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Voll auf Kurs mit Biostrom

Die Biomasse ist - neben Sonne, Wind oder Wasser - ein Baustein zur Gewinnung alternativer Energien - die Alternative also zu Öl, Gas oder Atomstrom. Zur Biomasse zählen beispielsweise Altholz, Klärschlamm oder Pflanzen- und Nahrungsmittelreste, Stoffe also, die gerade auf dem Land vielfach als Abfall anfallen und dort deshalb einen besonderen Stellenwert haben als möglicher Energieträger. Mittelfristig kann die Biomasse-Technik in ländlichen und waldreichen Regionen bis zu 50 Prozent des Energiebedarfs für die Wärmeerzeugung abdecken, so die Prognosen und Hoffnungen vieler Umwelt- und Landwirtschaftsminister. Doch nicht nur in Deutschland wird Biomasse zur Energiegewinnung genutzt. Das nach eigenen Angaben derzeit weltweit größte Biokraftwerk steht in Finnland am Bottnischen Meerbusen. Es ist seit Dezember 2001 in Betrieb.

Von Stefan Tschirpke |
    "Dort werden die Bäume entrindet, bevor sie in die Zellstofffabrik gehen. Im Norden ist das Sägewerk zu erkennen. Auch von dort bekommen wir Holzabfälle, vor allem Rinde. Und rechts unten werden gepresste Bündel aus Schlagabfallholz zerkleinert," erläutert Kraftwerksdirektor Stig Nickull umliegende Anlagen und Vorgänge.

    Wir stehen – in rund 50 Meter Höhe - auf der Plattform eines Auβengerüsts, das lange Förderbänder abstützt, über die der Riesenappetit des Biokraftwerks Alholmens Kraft gestillt wird. Stündlich wandern 800 bis 1000 Kubikmeter Biomasse – das sind etwa sieben Lkw-Ladungen – in den Kessel. Alholmens Kraft bei Pietarsaari direkt am Bottnischen Meerbusen ist mit einer Leistung von 240 Megawatt-Stunden das derzeit gröβte Biokraftwerk der Welt.

    Die Brennstoffbeschaffung ist ein logistisches Kunststück und vielfältig: Da ist die Zellstofffabik des UPM-Kymmene Konzerns, auf dessen Werksgelände das Kraftwerk errichtet wurde. Die Fabrik verarbeitet jährlich drei Millionen Kubikmeter Holz und hinterlässt als Nebenprodukt ganze Berge an Baumrinde. Da sind die unerschöpflichen Torfvorkommen in den Weiten der Region Pohjanmaa. Und da ist der Holzeinschlag in den Waldgebieten in einem Halbkreis von ca. 200 Kilometern, bei dem sogenanntes Schlagabfallholz in groβen Mengen anfällt – Äste, Zweige, Baumkrohnen.

    Ein Einschlaggebiet rund 60 Kilometer vom Kraftwerk. Schweres Gelände, Maschinengeräusche, knackendes Geäst. Christian Backlund von der Forstabteilung des UPM-Kymmene Konzerns erläutert mit sichtbarem Stolz jenes neue Verfahren, mit dem Schlagabfallholz mitten im Wald zu Brennstoffmaterial für das Kraftwerk aufbereitet wird:

    Der Spezialtraktor ist mit einem Greifer ausgerüstet, der umherliegende Äste auf einen Arbeitstisch hievt, wo das Nadelholzgestrüpp zu rund drei Meter langen Ballen zusammengepresst wird. Gewicht 600 Kilogramm, Durchmesser 75 Zentimeter. Pressen, Binden und Auf-Länge-Schneiden – alles automatisiert und in einem Arbeitsgang.

    Dann schauen wir uns näher das gepresste Holzbündel an, in dem laut Backlund rund ein Megawatt Energie schlummern:

    Der Energiegehalt von 20 Bündeln würde – grob gerechnet - ausreichen, um den jährlichen Energiebedarf eines Einfamilienhauses zu decken. Viel Energie sei bisher in den Wäldern liegen geblieben," resümiert Backlund.

    Die Idee stammte von zwei findigen Unternehmern aus der schwedischen Region Småland. Doch in Schweden zündete das effektive Aufräumverfahren von Einschlaggebieten nicht, da es für das Endprodukt – gepresster Schlagabfall - keine ausreichend groβen Abnehmer gibt. Anders dagegen die Situation bei Alholmens Kraft, das inzwischen rund 10 Prozent seines Biomasse-Bedarfs aus Schlagabfallholz deckt. Weitere 45 Prozent des Brennstoffs sind Torf, 35 Prozent anderweitige Holzabfälle wie Rinde, Sägespäne oder Baumstümpfe sowie ein kleiner Anteil Steinkohle.

    Zurück ins Kraftwerk, das sich seit gut einem Jahr in kommerziellem Betrieb befindet. Direktor Stig Nickull ist mit dem Start nicht nur in technischer, sondern auch kommerzieller Hinsicht zufrieden. Das Kraftwerk hat sich – in Anbetracht rekordhoher Strompreise an der nordischen Energiebörse – als Investitionsvolltreffer seiner Eigner erwiesen, darunter finnische und schwedische Energiefirmen, der Papierkonzern UPM-Kymmene und kleine kommunale Energieunternehmen im Umfeld.

    Auch in der nationalen Energie-Perspektive liegt man voll auf Kurs. Unter dem Druck der Verpflichtungen des Kyoto-Protokolls setzt die Regierung in ihrer Energiestrategie auch auf den verstärkten Einsatz von Biomasse - hier also Holz - mit der bereits rund 20 Prozent des Primärenergiebedarfs in Finnland gedeckt werden. Noch einmal Direktor Stig Nickull:

    Die Regierung will den Einsatz von Holz zur Energiegewinnung von einer Million Kubikmeter auf fünf Millionen Kubikmeter bis 2010 erhöhen. Die Investition Alholmens Kraft passt genau in dieses Konzept.

    Zusätzliche Informationen auf den auch englischsprachigen Internetseiten von Alholmens Kraft unter: http://www.alholmenskraft.com