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Vom Büro in den Hörsaal

Nach jahrelangem Studium noch einmal die Schulbank drücken - für viele Ingenieure und Naturwissenschafter, die schon im Berufsleben stehen, eine ungewohnte Erfahrung. An der Fraunhofer Technology Academy können sie jetzt einen Master-Abschluss als Technologiemanager erwerben. Und das heißt: 100 Studientage in knapp zwei Jahren, 20 Unterrichtsmodule und 32.000 Euro Studiengebühren.

Von Ingun Arnold |
    Zutritt haben nur studierte Ingenieure oder Naturwissenschaftler, die seit mindestens fünf Jahren in einem Unternehmen arbeiten. Und sie müssen bereits zwei Jahre lang ein Team geleitet oder anderweitig Verantwortung übernommen haben - eben eine echte "Nachwuchs-Führungskraft" sein. So wie zum Beispiel Dietmar Weigt. Er ist Produktbereichsleiter beim Automobilzulieferer ZF Sachs. Der 37-Jährige war unter den ersten, die den MBA-Kurs absolvierten:

    "Also, in meinem Fall war es so, dass mein Arbeitgeber auf mich zugekommen ist und mir das angeboten hat. Ich selber habe zunächst erst einmal ein bisschen zurückgeschreckt, weil ich ja mit Promotion schon ziemlich lange zur Schule gegangen bin. Aber nachdem es dann ein MBA war und auch noch durch diesen Zusatz "Executive" es ja sehr stark zugeschnitten war auf Anforderungen, die man hat, wenn man im Berufsleben ist, hat mir das sehr zugesagt."

    Dazu gehört auch, dass nicht Vollzeit studiert wird, sondern nur jeweils zwei Module am Stück. Danach sind mindestens sechs Wochen Pause. Der Kurs hat 22 Studienplätze, es bewerben sich ungefähr doppelt so viele Interessenten. Der Kreis der Kandidaten ist exklusiv. Warum, erklärt Geschäftsführerin Dagmar Dirzus:

    "Wir müssen ja aus einem Pool von Bewerbern einfach die Besten herauspicken, die sich für den Studiengang besonders eignen, weil die Teilnehmer natürlich nicht nur von den Dozenten, sondern vor allen Dingen voneinander lernen. Die, die sich wirklich interessieren, die kommen meistens nicht aus dem Nichts, sondern die sprechen vorher mit uns. Und wenn man dann merkt, hier oder da passt es nicht, oder die Zugangsvoraussetzungen werden nicht komplett erfüllt oder ähnliches, dann raten wir denen meistens schon vorher ab, die Bewerbung überhaupt einzureichen."

    Wer studieren darf, das entscheidet sich in einem dreistufigen Auswahlverfahren. Unterrichtet werden die MBA-Studenten unter anderem von Dozenten der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, der schweizerischen Universität Sankt Gallen und Direktoren verschiedener Fraunhofer-Institute. Einer der Dozenten ist Dieter Spath. Er ist Professor für Technologiemanagement an der Universität Stuttgart und leitet das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation.

    "Im MBA-Studiengang kümmere ich mich um die Dienstleistungswirtschaft. Wenn man in die Firmen guckt, die Produkte machen, dann sieht man überall ein Konstruktionsbüro, das sich um die Produktgestaltung kümmert. Bei den Dienstleistungen gibt es ein solches nur rudimentär oder gar nicht. Mit viel Engagement kann man da schon eine Menge erreichen, aber man erreicht keine reproduzierbare Qualität in den Dienstleistungen, wenn man sie nicht systematisch bearbeitet, dokumentiert und "tuned", wie man das auch mit Sachgutprodukten macht."

    Auch die Master-Arbeit, die die Studenten anfertigen, ist praxisorientiert: In Teams bearbeiten sie Probleme aus ihren jeweiligen Unternehmen. Dietmar Weigt sieht die Auswirkungen der Ausbildung in seiner täglichen Arbeit:

    "Das war Größenordnungen besser von der Lehrveranstaltung an sich, als man das im Studium kennen lernt. Das heißt, das, was dort in einer Vorlesung oder in einem Seminar vermittelt wird, das sind gerade Sachen, die einen Ingenieur bewegen, wenn er dann in einer Firma ist, das hat mir für meine Arbeit viel geholfen."

    Der dritte Kurs zum "Executive Master of Business Administration für Technologiemanager" läuft von September 2006 bis August 2008. Eine Frau ist nicht dabei, wie Geschäftsführerin Dagmar Dirzus ausdrücklich bedauert. Um qualifizierte Ingenieurinnen und Naturwissenschaftlerinnen anzulocken, wird für den nächsten Kurs ein Stipendium ausgeschrieben. Das deckt dann zumindest schon einmal die 32.000 Euro Studiengebühren.