmen positioniert und auf der anderen Seite den Sex in Rio hat oder auch die Korruptionsaffäre. Das passt nicht zusammen, das ist ein echtes Problem. Und um so mehr muss ich versuchen, diese Ereignisse - die mögen Einzelereignisse sein, selbstverständlich - aber mehr zu erklären. Also, insofern wäre da wirklich eine ernstzunehmende Kampagne wichtig gewesen, wo dann auch Führungsmannschaften sagen: Okay,, es gibt überall schwarze Schafe, aber wir sind dran, und wir tun auch etwas."

    Nun ist es nicht so, dass VW gar nichts getan hätte. Doch in der öffentlichen Wahrnehmung war es nicht der Konzern selbst, der als engagierter Affärenaufklärer in Erscheinung trat, sondern Niedersachsens Regierungschef Christian Wulff:

    "Am meisten hat mich an dem ganzen Thema aufgeregt, dass da Hunderttausende von Leuten arbeiten, ihren Job machen, hart arbeiten, und Einzelne nichts darauf geben, dass dieses Unternehmen ein hohes Ansehen in der Welt hat, sondern ohne Rücksicht auf Verluste das Ansehen dieses Weltkonzerns und damit die Arbeitsplätze gefährden."

    Zu den Einzelnen, von denen Wulff gerade sprach, gehört unter anderem Klaus Volkert. Er war Vorsitzender des VW-Gesamtbetriebsrates und damit einer der bundesweit mächtigsten Arbeiterführer; einflussreicher noch als mancher Gewerkschaftsboss. Insgeheim, sagen Insider, habe sich der gelernte Schmied als Co-Vorstandschef betrachtet. Volkerts überraschender Rücktritt Ende Juni vorigen Jahres war der erste große Paukenschlag in der VW-Affäre.

    Rund fünf Wochen nach Volkert nahm im vorigen Jahr noch eine prominente VW-Figur ihren Hut. Ein Mann, dessen Name zum Synonym geworden ist für fundamentale Veränderungen im deutschen Sozialsystem: Peter Hartz. Der Ex-Personalmanager des Konzerns hat sich allerdings zu der ganzen Affäre bis heute nicht öffentlich geäußert. Er galt als Vertrauter von Gerhard Schröder, der als niedersächsischer Ministerpräsident ebenfalls mal im VW-Aufsichtsrat saß. Anfang Juli 2005, damals noch als amtierender Kanzler, sagte er zum Hartz-Abgang:

    "Er ist jemand, der mit seiner innovativen Tarifpolitik für das Unternehmen sehr, sehr viel getan hat in den frühen 90er Jahren. Und er ist jemand, der mit seinen Beiträgen zur Reformpolitik in Deutschland auch für Deutschland sehr viel getan hat. Und der Rest ist, denke ich, Sache, die im Unternehmen entschieden werden muss, nicht von mir."

    Peter Hartz, Klaus Volkert plus zehn weitere Männer, insgesamt also zwölf - so hoch ist aktuell die Zahl der Beschuldigten in der VW-Affäre. Die untergliedert sich, wie bereits erwähnt, in zwei Komplexe. Zum einen ist da der Rotlichtskandal um bezahlte Liebesdienste, zum anderen die Korruptionsaffäre. Ehemals führende VW-Mitarbeiter sollen demnach versucht haben, mit Hilfe von Tarnfirmen und Strohmännern in die eigene Tasche zu wirtschaften. Die Vorwürfe gegen das dreckige Dutzend, wie spitze Zungen sagen, lauten unter anderem auf Betrug und Untreue beziehungsweise Beihilfe dazu. Seit Monaten bereits ermittelt deswegen die Staatsanwaltschaft Braunschweig. Behördensprecher Klaus Ziehe:

    "Also, das ist mit Sicherheit nicht ´business as usual´, es ist aber ein normales Verfahren, das bei uns keine größere Beißhemmung hervorruft als andere Verfahren. Das heißt, wir kommen unserem gesetzlichen Auftrag so nach, wie wir es tun müssen und haben da auch weder Respekt vor Namen noch
    Parteibuch, um das mal ganz deutlich zu sagen. Also, es ist vom Grundsatz unserer strafrechtlichen Überprüfung her ein normales Verfahren, aber vom Umfang en detail und natürlich vom medialen Interesse her ist es ein absolut herausragendes Verfahren."

    Derzeit aber steht in Sachen VW etwas anderes im Vordergrund: und zwar die wirtschaftliche Lage des Konzerns. Bis 2008, so die Zielmarke, will man die Kosten um zehn Milliarden senken. Zugleich soll sich bis dahin der Gewinn vor Steuern auf 5,1 Milliarden erhöhen. Davon aber ist man nach der im vorigen Monat präsentierten Bilanz 2005 noch weit entfernt.

    Dabei fielen die Zahlen schon klar besser aus als in 2004. So gab es mit weltweit etwas über 5,2 Millionen Fahrzeugen einen neuen Auslieferungsrekord. Der Gesamtumsatz kletterte um rund sieben Prozent auf gut 95 Milliarden Euro. Und der Überschuss stieg gar um satte 400 Millionen auf 1,1 Milliarden. Jedoch, so VW-Finanzvorstand Hans-Dieter Pötsch:

    "Zwar entspricht dies, verglichen mit einem schwachen Vorjahr, einem Zuwachs von 60,7 Prozent. Aber bezogen auf den Umsatz von mehr als 95 Milliarden ergab sich daraus eine Nachsteuer-Rendite von lediglich 1,2 Prozent. Das wir diesen Wert nicht als befriedigend ansehen können, liegt auf der Hand."
    Und was ebenfalls nicht als befriedigend betrachtet werden kann, sind die Zukunftsaussichten von VW. Trotz bereits eingeleiteter Gegenmaßnahmen hat der Konzern teilweise immer noch teils enorme Schwierigkeiten. Dazu gehören unter anderem große Überkapazitäten sowie starke Absatzprobleme auf den beiden wichtigen Märkten USA und China. Vor allem aber drücken das Unternehmen hierzulande im Bereich der Kernmarke VW viel zu hohe Produktionskosten. Schon länger laufende Einsparungen sollen deswegen forciert werden. Zudem ist ein massives Restrukturierungsprogramm geplant.

    Vorstandschef Bernd Pischetsrieder erklärte in diesem Kontext bereits:

    "Es geht konkret darum, dass die Arbeitsplätze von etwa 20.000 Mitarbeitern so strukturiert werden müssen, dass die Leistung wettbewerbsfähig bleibt."

    Nur was das ganz genau zur Folge haben wird, dazu hat sich Pischetsrieder bisher nicht klipp und klar geäußert. Das aber bereitet den Boden für Spekulationen: So berichtet das Magazin "Focus", der Konzern plane eine stufenweise Arbeitszeitverlängerung von 28,8 auf 35 Wochenstunden ohne Lohnausgleich. Dadurch würden nach Berechnungen des Markenvorstandes Wolfgang Bernhard mehr als 20.000 Jobs überflüssig. Auch wenn sich ein Konzernsprecher zu diesen Zahlen nicht äußern wollte, solche möglichen Aussichten sind nicht gerade förderlich, wenn auf der Sondersitzung des Aufsichtsrates morgen und übermorgen über die Vertragsverlängerung für Bernd Pischetsrieder entschieden wird. Das oberste Konzernmachtgremium ist nämlich in zwei Lager gespalten.

    Die Arbeitnehmervertreter wollen Pischetsrieder ohne konkrete Details zur Umstrukturierung keinen "Freibrief" ausstellen. Die Kapitalseite dagegen, angeführt von den beiden größten VW-Aktionären, Porsche und dem Land Niedersachsen, sie will die Vertragsverlängerung angeblich trotzdem durchdrücken. So zumindest der "Spiegel". Und er schrieb auch schon von einem "Showdown bei VW". So ist der Konzern entgegen seinem Leitspruch "Aus Liebe zum Automobil" wieder einmal in den Negativschlagzeilen. Aus denen aber sollte er nach der Rotlicht- und Korruptions-Affäre möglichst bald herauskommen. Das jedenfalls empfiehlt abschließend der Wirtschaftsprofessor und Direktor des Instituts für Marketing und Management an der Uni Hannover, Klaus-Peter Wiedmann:

    "Ich komme ja aus dem Süddeutschen. Ich würde den Rat geben ´Schaffe, net schwätze´. Das heißt, wirklich zu versuchen, sich anzustrengen, schnell zu einer Lösung zu kommen, dass man sagt: Mensch, die schaffen was, die kriegen es jetzt doch hin, die strengen sich da an. Ich glaube, das ist das, was man erwartet und erwarten kann."