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Voller Euphorie für die alte Monarchie

Nachdem die Geburt von Prinz Georg im britischen Königshaus vor drei Monaten für großen Wirbel gesorgt hat, folgt heute das nächste royale Großereignis: Der Nachwuchs soll getauft werden - und ganz London fiebert mit. Woher kommt diese Aristokratie-Euphorie? Ein Erklärungsversuch.

Von Jochen Spengler | 23.10.2013
    "Sie ist die Königin unseres Landes und ich bin stolz auf sie. Sie ist alles für das Vereinigte Königreich. Diese Königin hat dieses Land in so herausragender Weise geführt über so viele Jahre, dass sie uns allen ein Beispiel gegeben hat in ihrem Pflichtbewusstsein und ihrer Loyalität gegenüber ihrem Volk und überall auf der Welt scheint sie bewundert und respektiert zu werden. 1000 Jahre Monarchie – nichts kommt dem weltweit gleich – und wir haben es. Ha!"

    Königliche Hochzeit, diamantenes Thronjubiläum, Geburt eines künftigen Königs - es waren drei schwierige Jahre für die Gegner der britischen Monarchie. Natürlich gibt es auch in Großbritannien Stimmen wie die von Emily Robinson.

    "Es ist grundsätzlich undemokratisch – das Erbprinzip, dass du Staatsoberhaupt wirst, einfach aufgrund Deiner Geburt, das ist unhaltbar in der modernen Welt."

    Doch die britischen Republikaner kämpfen – wie es scheint – auf verlorenem Posten. Der wichtigsten Sozialstudie über britische Einstellungen zufolge sagen nur fünf Prozent der Briten man solle die Monarchie abschaffen und für absolut nicht wichtig halten sie weitere vier Prozent. Ganz anders lauten die Zahlen für die Bewunderer des Königtums, die Liz Clery vom Forschungsinstitut NatCen ermittelt hat:

    "Im Jahre 2012 haben 45 Prozent der britischen Öffentlichkeit gemeint, es sei sehr wichtig, eine Monarchie zu haben. 1983 waren es sogar 65 Prozent, aber es gab einige Fluktuation, die abhing von schlechten oder guten Nachrichten über die königliche Familie."

    So war die Zustimmungsquote nach Prinzessin Dianas Scheidung und Tod in den Folgejahren sogar auf nur noch 27 Prozent abgesunken; inzwischen aber ist die Krise des Hauses Windsor überwunden. Das ist zum Großteil Verdienst der Queen selbst, die Beständigkeit, Sicherheit und Kontinuität verkörpere, sagt die Historikerin Karina Urbach:
    "Sie ist zu einem nationalen Schatz geworden, genau wie Queen Victoria. Sie hat einfach so lange durchgehalten und so viel Disziplin gezeigt – das muss man bewundern."

    Dabei mag die Monarchie außerhalb Großbritanniens als Faszinosum erscheinen. Im Land selbst sind die Royals eher eine Selbstverständlichkeit.

    "Wir sind nicht fasziniert von Ihnen. Sie sind unser Staatsoberhaupt. So ist es einfach. Alles was wir tun, ist nicht für den Premierminister, nicht mal für uns, sondern für Königin und Vaterland."

    Sagt Marie aus Nordengland. Solchem Patriotismus der 55-Jährigen dürften sich nur wenige junge Briten anschließen, aber es ist doch erstaunlich, wie sehr es den Windsors in den letzten Jahren gelungen ist, gerade auch die junge Generation für sich einzunehmen.

    "Es gibt nicht mehr viele Länder, die noch eine Königin haben und sie sind einfach hingebungsvolle öffentliche Diener und sie arbeiten sehr hart für uns – sie sind großartig. Ich hatte das Glück mit Prinz William zu arbeiten – als Rettungsbootmann; er war ja Rettungspilot. Ich habe ihn und Kate Middleton oft getroffen und mag sie sehr. Sie machen einen fantastischen Job und verdienen jede Unterstützung. Ich glaube an die Leistungsgesellschaft und kann mich mit einem System der Erbmonarchie nicht wirklich anfreunden. Aber sie sind eine gute Werbung für das Land und die Touristen und deswegen bin ich nicht gegen sie."

    Natürlich waren es nicht nur Touristen, die da in den letzten Jahren tausendfach jubelnd am Straßenrand standen. Zumindest einmal im Leben, so glaubt der Publizist Thomas Kielinger, möchten auch die meisten Briten Augenzeuge sein, wenn die königlichen Kutschen an ihnen vorbeidefilieren.

    "Es immer auch ein Element von Glanz hinter diesem Spektakel, das keinen Grund zum Neid liefert, ganz im Gegenteil, wie George Orwell gesagt hat: Es gibt ein unsichtbares Band zwischen den unteren Klassen und der aristokratischen Spitze, die verstehen sich. Da ist ein bisschen Downton Abbey hier enthalten. Zumal wir jetzt in der Gegenwart junge Leute haben, das heißt, die Antiquität erneuert sich immer wieder und die jetzige Königin ist bereits die Urgroßmutter des überübernächsten Königs und diese Zusammenkunft von alt und Zukunft ist natürlich unschlagbar in seiner Faszination."

    Und so sind nach der Geburt des Thronfolgers George Alexander Louis die Zustimmungswerte für die Royals weiter in die Höhe gestiegen.