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Vom Gebirgsjäger zum Hoffnungsträger

Mitten in der größten Finanz- und Wirtschaftskrise in der Geschichte der Bundesrepublik wurde Karl-Theodor zu Guttenberg im Februar zum Wirtschaftsminister ernannt - mit gerade mal 37 Jahren. Und trotz aller Bedenken avancierte er innerhalb kürzester Zeit zum Shooting-Star der CSU.

Von Barbara Roth und Wolfram Stahl | 02.07.2009
    "Gerda, grüße Dich. Mir ist es eine Freude. Vielen Dank, dass Du da bist. Sehr, sehr gerne. Die Bude ist voll. Das ist doch schön. Herr Oberbürgermeister. Herr Minister, ich darf Sie ganz herzlich begrüßen in unserer Stadt. Freue mich. Wir freuen uns …"

    Großer Bahnhof im kleinen oberbayerischen Fürstenfeldbruck. Vor einem Bierzelt applaudieren Zaungäste, als der Bundeswirtschaftsminister aus dem Dienstwagen steigt. Parteifreundin Gerda Hasselfeld – Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages - begrüßt er elegant mit einem Handkuss; nur angedeutet natürlich – der Baron weiß, was sich gehört. Seine gut halbstündige Verspätung lächelt er einfach weg.

    Unter der Zeltplane steht die Luft; es ist drückend heiß. Gut 2500 Menschen erheben sich von ihren Plätzen, klatschen zur Musik, recken die Hälse. Bravo-Rufe sind zu hören. Hunderte drängen sich mangels Sitzplatz noch in den Gängen. Sie sind neugierig auf den Shooting-Star der CSU in Merkels Kabinett.

    "Weil ich sehen möchte, wie er ankommt hier. Er ist ehrlich. Er sagt, was Sache ist. Er redet dem Volk nicht nach dem Mund. So was findet man selten in der Politik. Ich hoffe, dass er einiges zustande bringt."

    Die Bierzeltkundgebung hat Tradition. Jedes Jahr spricht ein anderer Spitzenpolitiker in Fürstenfeldbruck. So voll wie an diesem Abend, erinnert sich der Festwirt, war es zuletzt 2005; damals war der frühere Bundesaußenminister, Joschka Fischer von den Grünen, zu Gast.

    Hasselfeld: "Das Warten hat sich gelohnt. Sie sind alle gekommen, um einen der beliebtesten deutschen Politiker kennen zu lernen und zu erleben. Begrüßen Sie mit mir den Bundeswirtschaftsminister, Dr. Karl-Theodor, Freiheit zu Guttenberg – herzlich willkommen."

    Die bierselige Gemeinschaft grölt, als der junge Minister mit einem sportlichen Sprung auf die Bühne hüpft. Eine Rede im Bierzelt gilt als die Schwierigste überhaupt. Sie ist die Kür für einen bayerischen Politiker; denn seit dem wortgewaltigen Franz Josef Strauß entscheidet das Volk im Bierzelt, ob ein Politiker in seinen Augen etwas taugt.

    Guttenberg: "Was ich heute hier nicht machen werde, ist Ihnen eine vorbereitete Rede über 45 Seiten zu verlesen. Das gibt es bei mir nicht. Sondern ich werde einfach mal, weil ich glaube, dass das notwendiger denn je ist, einfach mein Herz sprechen lassen. Hier ist kein Manuskript, hier ist nur ein Herz, das hier oben steht."

    Eine Stunde lang wird zu Guttenberg reden. Sein helles Jackett, auch die gelbe Krawatte behält er an; gemein mit dem schwitzenden Volk unten macht sich der Adelsspross nicht. Ein Mensch mit viel Disziplin, so ist der erste Eindruck. Doch der 37-Jährige weiß Distanz spielend zu überbrücken – mit bajuwarischer Sprachfärbung.

    Guttenberg: "Ich danke Ihnen, dass Sie heute hier den Oberfranken dulden der allerdings einen großen Teil seines kulturellen Schliffs in Oberbayern mitbekommen hat, weil er dort auf`Schul gangen is. Und nachdem ich in einer Zeitung lesen durfte, dass man nicht wisse, ob der Guttenberg hier oben Salbei – Tee oder Bier trinke – meine Damen und Herren, im Bierzelt gehört a Bier. Und in dem Sinne Prost. D` Durst ist da."

    Zu Guttenberg weiß, dass ihm viele seiner Herkunft wegen mit reichlich Respekt begegnen. Er mag das nicht. Parteifreunde erzählen, der Minister verfüge über ein grenzenloses Selbstbewusstsein; arrogant und von oben herab ist er jedoch nicht. Aber der Freiherr weiß, was er will.

    Guttenberg: "Es kommt auch in Krisenzeiten immer noch auf jeden einzelnen Euro an. Was mir entscheidend wichtig erscheint, dass wenn wir von Milliarden sprechen, dass uns allen klar ist, dass wir von Milliarden Steuergeldern sprechen. Und das ist der Grund, weshalb ich bei einigen Punkten mir eine gewisse bayerische Bockigkeit bewahrt habe, um es mal milde auszudrücken."

    Guttenbergs Rede kreist um die Begriffe Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit und Verantwortung - Verantwortung vor allem für das Geld der Steuerzahler. Das ist nichts Neues, sorgt aber für einen Beifallssturm im Zelt. Emotionen, wie man sie bei einer Politikerrede selten erlebt. Die Bundestagsvizepräsidentin von der CSU - Gerda Hasselfeldt - wundert das nicht.

    Hasselfeld: "Ich kann das verstehen, weil ich ihn auch als ein sehr großes politisches Talent sehe. Man spürt, dass er eine hohe Fachkompetenz hat. Er handelt geradlinig, dadurch ist er auch glaubwürdig. Er hat eine ordnungspolitische Ausrichtung, die er auch erklären kann. Und das nehmen ihm die Leute ab.""

    Auf der Bühne erklärt der Jungminister die Krise. Opel oder Quelle erwähnt er namentlich nicht. Sein Publikum lauscht aufmerksam, Jung wie Alt hängt ihm an den Lippen. Sein zur Schau getragener Optimismus steckt an.

    Guttenberg: "Was bin ich vom ersten Tag an gewatscht worden, links eine, rechts eine, insbesondere meist aber von links, gewatscht worden dafür, dass ich es gewagt habe, gewagt habe, überhaupt nur daran zu denken, es aber auch noch auszusprechen, dass wir uns eben neben dem ganzen Pessimismus, neben den ganzen schlechten Nachrichten, es mir geleistet habe davon zu sprechen, dass es in unserem Land so etwas wie Optimismus geben darf und dass es uns auch nicht schlecht zu Gesicht steht, wenn wir auch mal Zuversicht verbreiten. Auch das hat unserem Lande nie geschadet, meine Damen und Herren."

    Der Polit-Aufsteiger enttäuscht im überfüllten Bierzelt nicht. Die anwesenden CSU-Mitglieder sind völlig aus dem Häuschen: Endlich wieder ein Hoffnungsträger, schwärmt ein Kreisvorsitzender, zu Guttenberg sei die Zukunft der Partei.

    Besucher: "Gefallen hat er uns. Er ist außergewöhnlich eloquent. Die Aussagen, hat man das Gefühl, kommen irgendwie aus dem Herzen.
    Für sein junges Alter, da ist er gut, redegewandt und wir werden noch mehr von dem hören. Der wird sich dort oben festbeißen."

    Der Bundesminister ist bereits wieder auf dem Sprung. Der Flieger zurück nach Berlin wartet nicht. Zum Abschied prostet er dem Publikum mit einer Maß Bier zu. Jetzt erst zieht er sein Jackett aus. Das hellblaue Hemd darunter ist klatschnass.

    Guttenberg: "Wenn ich mich heute wieder Richtung Berlin auf Märkischen Sand, ja manchmal auf Treibsand begeben darf, kann ich nur sagen, vergelt`s Gott dafür, dass ich heute Abend die Möglichkeit hatte, Kraft zu tanken in einer Heimat, wo die Kultur noch richtig aufgehoben ist. Danke Ihnen, vergelt`s Gott, Pfuid Gott."

    Wechsel in eine andere Welt. In Berlin, in der Bundeshauptstadt, ist die Arbeit von Karl-Theodor zu Guttenberg vor allem durch Krisensitzungen, Gipfelgespräche und nahezu tägliche Presskonferenzen geprägt. Zig Milliarden Euro an Staatshilfen wurden in den letzten Monaten durch die Bundesregierung bewegt, der Wust von Problemen aber nur annähernd gelöst.

    Guttenberg: "Wir lernen alle, ich glaube jeder, der selbst, wenn er Jahrzehnte in politischer Verantwortung ist, in dieser Krise. Weil diese Krise einfach nicht den Lehrbüchern entspricht."

    Die Krisenherde Hypo-Real-Estate, Schaeffler, Opel, Arcandor, Karstadt und zuletzt Quelle, verlangten von Karl-Theodor zu Guttenberg seit seiner Vereidigung zum Wirtschaftsminister im Februar oft nächtelangen Arbeitseinsatz.

    Guttenberg: "Eine Krise lässt sich nicht mit dem Maßstab der Bequemlichkeit bemessen. Das kann und darf nicht sein, sondern ich glaube, dadurch, dass man mit einer gewissen Emphase für Grundsätze eintritt, die man auch in einer persönlichen Abwägung irgendwann einmal für richtig befunden hat."

    Seit sieben Jahren ist Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg Abgeordneter im Deutschen Bundestag. Aber erst nach der bayerischen Landtagswahl im vergangenen Herbst, die der CSU ein schockierendes Wahl-Debakel bescherte, nahm zu Guttenbergs Karriere richtig Fahrt auf. Bayerns neuer Ministerpräsident Horst Seehofer machte den Bundestagsabgeordneten Anfang November 2008 zum Generalsekretär.

    Guttenberg: "Wenn die Partei eine Aufgabe an einen stellt, dann nimmt man diese auch wahr und nimmt sie gerne und mit Freuden wahr."

    Im Zuge der allgemeinen Verjüngungskur der bayerischen Landesregierung sowie der gesamten CSU-Parteiführung sollte zu Guttenberg als Generalsekretär in zweifacher Hinsicht den Neubeginn symbolisieren: als unverbrauchter Neuling jenseits aller parteiinterner Querelen und als personifiziertes Aushängeschild des neuen Stils.

    Seehofer: "Für die CSU hat eine neue Ära begonnen."

    Zu Guttenberg verkörperte den absoluten Gegenentwurf zum bisherigen Typ des Generalsekretärs, ausgestattet mit bayerischer Wadenbeißer-Mentalität.

    Guttenberg: "Das Holzende, Rumpelnde und Polternde liegt mir nur bedingt. Waden schmecken mir auch nur bedingt. Aber, es wird sicher nicht an der Deutlichkeit mangeln, wenn es auch gewisse Themenkomplexe darzustellen gilt."

    Moderat, analytisch und besonnen zeigte sich zu Guttenberg in seiner Funktion. Im Wesen stets freundlich, im Ausdruck immer verbindlich, aber im Verhalten nie gemein, schulterklopfend oder gar tümelnd. Als CSU-Generalsekretär hatte der Oberfranke nach dem verheerenden Wahlausgang ein gewaltiges Stück Arbeit vor sich.

    Guttenberg: "Wir werden natürlich dafür sorgen müssen, dass die Handschrift der CSU im kommenden Jahr und darüber hinaus wieder sehr erkennbar wird und das werde ich selbst auch mit einer hohen Präsenz hier in Berlin auch gewährleisten. Ich werde mein Bundestagsmandat beibehalten. Und ich muss jetzt auch erst einmal eine Bestandsaufnahme in München mit vornehmen, müssen sehen wie wir dort insgesamt aufgestellt sind."

    Das Gastspiel in München dauerte nicht lange. Erst Anfang November hatte Seehofer zu Guttenberg in die Landeshauptstadt geholt, und am 9. Februar dieses Jahres schon wieder nach Berlin geschickt – als Wachablösung für den amtsmüden und auch erfolglosen Wirtschaftsminister Michael Glos.

    Seehofer: "Karl-Theodor zu Guttenberg hat einen breiten Horizont, politisch Tiefenfundus in wirtschaftspolitischen Fragen auch durch seine Tätigkeit in Familienunternehmen, Beziehungen zu vielen wichtigen Partnern außerhalb Deutschlands, was natürlich in der Wirtschaftspolitik auch sehr wichtig ist."

    Der vom CSU-Generalsekretär innerhalb von gut drei Monaten zum Bundeswirtschaftsminister Beförderte entgegnete offensiv der Kritik des mangelnden wirtschaftlichen Sachverstandes.

    Guttenberg: "In diese Argumente werde ich mich gezielt und sehr schnell einarbeiten."

    Mit 37 Jahren ist Karl-Theodor zu Guttenberg der jüngste deutsche Wirtschaftsminister aller Zeiten. Kurz nach seiner Amtseinführung hielt er in der neuen Funktion bereits die erste Rede im Bundestag. Zusammen mit Bundesfinanzminister Peer Steinbrück verteidigte zu Guttenberg im Bundestag das Konjunkturpaket II.

    Guttenberg: "Unser Zukunftssystem ist und bleibt die soziale Marktwirtschaft. Diese ordnungspolitischen Leitplanken dürfen nicht panisch abgerissen werden."

    Guttenberg redete, als hätte er nie etwas anderes "als Wirtschaftsminister gemacht". Und er blieb in seiner Meinung beharrlich, dass mit Steuergeldern vorsichtig umzugehen sei. Der Applaus kam von allen Seiten, vom Ex-Bundeswirtschaftsminister der SPD, Wolfgang Clement, vom Landesgruppenchef der CSU, Peter Ramsauer sowieso.

    Clement: "Herr Guttenberg macht bisher eine glänzende Figur und ich wünsche ihm, dass ihm das weiter gelingt."

    Ramsauer: "Wieder Mut zu fassen, Zuversicht zu vermitteln, das muss der neue Wirtschaftsminister sozusagen in die deutsche Volkswirtschaft hinein hauchen und das kann er auch."

    In der Nacht vom 29. auf den 30. Mai dieses Jahres wurde Opel in einer Marathonsitzung im Kanzleramt gerettet, zu Guttenberg von der versammelten Runde überfahren. Denn anders als die übrigen Teilnehmer, hielt er eine geordnete Insolvenz des angeschlagenen Autobauers für die bessere Lösung. Und dennoch – zu Guttenberg fügte sich, zähneknirschend:

    Guttenberg: "Ich weiß auch, dass meine Auffassung nicht ohne Risiken selbst ist, beispielsweise eine Planinsolvenz auch mit hohen Risiken verbunden wäre. Und von daher ist in einer Gesamtschau die Bundesregierung, sind wir zum Schluss gekommen, dass wir den weiteren Fortgang, das weitere Prozedere tragen und verantwortlich gestalten wollen, und dass ich mich selbst an dieser Mitgestaltung auch beteiligen werde."

    Die CSU sowie auch Teile der CDU lobten die konsequente Haltung des Wirtschaftsministers. Kritik kam vor allem aus den CDU-regierten Bundesländern mit Opel-Standorten. Zu Guttenberg wurde trotzdem nicht müde, immer wieder die sinnvolle Verwendung der staatlichen Mittel einzufordern.

    Guttenberg: "Die Krise darf nicht als Vorwand genommen werden, um eigene, kranke Strukturen mit einer hübschen blanken Fassade, die man vor sich stellt, dann abzudecken oder zu bedecken oder überkommene Industriestrukturen, ich darf das immer wieder betonen, mit Steuergelder, meine Damen und Herren, zu erhalten."

    Im Fall Opel scheiterte der Wirtschaftsminister mit seiner Haltung; bei Arcandor, Karstadt und Quelle sah das dann schon anders aus. Wenn es um die Rettung von angeschlagenen Firmen geht, verschieben sich die Fronten aber schnell. Und so sah sich zu Guttenberg plötzlich mit heftigem Gegenwind aus der weiß-blauen Heimat konfrontiert. Die Bewilligung des 50-Millionen-Euro-Massekredits an Quelle ging dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer nämlich eindeutig zu langsam.

    Seehofer: "Wären wir nicht initiativ geworden, wären die Arbeitsplätze weg. Ich möchte, dass man ernsthaft mit dem Satz umgeht, Insolvenz heißt nicht das praktische Ende einer Firma, sondern die Chance für einen Neuanfang. Der Eindruck, der hier erweckt ist, die einen prüfen und sind sorgfältig und die anderen machen das Gegenteil, der erhöht schon meinen Blutdruck und zwar nicht erst seit heute. Durch diese Behandlung der letzten Tage, wo sich viele beteiligt hatten, ist großer Schaden ausgelöst worden. wir werden alle Hände voll zu tun haben, das wieder einzufangen."

    Der Konter aus Berlin kam prompt.

    Guttenberg: "Ich bin überhaupt nicht wütend. Ich habe immer deutlich gemacht, dass wir unsere Arbeit hier vernünftig zu machen haben, ich habe das Gefühl dass sie sie alle vernünftig machen. Und deswegen: es darf dann irgendwann auch mal Ruhe sein."

    Auch die SPD versucht sich immer wieder an dem jungen adligen Minister und seiner konsequenten Haltung abzuarbeiten. Die Genossen glaubten, noch bis zur Europawahl, dass der Wirtschaftsminister ein ähnliches Feindbild abgeben könnte, wie im letzten Bundestagswahlkampf der Heidelberger Steuerrechts-Professor Paul Kirchhof. Der Plan ging jedoch komplett daneben. Senkrechtstarter zu Guttenberg ist aus Sicht der Bevölkerung der zweitbeliebteste Politiker im Land. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla denkt deshalb auch über eine herausgehobene Position des Shootingstars innerhalb der Union nach.

    Pofalla: "Karl-Theodor zu Guttenberg macht eine so ausgezeichnete Arbeit, dass er natürlich im Wahlkampf der beiden Unionsparteien CDU/CSU eine bedeutende zentrale Rolle spielen wird."

    Parteitag - Wahlergebnis: "Es wurden abgeben: 152 Stimmen. Von den 151 gültigen Stimmzetteln entfielen 150 Ja-Stimmen auf Karl-Theodor zu Guttenberg."

    Bezirksparteitag der CSU Oberfranken. Die politische Heimat des Barons. Hier wird er nur Karl-Theodor oder einfach "KT" genannt. Bei der Wahl zum CSU-Bezirkschef fährt er ein Traumergebnis ein: 99,3 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die Basis feiert ihren Senkrechtstarter euphorisch. Anwesend der Parteichef Horst Seehofer - tief beeindruckt.

    Seehofer: "Das war eine Welturaufführung. Bei einer Versammlung dieser Größe fast alle Stimmen zu bekommen, bis auf eine. Das ist einmalig. Aber das hat er auch verdient, weil er eine Ausnahmeleistung in Berlin erbringt."

    Horst Seehofer hat "KT" zu dem gemacht, was der 37-Jährige heute ist. Dass der Ziehsohn schneller erwachsen geworden ist als es seinem Mentor lieb sein dürfte, steht auf einem anderen Blatt. Stichwort Quelle.

    Lange galt Markus Söder, der politische Ziehsohn von Edmund Stoiber, als aussichtsreichste Nachwuchshoffnung der CSU. Nun muss der ehrgeizige bayerische Gesundheitsminister erleben, wie ihm zu Guttenberg immer mehr den Rang abläuft. Die beiden sind sich in herzlicher Abneigung verbunden. Doch zu Guttenberg winkt ab. Die Kronprinzen-Diskussion nervt ihn.

    Guttenberg: "Ich bin zum einen überwältigt von einem großartigen Ergebnis. Allerdings verpflichtet es zur Bescheidenheit, verpflichtet es dazu, am Boden zu bleiben und zu arbeiten. Und was mir weiterhin wichtig ist, einfach auch authentisch zu bleiben. Und von Kronprinzen-Gemurmel halte ich nun wirklich überhaupt nichts. Wir müssen eine große Mannschaft sein. Wir müssen alle miteinander auch in einem sehr guten, konstruktiven, liebevoll-kritischem Verhältnis stehen. Und wir sind weithin auf einer guten Spur."

    Ob er es nun hören will oder nicht: Zu Guttenberg ist ein Hoffnungsträger für die Partei. Der CSU-Chef weiß das. Meist amüsiert es ihn. In einem atemberaubenden Tempo hat Horst Seehofer die Spitze der CSU verjüngt. 60 Jahre alt wird der Ministerpräsident diesen Samstag. Er selbst sagt, er organisiere bereits seine eigene Nachfolge und fügt augenzwinkernd hinzu, Zitat: das werde ich noch zu spüren bekommen.

    Seehofer: "Wenn ich dann immer höre, ist es für Sie erträglich oder eine große Gefahr, dass der Karl-Theodor zu Guttenberg da ist mit erstklassigen Anerkennungswerten, Popularitätswerten, Kompetenzwerten – es wird ja immer gleich so analysiert als ob ich schlaflose Nächte haben könnte, wenn ich das ernst nehmen würde. Liebe Freunde, ich habe bewusst von einer Mission am Anfang gesprochen. Ich möchte Frauen und Männer in Verantwortung berufen, wie Strauß es nannte, ein personelles Wurzelgeflecht, denen man eines Tages den Stab übergeben kann. Und die für jedes Amt in unserer Partei und in unserem Land in Frage kommen. Und die Oberfranken können sich glücklich schätzen, Karl-Theodor zu Guttenberg gehört mit Sicherheit dazu."