Archiv


Vom Gen zum Protein

Genetik. - Nachdem das menschliche Erbgut entschlüsselt ist, wenden sich immer mehr Genomik-Firmen neuen Forschungsfeldern zu, obwohl die Bedeutung einzelner Teile des Genoms immer noch unklar ist. Das zeigte sich auch auf der Frankfurter Biotechnologie-Messe "Biomics", die am Mittwoch zu Ende ging. Im Mittelpunkt des Interesses stehen nun die Proteine. Das führende Unternehmen, Celera Genomics des Genom-Entzifferers Craig Venter, will sich verstärkt in dieser Richtung engagieren.

    "Celera wird sich jetzt schwerpunktmäßig auf die Welt der Proteomik konzentrieren", verkündete Celeras Vizepräsident Samuel Broder. "Wir wollen die Informationen aus dem Genom verknüpfen mit Informationen über Eiweiße." Während die Gene die Baupläne für das Leben liefern, spielt sich in den Eiweißen das Leben ab. Um neue Medikamente und Therapien zu entwickeln, muss man das komplexe Wechselspiel der mehr als 100.000 verschiedenen Eiweiße im Organismus durchschauen - und landet somit auf dem Gebiet der Proteomik, erklärt Jens Schneider-Mergener von der Biotechnologie-Firma Jerini in Berlin: "Diese Proteine üben ihre Funktion über Wechselwirkungen untereinander aus. Das ist die Sprache der Proteine. Sie will man aufklären, dieses Gebiet heißt Proteomics."

    Welche Form ein Protein hat, wann es produziert wird, wann es aktiv oder inaktiv ist - um all diese Fragen zu klären, müssen viele Methoden neu entwickelt werden. Die Bioinformatik muss die Unmenge neuer Daten verarbeiten und in einen Zusammenhang bringen. Arbeit genug für viele Jahre, schätzt Schneider-Mergener: "Die Entschlüsselung des Genoms hat etwa zehn Jahre gedauert mit einer relativ einfachen Technologie: der Sequenzierung. Das Wechselspiel der Proteine oder deren Sprache aufzuklären, erfordert viele unterschiedliche Technologien. Das Ganze dauert wesentlich länger als die zehn Jahre, die es brauchte, um das Genom aufzuklären." Das so genannte Jahrhundert der Biotechnologie könnte sich so zu einem Jahrhundert der Proteomik entwickeln.

    [Quelle: Michael Lange]