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Volle Auftragsbücher, keine Fachleute

Als Mitte der 90er Jahre die Werften in die Krise gerieten, interessierte sich kaum noch jemand für den Beruf des Schiffbauingenieurs. Mittlerweile bieten sich in dieser Branche beste Karrieremöglichkeiten. In der Woche der Schiffbauer können sich junge Leute davon überzeugen, dass die Branche boomt.

Von Nikolaus Möbius |
    Ronald Quast hat es vom Realschulabschluss in die Planungsetage der Wolgaster Peenewerft geschafft. Vor acht Jahren entschied sich der damals 20-Jährige, den Weg zum Schiffbauer einzuschlagen, eigentlich als einer von vielen Schweißern und Metallarbeitern, die auf der Werft ihre Arbeit im Schichtdienst machen. Doch es kam anders.

    "Nach meiner zehnjährigen Schulbildung habe ich mich als Schiffbauer beworben. Wollte eigentlich auch nur Schiffbauer lernen, aber als man mir hier das angeboten hat, diese Ausbildung mit Abitur zu machen und danach folgendem Studium zu machen, habe ich zugesagt. So eine Chance lässt man sich natürlich nicht entgehen. Erstes Ziel war Geld zu verdienen. Aber Geld verdienen in Verbindung mit Bildung ist ja noch besser."

    Heute bereitet der 28-Jährige den Neubau von Containerfrachtern vor. Seine Aufgabe: Die Computerzeichnung in einen Arbeitsablaufplan zu entwickeln. Also wann welche Schiffssektionen gebaut werden, die technischen Einbauten erfolgen und das Material bereitstehen muss. Ein anspruchsvoller Job auf den sich Ronald Quast insgesamt acht Jahre vorbereitet hat. Nach dem Fachabitur machte er eine Meisterprüfung und anschließend belegte er an der Fachhochschule in Stralsund, etwa 60 Kilometer entfernt, den Diplom - Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen.

    "Also das Studium ist turnusweise gestaffelt. Immer kann man sagen: ein halbes Jahr Studium, halbes Jahr betriebliche Praktika. Da absolviert man denn Praktika in verschiedenen Abteilungen, wie z.B. Arbeitsvorbereitung, Einkauf, Konstruktion, Fertigung. Die durchläuft man und schreibt dazu immer Projektarbeiten, die man denn an der Fachhochschule verteidigt."

    Mit diesem Wechsel zwischen Theorie und Praxis konnte er nicht nur die Professoren an seiner Hochschule, sondern auch die Personalplaner der Werft überzeugen. Schon vor dem sehr guten Diplomabschluss war ihm der Job sicher. Die Verbindung zwischen Hochschule und Werft hat sich in Mecklenburg Vorpommern sehr gut bewährt. Auch die Wismarer Aker Werft und die Universität Rostock haben gemeinsam einen dualen Studiengang entwickelt. Im Gegensatz zur Fachhochschule erwerben die Studenten hier mehr Grundlagenwissen, sagt Michael Zimmermann wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Maschinenbau und Schiffstechnik.

    "Wie weit möchte ich in die Materie einsteigen? Möchte ich später mehr mit den komplexen Problem arbeiten, möchte ich später mehr Leitungspositionen anstreben, wo Grundlagenwissen wichtig ist, dann ist die Universität das richtige. Sagt man, man möchte ein rudimentäres Wissen haben, wobei rudimentäres Wissen vielleicht zu hart ausgedrückt ist und möchte dann "hands on" wirklich im Ingenieurbetrieb tagtäglich in der Konstruktion arbeiten, dann wäre für den schnelleren Berufseinstieg ein dualer Studiengang besser geeignet."

    Also die Fachhochschule. Allerdings: der Bedarf ist weitaus größer als die Unternehmen bislang selbst ausbilden können. 20 Ingenieure fehlen allein in Wismar und auch die Peenewerft hat erst 8 Schiffbauexperten für den eigenen Bedarf ausbilden können. Und die Belegschaft ist überaltert. Ein Großteil der Planungsabteilung steuert die 60 an. Der künftige Mangel ist also vorhersehbar. Und genau dort müsste auch die Ausbildungspolitik ansetzen, sagt die stellvertretende Personalleiterin der Peenewerft Christiane Mansfeld.

    "Wünschen würden wir uns auf alle Fälle, dass die Ausbildungszeit verkürzt wird. Das viele Dinge auch gestrafft werden. Es wird vieles auch doppelt ausgebildet. Beispielsweise: Der Meister muss ja immer die Ausbildereignungsprüfung abgelegt haben, da wiederholt sich einiges nachher auch in der Ausbildung. Also dass man dadurch auch schon Straffung erreichen könnte, dass die Ausbildung verkürzt wird."

    In Mecklenburg Vorpommern ist nun ein Schritt in dieser Richtung gemacht. Die Diplomstudiengänge wurden in diesem Semester sowohl in Rostock als auch in Stralsund durch einen Bachelor Studiengang ersetzt. Die Ausbildung wird dadurch kompakter und kürzer. Das zahlt sich am Ende sowohl für die Werft als auch den Ingenieur aus."