Tanz ist Musik und Musik Tanz. Mit einer einleuchtenden bildlichen Darstellung dieser alten These, wonach die Künste von Choreographen und Komponisten untrennbar mit einander verbunden sind, beginnt das neue Stück von Pina Bausch. Zwei Männer stehen ganz versunken auf der Bühne und federn in den Knien. Dabei schwingen sie Plastikwasserflaschen so stark, dass die eingefangene Luft einen sanft pfeifenden Ton erzeugt. Stöcke, die sie dazu anschließend benutzen, zerschneiden die Atmosphäre schon mit einem schärferen Klang. Zu treibender Acid House Musik schießen dann die Männer durch den weiten Bühnenraum. Jetzt peitschen die Körper die Luft. In einem beeindruckenden Solo beschreiben Rainer Behrs Bewegungen zunehmende Verstörung und Panik, wilde Flucht, bis er gegen das Portal prallt.
Die Männer machen die gefährlichen Sachen in Pina Bauschs neuem Stück – und die anstrengenden. Die rennenden Frauen stoppen sie, indem sie ihnen die Köpfe in Bauchhöhe in den Weg halten. Sie lassen wechselseitig dicke Kieselsteine über dem liegenden Körper des anderen fallen – dreht er sich rechtzeitig weg? Mit Stöcken staken sie sich vorwärts und rutschen auf bloßen Füßen über den nassen Bühnenboden. Silvia Farias halten sie an einer meterlangen Stange und ziehen sie vor- und zurückschwingend durch knöcheltiefes Wasser. Eine ganze Reihe am Boden aufgestellter Gläser durchlaufen und überspringen sie in rasendem Tempo. Pina Bauschs Tänzer sind von je Virtuosen surrealer Kunststücke. Jetzt halten sie auch noch Rekorde im Öffnen von BHs am lebenden Objekt.
"Vollmond" ist, anders als die meisten Produktionen der letzten Zeit, durch keine Reise an fremde Gestade inspiriert. Alle Stilmittel des Wuppertaler Tanztheaters werden mit behutsamer Zurückhaltung eingesetzt und gewinnen dadurch neue Kraft. Die Bühne kommt ohne Filmprojektionen von Blüten aus, nur mit einem Wassergraben und einem Felsen, unter dem die zwölf Tänzer durchschwimmen können. Die Musik ist überwiegend instrumental und meistens sanft – sogar wenn mal Tom Waits brummt. Unter Bauschs Vollmond wird zärtlich an Armen geknabbert und geküsst, Werwölfe oder Vampire erscheinen hier nicht. Alle Wirkung beruht auf einer sanften, elegischen Stimmung. Den heiteren Aspekten dieser Himmelskörperkonstellation verleiht Nazareth Panadero Ausdruck: Zwei Gläser in der Hand, wendet sie sich an das Publikum: "Es ist Vollmond, man wird nicht betrunken".
Neben dem sehr verschlossenen, geheimnisvoll abwesenden Dominique Mercy, der ironischen, wie einem James-Bond-Film entstiegenen Julie Anne Stanzak und der heiter-hysterischen Helena Pikon spielt Nazareth Panadero die Unverwüstliche, das freundliche Paradepferd. Sie erzählt die Witze an diesem Abend
Einladend klopft sie auf eine Stuhl und lächelt. "Gespenster", sagt sie mit ihrer kehligen Stimme, "müssen auch manchmal sitzen." Mit Kreide ummalt sie nach jedem Schritt ihren Fuß mit einer riesigen Pranke und erklärt: "So kann man sich auch verteidigen!" Und sie fragt, was besser sei, eine große Liebe, "so mit alles Drum und Dran", oder jeden Tag ein bisschen Liebe.
Später dunkelt sich das Stück stärker ein, das Vollmondlicht leuchtet in kälteren Tönen Zu den schönsten der vielen berührenden Solotänzen des Abends zählt Julie Anne Stanzaks zu Disco-Musik. Es ist das beste des Abends, weil es Facetten einer Person, die sowohl ernst und nachdenklich ist, wie dem Spiel mit Oberflächenreizen hingegeben, in ihrer Einheit zeigt, ein Charakterstück eben. "Sophisticated" ist das einzige Wort für diese Kunst.
Immer ausgreifender werden die Wasserspiele. In einem wunderschönen Finale des Ensembles setzen sie die Bühne endgültig und vollständig unter Wasser. Aus Eimern übergießen sie den Felsbrocken und die vordere Bühne. Einzeln stürmen sie in den Graben und tanzen einsam vor dem Felsen wie Anita Ekberg in Fellinis "La dolce vita". Am Ende sitzen alle auf dem Boden und schlagen selbstversunken mit den Fäusten auf den nassen Boden. Das Besondere an diesem Stück ist, wie unaufdringlich das Motiv einer sternenklaren Nacht, in der an Schlaf nicht zu denken ist, durchgespielt wird. Der Mond ist aufgegangen in Wuppertal, man könnte auch sagen, über dem Tanztheater Wuppertal stand für dieses Stück ein guter Stern.
Die Männer machen die gefährlichen Sachen in Pina Bauschs neuem Stück – und die anstrengenden. Die rennenden Frauen stoppen sie, indem sie ihnen die Köpfe in Bauchhöhe in den Weg halten. Sie lassen wechselseitig dicke Kieselsteine über dem liegenden Körper des anderen fallen – dreht er sich rechtzeitig weg? Mit Stöcken staken sie sich vorwärts und rutschen auf bloßen Füßen über den nassen Bühnenboden. Silvia Farias halten sie an einer meterlangen Stange und ziehen sie vor- und zurückschwingend durch knöcheltiefes Wasser. Eine ganze Reihe am Boden aufgestellter Gläser durchlaufen und überspringen sie in rasendem Tempo. Pina Bauschs Tänzer sind von je Virtuosen surrealer Kunststücke. Jetzt halten sie auch noch Rekorde im Öffnen von BHs am lebenden Objekt.
"Vollmond" ist, anders als die meisten Produktionen der letzten Zeit, durch keine Reise an fremde Gestade inspiriert. Alle Stilmittel des Wuppertaler Tanztheaters werden mit behutsamer Zurückhaltung eingesetzt und gewinnen dadurch neue Kraft. Die Bühne kommt ohne Filmprojektionen von Blüten aus, nur mit einem Wassergraben und einem Felsen, unter dem die zwölf Tänzer durchschwimmen können. Die Musik ist überwiegend instrumental und meistens sanft – sogar wenn mal Tom Waits brummt. Unter Bauschs Vollmond wird zärtlich an Armen geknabbert und geküsst, Werwölfe oder Vampire erscheinen hier nicht. Alle Wirkung beruht auf einer sanften, elegischen Stimmung. Den heiteren Aspekten dieser Himmelskörperkonstellation verleiht Nazareth Panadero Ausdruck: Zwei Gläser in der Hand, wendet sie sich an das Publikum: "Es ist Vollmond, man wird nicht betrunken".
Neben dem sehr verschlossenen, geheimnisvoll abwesenden Dominique Mercy, der ironischen, wie einem James-Bond-Film entstiegenen Julie Anne Stanzak und der heiter-hysterischen Helena Pikon spielt Nazareth Panadero die Unverwüstliche, das freundliche Paradepferd. Sie erzählt die Witze an diesem Abend
Einladend klopft sie auf eine Stuhl und lächelt. "Gespenster", sagt sie mit ihrer kehligen Stimme, "müssen auch manchmal sitzen." Mit Kreide ummalt sie nach jedem Schritt ihren Fuß mit einer riesigen Pranke und erklärt: "So kann man sich auch verteidigen!" Und sie fragt, was besser sei, eine große Liebe, "so mit alles Drum und Dran", oder jeden Tag ein bisschen Liebe.
Später dunkelt sich das Stück stärker ein, das Vollmondlicht leuchtet in kälteren Tönen Zu den schönsten der vielen berührenden Solotänzen des Abends zählt Julie Anne Stanzaks zu Disco-Musik. Es ist das beste des Abends, weil es Facetten einer Person, die sowohl ernst und nachdenklich ist, wie dem Spiel mit Oberflächenreizen hingegeben, in ihrer Einheit zeigt, ein Charakterstück eben. "Sophisticated" ist das einzige Wort für diese Kunst.
Immer ausgreifender werden die Wasserspiele. In einem wunderschönen Finale des Ensembles setzen sie die Bühne endgültig und vollständig unter Wasser. Aus Eimern übergießen sie den Felsbrocken und die vordere Bühne. Einzeln stürmen sie in den Graben und tanzen einsam vor dem Felsen wie Anita Ekberg in Fellinis "La dolce vita". Am Ende sitzen alle auf dem Boden und schlagen selbstversunken mit den Fäusten auf den nassen Boden. Das Besondere an diesem Stück ist, wie unaufdringlich das Motiv einer sternenklaren Nacht, in der an Schlaf nicht zu denken ist, durchgespielt wird. Der Mond ist aufgegangen in Wuppertal, man könnte auch sagen, über dem Tanztheater Wuppertal stand für dieses Stück ein guter Stern.