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Vom Filmen auf Surfbrettern

Alle paar Jahre ein neues Regietalent. Der nächste Film wird dann schon in Hollywood gedreht. Das ist der australische Film. Bazz Luhrman erging es so 1992 mit dem Tanzschulenmelodram "Strictly Ballroom". Dann machte er Leonardo di Caprio zum Star in "Romeo und Julia", "Moulin Rouge" war dann schon eine große Hollywoodstudioproduktion mit einem Star, der ebenfalls Australien den Rücken gekehrt hat: Nicole Kidman.

Von Josef Schnelle |
    Die Fraktion der Australier in der Filmmetropole ist naturgemäß groß. Eine Sprachbarriere haben die Aussies nicht zu überwinden. Da wird das riesige Land schnell zu klein für Peter Weir, Phil Noyce oder Mel Gibson, den seine Australische Filmserie "Mad Max" berühmt machte. Manchmal kehrt einer zurück. Frauenliebling Russel Crowe hat in Sydneys Stadtteil Wooloomooloo das Zuckerstück einer zum Wohngelände umgebauten Uferkai gekauft.

    Stolz sind alle Australier auf Philip Noyce, der nach seinem Hollywoodfilm "Der stille Amerikaner" wieder mal einen Film in Australien noch dazu mit einem australischen Thema gedreht hat: "The Lang Walk Home" erzählt vom systematischen Raub der Aborigine Mischlingskinder noch bis 1970 für ein rassistisches Umerziehungsprogramm und schaffte es bis in unsere Kinos. Sonst noch was: Die Produzentin Sharon Gerussi zieht ein bitteres Fazit

    "Die Produzenten arbeiten hier wie die Heimwerker. Das heißt sie leben von der Hand in den Mund. Von Film zu Film sind sie verzweifelt. Verzweifelt den Film finanziert, zu drehen und ihr Geld zu bekommen. Kurz: Die Projekte werden hier nicht vernünftig entwickelt."

    Rund 20 Filme entstehen im Jahr. Das entspricht in etwa der Jahresproduktion von Griechenland. 2003 war ein besonders gutes Jahr mit 26 Eigenproduktionen fürs Kino. Doch im Kino hatten die australischen Filme gerade Mal einen Besucheranteil von 3,5%, darunter viele billige Komödien, aber auch ein Film über den Banditenkönig "Ned Kelly" und noch so ein Rückkehrerfilm mit Toni Collette, die sie vielleicht noch aus dem Programmkinohit "Muriels Hochzeit" von 1994 kennen. Diesmal geht’s um Japanisch-australische Gefühlsverwirrung.

    Außerdem jubelt die australische Szene ähnlich wie die Deutsche: Endlich einmal wieder wird dort ein australischer Film gezeigt. Nach dem ständigen Exodus der Kinotalente doch wieder Grund zur Hoffnung? Adam Bowen, Filmexperte des Radio- und Fernsehsenders ABC, der die heimische Szene seit vielen Jahren beobachtet, macht sie gleich zunichte. Der Fehler, meint er, liegt im Fördersystem:

    "Man kann von einer Industrie kaum sprechen, weil so wenige Filme erfolgreich sind. Ich denke eines der Probleme ist, dass es zuviel Förderung durch die Regierung gibt, jedenfalls nicht die richtige Art. Wenn ich zu einer Bank gehen und ein Haus bauen möchte, dann wird die Bank, wenn sie mir vertraut, sagen: O.K. aber du musst es mit Zinsen uns zurückzahlen. Wenn man hier zu einer Film Commission geht und sagt, ich will einen Film machen, ich brauche Geld, dann reden die gar nicht vom zurück zahlen. Sie geben einfach das Geld und sagen, wenn der Film nicht läuft, dann machen sie sich keine Sorgen."

    Für deutsche Ohren klingt das ziemlich bekannt. Auch sonst scheint es 15.000 Kilometer weit weg ganz ähnlich zuzugehen wie bei uns: Amerikanische Dominanz von bis zu 80 % der Filme im Kino. Egoistische Fördergremien, die Standortpolitik in den drei bedeutenden Bundesländern betreiben und eine begrenzte Zahl von Talenten, die oft Fernsehserien und Seifenopern drehen müssen, um sich über Wasser zu halten.

    Das australischste unter den Problemen der heimischen Filmindustrie mag für uns Europäer allerdings kurios erscheinen, vielleicht ist es aber auch ein Blick in die nähere Zukunft der Freizeitindustrie. Die Freizeit der Australier gehört fast ungeteilt dem Sport. "Australien Rules" nennen sie ihre Rugby-Variante, bei der der Träger des ovalen Footballs in Ringkampfmanier zu Fall gebracht werden muss. Kein Pub in der ganzen Stadt kann es sich erlauben auf einen Fernsehbildschirm zu verzichten, auf dem die aktuellen Meisterschaftsspiele immerzu wiederholt werden.

    Michael Hathaway, der in Coolum im Surferparadies Sunshinecoast in Queensland, dort wo die Kinder erst surfen, dann laufen lernen, ein gigantisches nagelneues Filmstudio aufgebaut hat, sieht das mit breiten australischen Akzent ironisch-entspannt.

    "Sport ist kein Problem, das ist eine große Wohltat. Wir lieben den Sport hier unten. Dabei schauen wir nur Australischen Football, Kricket, Baseball, Fußball. Tennis, Schwimmen, Leichtathletik, Surfen, Gymnastik und Motorsport das ist es ungefähr. Und gelegentlich gehen wir dann auch mal ins Kino."

    Nicht Sydney oder Melbourne sondern Queensland - Der einst zurückgebliebene Hinterwäldlerbundesstaat mit der Hauptstadt Brisbane mausert sich mit noch zwei weiteren großen Filmstudios amerikanischer Tochterfirmen überhaupt zum Zentrum für den australischen Film. In Brisbane und in Coolum gibt es sogar aufstrebende Filmfestival und Hathaway hat auch ein unerschöpfliches Reservoir für neue originelle Geschichten entdeckt.

    "Überall gibt es Geschichten, die auf spannende Stories der Aborigines zurückgehen, sie sind nur noch nie erzählt worden."