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Vom Ende des Dampfradios

Technik. - Bereits im vergangenen Jahr fiel der Startschuss für den digitalen Rundfunk-Standard "DRM - digital radio mondiale". 16 Radiostationen, darunter auch das DeutschlandRadio, senden seither digital in feinster Audioqualität. Dagegen halten sich Konsumenten bislang beim Umstieg auf die moderne Technik noch zurück. Ein Grund hierfür liegt sicherlich in der bisher eher dünnen Palette an preiswerten Endgeräten. Doch die Industrie will Abhilfe schaffen und schon in den kommenden Monaten eine breite Auswahl an Digitalradios jedweder Preisklasse anbieten, wie auf dem Kolloquium "Digitaler Rundfunk" an der Universität Stuttgart jetzt zu erfahren war.

    Noch gehört das Dampfradio nicht zum alten Eisen, obwohl moderne Digitaltechnik längst in den Startlöchern sitzt, um das analoge Knistern durch Genuss nahe an der CD zu ersetzen. Doch wie bei jedem größeren Systemwechsel erschwert eine limitierte Auswahl an überdies vergleichsweise kostspieligen Endgeräten für den neuen "digital radio mondiale"-Standard – kurz DRM – dem Verbraucher die Entscheidung zum Absprung von der vertrauten Technik. Gefragt sind vor allem kleine tragbare Empfänger, und schlichte Apparate, die man zu erschwinglichen Preisen leichten Herzens auch für den Dienst in Küche oder Bad kauft. Doch genau damit taten sich die klassischen Hersteller von Unterhaltungselektronik bislang schwer, wie Dietmar Schill vom europäischen Technologie Center von Sony unumwunden zugibt: "Der Kunde möchte immer weniger Geräte mit sich herumtragen, die immer mehr können. Deshalb müssen viele Funktionalitäten in einer einzigen technischen Plattform integriert werden." Dazu zählen auch so genannte Mehrwertdienste, die DRM offeriert, darunter ebenso Verkehrsinformationen wie Wetterberichte, Programmhinweise bis hin zu Lokalnachrichten. Diese Zusatzinformationen landen als kleine Datenpakete in den Radiogeräten der Hörer, die sie auf einem eigenen Display abrufen können.

    Allerdings führen die Mehrwertdienste auch zu einem Mehr an Kosten, denn sie erfordern mitunter beachtliche Anzeigeschirme. Günstige Einstiegsgeräte, die aber nicht auf zu viele Dienste verzichten sollen, scheitern schnell an dieser Hürde. "Das Dilemma kann aber oft durch Ankopplung an bestehende Plattformen gelöst werden. Eine Autonavigation besitzt ja bereits einen großen Bildschirm, ebenso ein Computer. Über deren Displays können dann die Mehrwertdienste des Rundfunks auch dargestellt werden", so Schill. Damit aber ist das Problem des bei vielen sehr beliebten Küchenradios noch lange nicht gelöst. So setzen die Hersteller auf nachträgliche Nachrüstbarkeit, die einem Einstiegsgerät quasi per Modul zu neuen Fähigkeiten verhilft. Damit erhalten die Radios von morgen überdies eine Flexibilität, die bislang vor allem von Computern und Handys bekannt ist: denn wenn etwa ein neues Kompressionsverfahren eine nochmalige Steigerung der Audioqualität bietet, dann können die Endgeräte über eine einfache Softwareaktualisierung daran angepasst werden, ohne dass gleich ein neuer Apparat fällig wird. Dazu der Experte: "Eine Software erledigt die komplette Demodulation des Signals und auch die Audio-Dekomprimierung. Bei DRM etwa wird eine Form der MPEG-4-Audiokompression eingesetzt, die am Empfänger ein originalgetreues Klangbild liefert."

    Allerdings hat des Radios neuer, weicher Kern in Form von austauschbaren und vielseitigen Programmen auch einen Pferdefuß, denn je aufwändiger die Software, desto mehr Strom verlangt der Empfänger. Daher entschieden sich die meisten Entwickler für eine Arbeitsteilung zwischen frei programmierbaren und festverdrahteten Schaltkreisen. "Frei programmierbare Plattformen sind in der Regel Strom hungriger als optimierte Logikschaltungen, um die gleiche Arbeit zu leisten." Im Ergebnis des ausgewogenen Zusammenspiels von Hard- und Software steht dann jedoch das wichtigste Argument für digital Radio mondiale: ein Empfang ohne lästiges Knistern und Krachen, sondern eben nahe an der CD.

    [Quelle: Peter Welchering]