Archiv


Vollausstattung für Kommunikationsnomaden

Die Weltmesse für Telekommunikation 3GSM im spanischen Barcelona gilt als Fiebermesser einer Branche mit anhaltend rasantem Wachstum. Damit dieser Trend anhält, setzen Entwickler auf mobiles Fernsehen, schnelles Internet unterwegs und soziale Netzwerke.

Von Manfred Kloiber und Gerd Pasch |
    Manfred Kloiber: Willkommen zu unserer Extra – Ausgabe von Computer und Kommunikation. Wir berichten heute von der Mobilfunkmesse 3GSM, die vergangene Woche in Barcelona stattfand. Diese Veranstaltung, in den neunziger Jahren als Treffen von zwei Dutzend Experten gegründet, ist mittlerweile die weltweit führende Technologie-Show der Drahtlos-Branche geworden. Alles was mit Handy und drahtlosem Internetzugang zu tun hat, wird hier gezeigt. Und über 55.000 Besucher haben es sich diesmal in der katalanischen Metropole angesehen.

    Gerd Pasch: Im Mittelpunkt der prachtvollen Show in Barcelona stand das mobile Endgerät. Die Hersteller vornehmlich aus Skandinavien und Korea nahmen die Herausforderung an, die die amerikanische Edel-Computer Schmiede Apple mit dem iPhone ins Spiel gebracht hatte. Zigarettenschachtel große Multimedia-Maschinen mit handtellergroßen Displays standen in den Boxen. Brillant scharf die Darstellung, flüssiger Bildverlauf, exzellenter Ton, sogar Surround-Sound tauglich, und dabei ist die Bedienung kinderleicht auch für Nutzer älteren Semesters -dank intelligenter Eingabehilfen. Innen drin in hauchdünne Platinen gegossen – die Hochleistungsprozessoren. Sie stehen den Fähigkeiten der Desktop-Varianten kaum nach. Sparsam im Stromverbrauch und geringe Wärmeentwicklung sind Kennzeichen der DSPs im Tunerteil der Mobilfunkgeräte. Für die Kommunikation mit anderen Geräten wie externe Speicher, Tastatur oder Bildschirm hat sich die USB-Schnittstelle etabliert. Auch die Funkschnittstelle Bluetooth ist dabei.

    In der Palette der neuen Handys drückt sich aus, welche Rolle das mobile Internet spielen wird. Die Experten gehen davon aus, dass sich Anwendungen aus dem "Web 2.0", aus der Welt des sozialen Internets, auch bald auf dem Handy wieder finden werden. Schon jetzt hat sich das Handy bei jugendlichen Nutzern schon fast zu einem Körperteil entwickelt, das sie nicht mehr missen wollen. Es ist Teil des täglichen Lebens, wie Marco Börries von Yahoo meint:

    "Gut, Web 2.0 steht für eine ganze Menge Sachen. Unter anderem ist es Social Web. Ich nenne es eher Social Web. Und was wir auf dem Web gelernt haben, bringen wir natürlich auch zum Mobile Phone. Und sie werden in Zukunft auch wesentlich mehr Anwendungen sehen, die socially aware sind. Ob das nun heute Flickr ist, was eine ganz prominente Applikation ist als Bestandteil von Yahoo! go, was ja Social Fotosharing ist. Oder Answers, Yahoo! Answers with social search. Das heißt, Menschen antworten auf Fragen von anderen Menschen. Das sind natürlich ganz wichtige Säulen von unserer Mobile-Strategie und da wird auch noch mehr in Zukunft kommen."

    Pasch: Und diese Zukunft ist nicht mehr allzu weit entfernt. Für Studenten beispielsweise ist das WEB 2.0 und die Netzgemeinschaft schon heute eine Selbstverständlichkeit.

    "Verschiedene Arten. Natürlich wie wir es heute bei Flickr sehen, dass ich hingehe und meine Freunde in meinem Adressbuch einlade, meine Bilder anzuschauen. Das kann ich natürlich für andere Anwendungen machen. Und natürlich -sobald es von dem Anwender frei gegeben ist – dadurch, dass das Mobile-Phone ortsbasiert ist, kann ich natürlich hingehen und sagen, ich bin gerade hier, welche meiner Freunde sind in der Nähe, sollten meine Freunde erlaubt haben, dass ich ihren Standort sehe. Das heißt, lokationsbasierende Discovery ist eine Sache, die sehr sehr interessant ist, auch in Zukunft."

    Pasch: Fototauschbörsen wie Flickr, Suchmaschinen wie Yahoo oder Google, Videoplattformen wie Youtube oder vernetzte Computerspiele, das alles bekommt wohl seinen festen Platz auf dem Handy und benötigt hochauflösende, reaktionsschnelle Grafik. Ein Grossteil der Speicher-und Prozessorkapazität wird deshalb jetzt von den Chipherstellern für Multimedianwendungen bereitgestellt. Markus Tremmel von Texas Instruments hat die Leistungsfähigkeit mit einem Vergleich verdeutlicht:

    "Im Prinzip können sie sich vorstellen, wenn Sie ein Notebook nehmen, mit allen Features die da drauf sind und damit telefonieren können. Das kann das neueste Telefon. Wir haben mittlerweile Chips verfügbar, die Multimedia darstellen können mit High-Definition-Auflösung. Und die haben auch einen Anschluss, damit die direkt an den Fernseher anschließen kann, damit man auch diese Qualität wirklich sieht."

    Kloiber: Sicherlich die größte Dynamik hatte dabei das Thema Mobiles Fernsehen zu bieten. Denn hier stehen etliche Projekte an, die kurz vor der Umsetzung sind. In 40 Pilotprojekten weltweit wird zum Beispiel der Standard DVB-H erprobt, H für Handheld. In Italien gibt es den Dienst schon als Regelbetrieb und noch in diesem Jahr soll er auch in Deutschland starten. Doch DVB-H ist nicht die einzige Technologie für die Glotze unterwegs.

    Pasch: Mobilfernsehen ist ja mit dem DVB-T, dem digitalen Antennenfernsehen populär geworden. Es fing auch für die Handy-Hersteller an interessant zu werden zur Fußball-Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr in Deutschland. Inzwischen haben die meisten Gerätehersteller auch den DVB-H Empfänger-Chip in einem ihrer Mobiltelefone implementiert. Der DVB-H Empfang ist in der Regel kostenfrei für den Zuschauer am Handy. Mobiles TV haben aber auch die Netzbetreiber wie Vodafone und T-Mobile zur Fußball-Weltmeisterschaft angeboten. Das war und ist aber ein Senden von Video-Clips über das schnelle Mobilfunk-Netz UMTS. Und es ist immer über eine – in der Regel teure -Einzelverbindung. Eine so genannte Broadcast-Variante gibt es bei UMTS auch. Dabei wird in einer Funkzelle ein Programm an alle Nutzer in dieser Zelle gleichzeitig geschickt. Diese MBMS-Übertragung ist vor allem in Innenräumen von Bedeutung, dort wo die DVB-Antennensignale nur eingeschränkt ankommen.

    Eine dritte Variante des mobilen Fernsehens erlebten die Messebesucher in Barcelona mit dem DVB-SH. "S" steht für Satellit. Und in der Tat kommt das DVB-H Signal von einem Sender im Orbit. Um es auf das Handy zu bringen, wird keine Schüssel benötigt. DVB-SH sendet in einem Frequenzbereich nahe an der UMTS-Frequenz von 2,1 GHz. So lässt sich das DVB-SH Signal in bebautem Gelände über so genannte Repeater via UMTS-Antennen verteilen. Professor Klaus Sattler vom BMCO Forum sieht in Zukunft ein Nebeneinander der verschiedenen Systeme. Das BMCO-Forum ist ein Zusammenschluss von Geräteherstellen und Netzbetreibern für mobiles Fernsehen:

    "Wir gehen davon aus, dass hier Fernseh-Programme oder auch Fernseh-ähnliche Programme sowohl über UMTS natürlich abgerufen werden können, wie es ja heute schon bei UMTS mobiles Fernsehen gibt. Dann wird es ja die Technologie MBMS geben im Rahmen des Mobilfunks, wo also auch schon im Rahmen der UMTS-Zelle das Programm nur einmal ausgestrahlt wird, aber es schon mehrere empfangen können. Aber auch diese Kapazitäten sind begrenzt. Und dann haben wir sozusagen die Broadcast-Technologie für den Massenempfang. Wir gehen davon aus, dass verschiedene Programme natürlich auf unterschiedliches Interesse stoßen. Und dass die, die sehr viel nachgefragt werden, dann über das Broadcast-Medium ausgestrahlt werden, die etwas weniger gefragten dann vielleicht über MBMS und die, die nur ganz wenige sehen wollen, also Spezialprogramme, dass die dann über UMTS vielleicht abgerufen werden können."

    Pasch: Das BMCO-Forum veröffentlichte in Barcelona auch eine aktuelle Studie zum Mobilfernsehen. Genutzt wird demnach das Unterwegs-Fernsehen vornehmlich zu Zeiten der Rush-hour, also auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause. Und in der Mittagzeit. Und wie ist die Sehdauer?

    "Das entspricht so ein bisschen der Zeit, die man in der Mittagspause hat oder die man frühstückt, die man im Bus sitzt. Und das sind halt – ja zehn Minuten, zwanzig Minuten, vielleicht auch mal eine halbe Stunde."

    Pasch: Wie beim klassischen Fernsehen wird künftig auch beim mobilen Fernsehen die Verschlüsselung von Inhalten eine bedeutende Rolle spielen. Denn mit dem Inhalt wird wohl das Geschäft gemacht, wenn der Empfang über offene Netze und zu Flatrate-Konditionen Normalität ist. Dazu entwickeln IT-Dienstleister wie Eike Dehde vom Hamburger Ingenieurbüro Coremedia verschiedene Standards. Denn der Zuschauer möchte ja unkompliziert und sicher seine Konsumwünsche befriedigen – und der Inhalte Anbieter an sein Geld kommen:

    "Man würde einfach, ähnlich wie wenn man Musik kauft, auch beim mobilen Fernsehen eine ähnliche Shop-Ansicht bekommen und dann auswählen, was man davon dann kaufen möchte. Und beispielsweise, was auch sehr interessant ist, einfach mal ein freies Preview bekommen. Ähnlich wie bei Premiere, wo es beispielsweise so war, dass man die ersten Minuten im Klartext sehen konnte. Und da ist es auch so, dass man einfach sagen kann, ich möchte mal sehen, was ist das eigentlich, kann für eine begrenzte Minutenzahl einfach mal frei reinschauen, ausprobieren, was ich da überhaupt sozusagen kaufen würde."

    Pasch: Die Technologie dazu steht bereit und funktioniert auch beim Mobilfernsehen. Strittig ist, wer wo den Freischalt-Code bekommt, über die SIM-Karte zum Beispiel oder über ein Online-Portal, wie es bei dem Musiktauschbörsen im Internet ja offensichtlich ganz gut läuft.

    Kloiber: Neben dem Fernsehen spielt vor allem die Musik eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, das Handy als Marketing-Vehikel einzusetzen. Musicdownloads auf das Handy und Klingeltöne gelten nach wie vor als sehr wichtige Geschäftsmodelle im Mobilfunkbusiness. Geschätzte vier Milliarden Euro wurden allein mit den nervigen Klingeltönen in Europa und Asien im Jahr 2005 umgesetzt. Zunehmend werden jetzt ganze Musiktitel verkauft, die das Handy in einen MP3-Player verwandeln. Allerdings gibt es im Moment – neben den hohen Preisen für den Datentransfer – noch größere Hemmschuhe in diesem Geschäft. Um aktuelle Charttitel oder Lieblingssongs einfach verkaufen zu können, müssen sie für den Nutzer auch auffindbar sein. Aufwändige Suchseiten und lange Ergebnislisten lassen sich aber auf dem kleinen Handy-Display nicht darstellen. Auch fehlt die passende Tastatur, um eine individuelle Bestellung in akzeptabler Zeit und mit geringem Umstand abzusetzen. Das israelische Unternehmen Hingi geht deshalb einen anderen Weg, individuelle Musikwünsche zu bedienen. Hear it and get it, so Ron Shani, sei nicht nur Firmenname, sondern auch Konzept. Wenn ein Handynutzer im Radio oder Fernsehen einen Song hört, kann er ihn sofort kaufen:

    "Wir haben den ganzen Bestellvorgang auf zwei Klicks verkürzt. Sie schicken zuerst eine SMS an uns. Dann bekommen Sie eine Liste mit den Songs, die gespielt wurden. Und dann laden sie den Song herunter. So einfach. Im Hintergrund beobachtet unserer System die Radio-und Fernsehstationen. Und wir haben eine Technologie entwickelt, die die Playlisten automatisch erstellt. Wenn ein Musikstück angespielt wird, dann wissen wir schon nach zwei bis drei Sekunden den Titel und alles andere. Und das mit einer 99prozentigen Genauigkeit. Wir benötigen also keine Playlisten von den Rundfunksendern."

    Kloiber: Das ist für Ron Shani ein besonders wichtiger Punkt, dass er weder von den Rundfunksendern noch von den Mobilfunkanbietern irgendwelche Informationen benötigt, die das System abhängig vom Goodwill anderer Marktteilnehmer machen. Auch welches Handy der Kunde benutzt, ist egal – einzig die Lizenzfrage ist relevant. Der Verkäufer muss die Rechte von der Musikindustrie erwerben.

    Pasch: Die Lizenzfrage stellt sich nicht Videos, die der Handy-Nutzer selbst aufgenommen hat. Eher ist es für ihn mit Aufwand verbunden, die Clips so zu be- und verarbeiten, dass die Comunity schnell was davon hat. Die bekannten Blogs aus dem Internet, die Selbstdarstellungs- und Nachrichten-Börsen mit rasantem Wachstum, die gibt es jetzt auch für die Handy-Gemeinde. Und wie es Foto-Bearbeitungs-Software und Tools zum Produzieren eigener Audio-Clips gibt, so bieten immer mehr Unternehmen auch Movie-Maker-Werkzeuge an. Das aufgenommene Video lässt sich beispielsweise über ein Java-Programm schon auf dem Handy oder PDA kürzen, neu zusammenstellen und mit Kommentar versehen. Zum Versand fertig gestellt kann es in Windows-Media-Files oder als Flash-Film abgespeichert werden. Per Upload wird dann dieses Nachbarschafts-Fernsehen zu Internetplattformen wie "YouTube" geschickt. Wer gerne seine Lieblings-DVD auch auf dem Handy anschauen möchte, findet dazu bei den Herstellern von Brennsoftware Module, die das Konvertieren im Handumdrehen erlauben. Stefano Miotto vom Software-Hause Nero sagt wie es geht:

    "Über die PC-Suite DVDs oder CDs, Audio-CDs zu konvertieren in komprimierte Formate so wie MP3 oder MPEG4 und die dann eben über Synchronisationsfunktionen auf das mobile Gerät bringen und dann eben abzuspielen."

    Pasch: Eine leistungsstarke Kopiersoftware stellte auf der Mobilfunkmesse in Barcelona die französische Software-Schmiede ACTimage vor. Technologie-Chef Antonio Cavaliere verweist stolz darauf, dass seine Lösung eigene Kodier-Algorithmen verwendet. So können kleinste Speichermedien genutzt werden:

    "Sie können jetzt auf einem Mobile, zum Beispiel einem Nokia N73, bis zu sieben Stunden Video speichern. Im Moment ist unser File auf Memory-Card, SD-Karte, zur Verfügung. Sie stecken einfach die Memory-Karte in ihr Handy, dann lesen Sie den Film. Und für einen Film, brauchen Sie normalerweise von 128 bis 256 Megabyte. Es kommt darauf an, auf den Film und die Qualität. Aber um eine DVD-Qualität für sieben Stunden auf einem Mobile zu haben, sie brauchen normalerweise 250 Megabyte."

    Pasch: Auch mit nicht so hoch getakteten Prozessoren wie in einem Mobilen Mediengerät lassen sich selbst HDTV-Filme vom Handy abspielen.

    "Für Encoding ist das auf allen Controllern wie Sie sagen, Mobilgeräte, aber auch zum Beispiel wie mit diesem Nokia N93 können Sie jetzt auch das Telefon am Fernsehen direkt mit einem Kabel verbinden und dann können Sie am Fernsehen auch einen Film sehen. Direkt vom Telefon, Sie brauchen keinen DVD-Player."

    Pasch: Da war auch der Fachmann ob der hohen Qualität überrascht, die von einem Mobilfunk-Gerät der neuesten Generation wiedergegeben werden kann. Überrascht hat auch eine Anwendung, die im Auto eine immer stärkere Position einnimmt: die Navigation. TomTom für Fußgänger ist keine Utopie. Das Handy kann mit und ohne GPS metergenau zum Ziel führen. Das schwedische Ingenieurbüro Appello zeigte eine pfiffige Lösung: Will ich jemanden besuchen, dessen Telefonnummer ich nur kenne, reicht das. Das System sucht über eine Datenbank die passende Adresse und zeigt mir in einer Karte genau den Weg dorthin. Und dazu wie lange ich brauche und welche Bus-Linie ich gegebenenfalls nehmen kann.

    Kloiber: Navigation mit dem Handy, das ist natürlich auch eine wichtige Anwendung für Sehbehinderte und Blinde. Lange schon gibt es Versuche, Handy, Sprachausgabe und Navigation zu einem brauchbaren Gesamtsystem zu vereinen. Bislang scheiterte es an der Leistungsfähigkeit der einen oder anderen Komponente. Niklas Wilhelmsson vom schwedischen Unternehmen Wayfinder zeigte mir in Barcelona ein Handy, bei dem alle Komponenten aufeinander so abgestimmt sind, dass das System zuverlässig arbeitet.

    "Wir haben eine Navigationslösung genommen, die Bedürfnisse der Behinderten genauer untersucht und dann Anpassung vorgenommen und Funktionen eingebaut, die diese Zielgruppe benötigt. Zum Beispiel die "Wo bin ich?" Funktion. Oder wir haben die Straßennamen in den Navigationspfad integriert. Wir haben vier Ziele als Vorgaben eingebaut. Dem Nutzer wird angesagt, wenn er zum Beispiel an einem Restaurant vorbei geht, an der Wohnung eines Freunde vorbei kommt oder wenn er eine bestimmte Strasse kreuzt."

    Kloiber: Spezielle Funktionen also, die die Navigation ganz gezielt für Sehbehinderte und Blinde unterstützen. Allerdings, das betonen die Entwickler, kann das System nur zusätzliche Informationen geben und die Hilfe eines Blindenhundes nicht ersetzen - auch wenn die Navigationsgenauigkeit durch leistungsstarke GPS-Empfänger selbst in Straßenschluchten der Großstadt auf wenige Meter gesunken ist. Was die Sprachausgabe angeht, verweist Entwickler Markus Gröber von Nuance aus Aachen darauf, dass sich in Kombination mit anderen Funktionalitäten der Handys, etwa mit der Kamera, weitere praktische Hilfen ergeben können:

    "Also Anwendungen, über die wir schon nachgedacht haben, ist das Lesen von Barcodes. Die Telefone haben ja eigentlich alle Scanner in Form einer Kamera. Das heißt, ich kann ein Bild machen zum Beispiel von einer Dose Cornflakes oder so etwas. Wenn auf dem Bild ein Barcode zu sehen ist, könnte das Telefon zumindest den Barcode vorlesen und dann zum Beispiel über eine Datenbank im Netz abfragen, was für ein Produkt ist das. Das ist ein gängiges Problem, dass man im Laden oder selbst in der eigenen Speisekammer die Packungen nicht unterscheiden kann. Das ist insgesamt so eine Tendenz mit den zusätzlichen Funktionen, die in so ein Telefon hineingepackt werden: Dadurch, dass das Telefon selbst zugänglich für Blinde, werden immer mehr Funktionen ganz automatisch zugänglich."

    Kloiber: Da kommt alternativ dann noch einen neue Technologie mit ins Spiel, die Chipentwickler speziell in das Handy integrieren wollen. Sie heißt NFC, Near Field Communications, und ist eine Spielart der drahtlosen Funketiketten RFID. Spielart deshalb, weil die Produkt-Identifikation oder der Datenaustausch nur in einem Radius von maximal zehn Zentimetern funktioniert. Zwischen zwei kommunizierenden Gegenständen, die sich fast berühren müssen. Dieser Umstand alleine macht die Kommunikation sicher. Ein anderer Aspekt bei NFC ist, dass der Datenaustausch in beiden Richtungen vonstatten gehen kann, aber nicht muss. Auch was die Energieversorgung angeht, kann einer der beiden Kommunikationspartner passiv sein und die Energie vom anderen beziehen. Tim Baker vom französischen Chiphersteller Inside Contactless hat mir ein paar Möglichkeiten genannt:

    "Um NFC zu aktivieren, müssen sie mit ihrem Handy eine ganz bestimmte Geste machen. Sie müssen die Sache, mit der sie kommunizieren wollen, nahezu berühren. Das kann zum Beispiel ein Zahlungsterminal sein, eine Sperre am U-Bahn-Eingang, ein Plakat an der Wand mit einem eingebauten NFC-Chip. Es könnte aber auch ein anderes Telefon sein, um Adressen oder Klingeltöne auszutauschen. Je nach dem, in welchem Kontext sie die Geste machen, kann eine bestimmte Anwendung damit ausgelöst werden."

    Kloiber: Im einfachsten Fall werden also nur Informationen im geringen Umfang mit NFC abgerufen, von einem Konzertplakat etwa die Internet-Adresse der Homepage. Im kompliziertesten Fall wird ein Zahlungsvorgang ausgelöst oder im Beispiel mit der U-Bahn ein Fahrschein gelöst. Das Funksystem NFC tritt also auf keinen Fall an, um andere Funkstandards wie etwa Bluetooth zu ersetzen, im Gegenteil sogar, erklärt Tim Baker:

    "Wir sehen NFC als Wegbereiter: Wenn sie zum Beispiel Ihr Handy als Interzugang für Ihren Laptop nutzen wollen, dann halten sie einfach ihr Handy an das Laptop. Die NFC-Verbindung sorgt dann dafür, dass die beiden Geräte über Bluetooth miteinander verbunden werden. Alles wird automatisch eingestellt und sie können das Handy dann weglegen, weil die eigentliche Verbindung über Bluetooth läuft. Also NFC ist keine Bandbreitentechnologie, sondern eine Verbindungsunterstützung. Damit erst eröffnen sich die Möglichkeiten, die Bluetooth hätte, wenn es nicht so kompliziert wäre."

    Kloiber: Tatsächlich aber ist die Komplexität der einen oder anderen Technologie ein echtes Hindernis für deren Einsatz. Das gilt insbesondere für Bluetooth, dem Funkstandard für den zehn bis 100 Meter Radius. Meist wird der drahtlose Link nur benutzt, um ein Headset, eine Hörsprech-Garnitur, anzuschließen. Mehr nicht, weil es zu kompliziert ist. Dabei kann man mit Bluetooth auch sein Reise-Büro organisieren. Auch das ist ja gar nicht so einfach, wenn man zum Beispiel auf seinem Blackberry eine Email mit Anhang bekommt und dann auf dem kleinen Schirm die Umsatzstatistiken studieren soll. Carsten Mickeleit von thinprint aus Berlin hat mir gezeigt, wie eine Drucklösung auf dem Handy aussehen kann:

    "Wir haben insgesamt drei Wege, wie man drucken kann. Als erstes, man hat einen mobilen Bluetooth-Drucker mit, kann auf diesem Bluetooth-Drucker ausdrucken und kriegt dann im Originalformat diese Datei angezeigt. Beim Faxen sind wir eigentlich bei der zweiten Technologie. Überall in Hotels finden Sie heutzutage ein Faxgerät. Das heißt, wenn Sie keinen eigenen Drucker mit haben, dann können Sie ganz schnell das Faxgerät des Hotels nutzen, in dem sie halt ihr Dokument auf einem Faxgerät ausgeben. Und letztendlich die dritte Technologie, die wir anbieten, ist eine Technologie, die sich Print to Screen nennt, mit der man schnell und einfach von einem mobilen Device aus auf einen Laptop-Screen diese Datei dann anzeigen kann."

    Kloiber: Das Ganze ist ein Server-Dienst, der entweder auf dem Mail-Server in der Firma läuft oder bei einem Service-Provider, der den Druckdienst mit anbietet. Der Server bereitet das Dokument aus dem Email-Anhang auf und sendet dann die Druckdaten stark komprimiert an das Handy. Hier muss ein kleines Helferprogramm laufen, das die Druckdaten entpackt und auf den Drucker schickt.

    Pasch: Das mobile Internet muss also sehr, sehr schnell sein. Noch hinken die Mobilfunkunternehmen in punkto Geschwindigkeit dem heimischen DSL-Anschluss hinterher. Auch drahtlos werden jetzt Übertragungsraten von etwa sechs Megabit pro Sekunde im Download kommen müssen. Das schafft man zum Beispiel mit HSDPA, dem High Speed Downlink Packet Access, einer Weiterentwicklung von UMTS. Die Ballungsräume in Deutschland werden bereits mit dieser Technologie versorgt – wenn auch bislang meist nur mit 1,7 Megabit pro Sekunde Geschwindigkeit. Erste Datenkarten für den Laptop oder USB-Adapter für den stationären PC mit bis zu sieben Megabit pro Sekunde Download-Geschwindigkeit gab es in Barcelona auf vielen Ständen zu sehen. Doch gerade in Zeiten von Web 2.0 – dem sozialen Internet – in Zeiten von Fototauschbörsen wie Flickr oder Videoupload-Portalen wie Youtube reicht ein schneller Download nicht mehr aus. Schneller Upload ist stark gefragt. Auch den wird es bald geben, die Standards dazu sind fertig und erste Produkte werden vereinzelt gezeigt. Konsequenterweise heißt die Technologie HSUPA, High Speed Uplink Packet Access. Theoretisch schafft HSUPA bis zu zwei Megabit pro Sekunde Upload, praktisch sind es nicht ganz so viel. Joachim Dressler von Sierra Wireless hat eine Datenkarte für das Laptop gezeigt und die entscheidende Verbesserung erklärt:

    "Die neue Technik bringt geringere Latenzzeiten. Also, das heißt, letztendlich geringere Reaktionszeiten im Netz und damit wird die Qualität gerade im Bereich Voice over IP sehr stark verbessert. Neben auch die Reaktionszeiten im Bereich von Gaming. Der Gamer lebt ja davon, dass er direkt live das Ergebnis seiner Aktion sieht und das wird jetzt durch diese kurzen Latenzzeiten unterstützt, dass sie einfach live dabei sind und nicht mit einer Verzögerung von – ich sag mal – einer Sekunde. Damit kann der Gamer nicht leben."

    Pasch: Ein Blick in die Zukunft warf Cheftechnologe Hans Peter Mayer vom Telekomausrüster Alcatel-Lucent, ein Unternehmen, das sowohl in der drahtlosen DSL-Welt operiert wie auch die Mobilfunk-Anbieter mit Sendeanlagen versorgt. Das Internet-Protokoll wird allgegenwärtig:

    "Wir gehen jetzt, was die Netztechnologien angeht, im Mobilfunk relativ zügig über zur All-IP-Vernetzung. Das heißt, wir werden Ethernet-Vernetzung zwischen den Basis-Stationen bekommen. Entsprechend werden die Mobilgeräte nur noch IP-basierte Dienste realisieren. Das heißt, Sprache kommt als Voice-Over-IP. Dann haben wir Video-Streaming über IP und natürlich die bekannten Internet-Dienste, Surfen oder EMail mit TCP/IP-Verbindung."

    Pasch: Im Stuttgarter Forschungslabor knobeln die Ingeniere an Netzwerktechnologien, die heutige WLAN und UMTS – Leistungen als Schleichpfad daherkommen lassen. Mobil sind dann Geschwindigkeiten bis zu 200 MegaBit pro Sekunde möglich. Dann haben wir aber schon die 4.Generation im Mobilfunk erreicht und ein weiteres Kürzel: RAN LTE. (25:40)

    Kloiber: Und das wird etwa bis 2015 dauern, bis RAN LTE sich durchsetzen wird. Soweit unsere Berichterstattung vom 3GSM-Kongress diese Woche in Barcelona.