Mitten in Leipzig kehrt das Mittelalter zurück. Einen Steinwurf nur entfernt vom alten Uni-Riesen wird zu später Stunde eifrig spektakelt, auf einer Backsteinmauer sorgen zwei Spielleute für den richtigen Ton. Das junge Volk zu ihren Füßen gibt sich vergnügt, schließlich muss hier gefeiert werden in diesen Tagen: Die Moritzbastei, Leipzigs großer, geschichtsträchtiger, geheimnisvoller Studentenklub, hat einen überaus runden Geburtstag. Lutz Hesse, im Hause für Ausstellungen und Theater zuständig, blickt zurück:
Die Bastei ist von 1551 bis 53 worden und hieß zunächst erst mal Galgenbastei. Warum? Weil hier fand oder war der Richtplatz von Leipzig, also vor den Toren der Stadt.
Kurz nur diente die dicke Befestigungsanlage mit ihren verwinkelten Kellern und Tonnengewölben ihrem eigentlichen Zweck. Leipzig wuchs über seine Grenzen hinaus, Handwerker nahmen den von Renaissance-Star-Architekt Hieronymus Lotter entworfenen Bau in ihren Besitz. Später stand eine Bürgerschule auf den Fundamenten der dreieckigen Militärbastion – bis der zweite Weltkrieg kam und nur noch einen gewaltigen Schutthaufen hinterließ. Hinter der Leipziger Uni wucherten Gräser und Bäume – und dann kam die Freie Deutsche Jugend.
Ein Klub fürs Leipziger Studentenvolk – mit dieser Parole zogen die FDJ-niks 1974 auf den Trümmerberg. Fast zehn Jahre lang hackten, schaufelten und gruben sie sich Leipzigs junge Akademiker in die Tiefe der alten Moritzbastei – unter ihnen – das ist belegt – auch Frau Merkel von der CDU. Auch Lutz Hesse, damals Student der Germanistik, durfte buddeln.
"Es war in den Endsiebziger Jahren eine ungeschriebene Regel, dass jeder Student, der in Leipzig studierte auch beim Ausgraben der Moritzbastei helfen durfte oder musste. Und die Germanisten haben sich da nicht so sehr hervorgetan, aber wir haben natürlich unser Pflichtpensum absolviert und dann war uns dieses Haus irgendwo egal, weil eine die Interessenlage meist eine andere war .
Mehr als 20 Jahre nach dem letzten Schutteimer-Gang ist die Moritzbastei noch immer Leipzigs heiß geliebter Studentenklub. Das nicht nur in den Abendstunden, wenn Rock’n’Roller, Jazzmusiker, Literaten und DJs in den Kellergewölben gastieren. Auch tagsüber ist das historische Backsteinensemble die lohnende Alternative zum stockigen Lesesaal, meint Kay und legt für einen Augenblick die Seminarnotizen zur Seite.
Man kann draußen sitzen und den Kaffee trinken, den man in der Bibliothek nicht trinken darf.
Am Nachbartisch in dem kleinen, zehn Meter unter der Erde gelegenen Innenhof sitzen Alina und Irina – beide kommen aus Moskau und studieren Psychologe in Leipzig. Die Moritzbastei haben sie längst zu ihrer Zweitwohnung erklärt.
Man kann draußen sitzen und den Kaffee trinken, den man in der Bibliothek nicht trinken kann. ... Und dann niemand passt auf dich auf, also du kannst den ganzen Tag sitzen und alle sind sehr nett. Sehr schön. Häusliche Atmosphäre, ja.
In den Abendstunden geht es weniger träge und beschaulich zu. Dann drängeln sich bisweilen 1.500 Menschen in den dunklen Backsteinkellern, tanzen zu dröhnenden Beats, schütteln die Mähnen zu Heavy-Metal-Musik. Und doch ist die Moritzbastei auch in diesen Stunden, da die Lautsprecher und Scheinwerfer das Sagen haben, mehr als bloß ein gewöhnlicher Studentenklub. Ein lebendiges Denkmal, das nun 450 Jahre auf dem Buckel hat. Mario Wolff, der Chef des Hauses, würde sich freuen, wenn sich manch einer noch mehr für die kulturellgeschichtliche Bedeutung der alten Dame interessiert:
Leipzig hat eine Riesen kulturelle Tradition, aber es fehlt ein bisschen – und das hat sicherlich etwas mit dem Zweiten Weltkrieg zu tun – an fassbarer, an zu besichtigender Geschichte. Und die Moritzbastei ist einer der wenigen Orte, an der man Geschichte wirklich noch sehen, anfassen und dadurch auch ein Stückweit besser begreifen kann.
Davon gibt es rund um die Moritzbastei eine Menge, gelegentlich auch in akustischer Form. Dann weht wirklich ein Hauch von längst vergangenen Zeiten durch die Leipziger Innenstadt – dort, wo Hieronymus Lotter vor viereinhalb Jahrhunderten eine Militärbastion errichten ließ.
Links:
http://www.moritzbastei.de Die Moritzbastei im Internet.
Die Bastei ist von 1551 bis 53 worden und hieß zunächst erst mal Galgenbastei. Warum? Weil hier fand oder war der Richtplatz von Leipzig, also vor den Toren der Stadt.
Kurz nur diente die dicke Befestigungsanlage mit ihren verwinkelten Kellern und Tonnengewölben ihrem eigentlichen Zweck. Leipzig wuchs über seine Grenzen hinaus, Handwerker nahmen den von Renaissance-Star-Architekt Hieronymus Lotter entworfenen Bau in ihren Besitz. Später stand eine Bürgerschule auf den Fundamenten der dreieckigen Militärbastion – bis der zweite Weltkrieg kam und nur noch einen gewaltigen Schutthaufen hinterließ. Hinter der Leipziger Uni wucherten Gräser und Bäume – und dann kam die Freie Deutsche Jugend.
Ein Klub fürs Leipziger Studentenvolk – mit dieser Parole zogen die FDJ-niks 1974 auf den Trümmerberg. Fast zehn Jahre lang hackten, schaufelten und gruben sie sich Leipzigs junge Akademiker in die Tiefe der alten Moritzbastei – unter ihnen – das ist belegt – auch Frau Merkel von der CDU. Auch Lutz Hesse, damals Student der Germanistik, durfte buddeln.
"Es war in den Endsiebziger Jahren eine ungeschriebene Regel, dass jeder Student, der in Leipzig studierte auch beim Ausgraben der Moritzbastei helfen durfte oder musste. Und die Germanisten haben sich da nicht so sehr hervorgetan, aber wir haben natürlich unser Pflichtpensum absolviert und dann war uns dieses Haus irgendwo egal, weil eine die Interessenlage meist eine andere war .
Mehr als 20 Jahre nach dem letzten Schutteimer-Gang ist die Moritzbastei noch immer Leipzigs heiß geliebter Studentenklub. Das nicht nur in den Abendstunden, wenn Rock’n’Roller, Jazzmusiker, Literaten und DJs in den Kellergewölben gastieren. Auch tagsüber ist das historische Backsteinensemble die lohnende Alternative zum stockigen Lesesaal, meint Kay und legt für einen Augenblick die Seminarnotizen zur Seite.
Man kann draußen sitzen und den Kaffee trinken, den man in der Bibliothek nicht trinken darf.
Am Nachbartisch in dem kleinen, zehn Meter unter der Erde gelegenen Innenhof sitzen Alina und Irina – beide kommen aus Moskau und studieren Psychologe in Leipzig. Die Moritzbastei haben sie längst zu ihrer Zweitwohnung erklärt.
Man kann draußen sitzen und den Kaffee trinken, den man in der Bibliothek nicht trinken kann. ... Und dann niemand passt auf dich auf, also du kannst den ganzen Tag sitzen und alle sind sehr nett. Sehr schön. Häusliche Atmosphäre, ja.
In den Abendstunden geht es weniger träge und beschaulich zu. Dann drängeln sich bisweilen 1.500 Menschen in den dunklen Backsteinkellern, tanzen zu dröhnenden Beats, schütteln die Mähnen zu Heavy-Metal-Musik. Und doch ist die Moritzbastei auch in diesen Stunden, da die Lautsprecher und Scheinwerfer das Sagen haben, mehr als bloß ein gewöhnlicher Studentenklub. Ein lebendiges Denkmal, das nun 450 Jahre auf dem Buckel hat. Mario Wolff, der Chef des Hauses, würde sich freuen, wenn sich manch einer noch mehr für die kulturellgeschichtliche Bedeutung der alten Dame interessiert:
Leipzig hat eine Riesen kulturelle Tradition, aber es fehlt ein bisschen – und das hat sicherlich etwas mit dem Zweiten Weltkrieg zu tun – an fassbarer, an zu besichtigender Geschichte. Und die Moritzbastei ist einer der wenigen Orte, an der man Geschichte wirklich noch sehen, anfassen und dadurch auch ein Stückweit besser begreifen kann.
Davon gibt es rund um die Moritzbastei eine Menge, gelegentlich auch in akustischer Form. Dann weht wirklich ein Hauch von längst vergangenen Zeiten durch die Leipziger Innenstadt – dort, wo Hieronymus Lotter vor viereinhalb Jahrhunderten eine Militärbastion errichten ließ.
Links:
http://www.moritzbastei.de Die Moritzbastei im Internet.