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Vom Kurfürsten zum König

1688 wurde ein kränklicher, leicht buckeliger und oft verspotteter Mann Kurfürst von Brandenburg. Doch er wollte unbedingt König werden und erreichte dieses Ziel auch: Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg starb als König Friedrich I. in Preußen.

Von Klaus Kühnel | 11.07.2007
    "Königsberg sieht Friedrichs Geburt? Was bedeutet dieses Zeichen?
    Musen, ihr weissagt mir: König wird er einst sein!"

    Mit diesem Distichon soll Pfarrer Johann Bödeker die Geburt des brandenburgischen Prinzen Friedrich am 11. Juli 1657 begrüßt haben. Aber dieser Spruch kann nur eine nachträgliche Erfindung preußenfreundlicher Hofberichterstatter sein, denn bei der Geburt war der Knabe so schwächlich, dass man ernsthaft um sein Leben bangen musste und ziemlich rasch eine Nottaufe vollzog. Ehrlicher verhielt sich der Vater des Kindes, Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der eine Erinnerungsmedaille zur Taufe drucken und mit der Inschrift versehen ließ:

    "Amara miscet dulcibus - Gott mischt Bitteres mit Süßem."

    Das Bittere war: Es gab bereits einen älteren Bruder, Karl Emil, ein kräftiges Kind mit hellem Geist und scharfem Verstand. Der würde einst die Herrschaft aus der Hand des Vaters nehmen und dann unter anderem die wohlklingenden Titel tragen:

    "Kurfürstliche Durchlaucht von Brandenburg, des Heiligen Römischen Reiches Erz-Kämmerer, Herzog in Preußen, Fürst zu Halberstadt, Minden und Camin, Burggraf zu Nürnberg, Graf zu Hohenzollern."

    Der Nachgeborene Friedrich sollte leer ausgehen. So war es Gesetz. Überdies bestätigte sich hier das Sprichwort: Ein Unglück kommt selten allein. Denn der Säugling fiel eines Tages zu Boden und verletzte sich derart, dass seine Wirbelsäule dauerhaft verkrümmt blieb.

    "Seitdem hieß der Knabe das bucklicht Kind, und in die Jahre gekommen dann fer schiefe Fritz."

    Natürlich hatte Friedrich nun erst recht keine Chance auf eine Karriere. Die Eltern vernachlässigten seine Bildung und widmeten sich ausschließlich Karl Emil, dem Thronfolger. Aber das Schicksal entschied anders:

    "Im blühenden Alter von neunzehn Jahren erlag der lebensfrohe und tatkräftige Kurprinz plötzlich einem hitzigen Fieber und verschied."

    Nun änderte sich alles: Der bisher vernachlässigte Friedrich wurde von seinem Vater, dem Großen Kurfürsten, in die Kunst des Regierens eingewiesen. Der Sohn erwies sich als ehrgeizig und konnte es kaum erwarten, an die Macht zu kommen. 1688 war es endlich so weit. Der "schiefe Fritz" bestieg als Friedrich III. den Kurfüstenstuhl von Brandenburg.

    Nun hatte er alle Hände voll zu tun, seine persönliche Herrschaft zu festigen. Der Vater hatte in seinem Testament verfügt, das Land zu teilen, um auch seinen Söhnen aus zweiter Ehe zu ermöglichen, fürstlich zu leben. Friedrich III. annullierte das Testament kurzentschlossen und verhandelte so lange, bis sie statt Besitz und Titel jährlich zu zahlende Abfindungen annahmen. Nun konnte er sich dem Aufbau seines Landes widmen.

    Er förderte Gewerbe und Manufakturen, gründete die Universität Halle, die Societät der Wissenschaften und die Akademie der Künste. Zahlreiche Berliner Großbauten wie das Zeughaus und das Charlottenburger Schloss entstanden unter seiner Ägide. Er förderte bedeutende Wissenschaftler und Künstler, führte endlich den Gregorianischen Kalender ein, der in den katholisch regierten Teilen des Reiches schon seit über 120 Jahren galt, und hatte nur noch ein Ziel:

    "Wenn ich alles habe, was zu königlicher Würde gehört - nämlich: genügend Land, genügend Geld, genügend Soldaten -, warum soll ich da nicht auch trachten, den Namen eines Königs zu erlangen?"

    Der Wunsch, um jeden Preis König zu werden, zielte vor allem auf die Demonstration der eigenen Macht innerhalb einer stark hierarchisch gegliederten Gesellschaft. Doch Kaiser Leopold in Wien wies das Ansinnen des Herzogs zunächst ab:

    "Wir brauchen keinen neuen König der Vandalen an den Gestaden der Ostsee."

    Weil er aber einen militärisch starken Verbündeten im bevorstehenden spanischen Erbfolgekrieg brauchte, besann er sich eines Besseren. Friedrich hatte, was Leopold fehlte: ein schlagkräftiges Heer. So konnte sich der Kurfürst von Brandenburg 1701 schließlich doch zum "König in Preußen" krönen und bis zu seinem Tode am 25. Januar 1713 als Friedrich I. über das den östlichen Teil Preußens regieren.

    Sein Enkel Friedrich II. wird ihn mit den Worten charakterisieren:

    "Er war klein und verwachsen, seine Miene war stolz, seine Physiognomie gewöhnlich. Er verwechselte Eitelkeiten mit echter Größ. Alles in allem: Er war groß im Kleinen und klein im Großen."