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Vom Multimillionär zum Umweltschützer

Dass reiche - oder genauer gesagt - sehr reiche Menschen irgendwann auf die Idee kommen, einen Teil ihres Geldes zum Wohle der Gesellschaft zu stiften, das kommt immer wieder einmal vor. Das bekannteste Beispiel ist wahrscheinlich John Rockefeller, US-amerikanischer Öl-Unternehmer, der einst als der reichste Mann der Erde galt und beispielsweise die Universität von Chicago gründete oder die Rockefeller-Stiftung, eingerichtet zunächst zur Bekämpfung von Krankheiten und Seuchen, später dann ausgedehnt auf die Förderung der Wissenschaft und Forschung. Auch in der Gegenwart ist dieser Wandel immer wieder einmal zu beobachten, so zum Beispiel bei Douglas Tompkins, ehemaliger Unternehmer und Multimillionär in den USA. Er hat sich dem Umweltschutz verschrieben und eines seiner Projekte ist der Pumalin-Park in Chile.

Karl-Ludolf Hübener | 02.02.2004
    Die globalisierte Weltwirtschaft ist der Motor, der die Umweltkrise und die Krise der Biodiversität antreibt - ob es sich nun um die Verschmutzung des Wassers, die globale Erwärmung, die Bodenerosion handelt, ob es an Wiederaufforstung mangelt oder an der fehlenden Überwachung überfischter Ozeane. Die Liste ist lang. Jeder halbwegs gebildete Bürger auf dieser Welt ist sich dieser Tatsache bewusst. Jeden Tag steht darüber etwas in der Zeitung.

    Derjenige, der das sagt, ist kein junger Mann, der für die nächste Demo den Rucksack schultert, sondern Douglas Tompkins, ein Multimillionär aus San Francisco in den USA. Der sportlich gekleidete 60-Jährige reiht sich heute ohne Wenn und Aber in die Reihen der Globalisierungskritiker ein. Bis 1990 war er noch Anteilseigner des amerikanischen Konzerns Esprit, einem Mode- und Bekleidungsunternehmen:
    Die internationale Umweltbewegung hat Punkt für Punkt die Krise untersucht. Das Ergebnis: Die Krise ist verursacht von einer unersättlichen globalen Ökonomie, die alles auffrisst, was sich ihr in den Weg stellt. Sie zerstört menschliche Kulturen und löscht ganze Sprachen aus. Sie verwandelt die Welt in Monokulturen; sie cocacolisiert und macdonalisiert diese Welt.

    Leiten lässt sich der US-Amerikaner von den Ideen der Deep - Ecology. Hinter dieser Strömung verbirgt sich eine breit gestreute Bewegung mit zum Teil spirituellen Orientierungen. Ihre Anhänger wenden sich gegen eine Gesellschaft, die unsere Erde letztlich nur als Rohstoffquelle behandelt. Sie prangen den Glauben an endloses Wirtschaftswachstum und den Verlust kultureller Vielfalt an. Typisch für die Deep Ecology ist der Appell, seine eigene innere Haltung zu ändern.

    So zog Tompkins für sich Konsequenzen. Er verkaufte seine Firmenanteile und gründete die Deep Ecology Foundation, die sich weltweit in mehr als 50 Umweltprojekten engagiert. Eines der Projekte liegt im Süden von Chile:

    Hier ist ein großer Teil der gemäßigten Regenwälder und ihrer Ökosysteme noch intakt. Also habe ich mich stärker im Naturschutz in Chile engagiert.Ich bin schon seit langem an gemäßigten Regenwäldern interessiert. Zwar stehen die tropischen Wälder mehr im Rampenlicht, aber die gemäßigten Regenwälder, die eher im Schatten stehen, sind viel mehr gefährdet.

    Aus diesem Interesse entstand der Naturschutzpark "Pumalín", benannt nach dem gleichnamigen Bergpuma, der bis heute in diesen Gebieten jagt. An der Küste grün umsäumte Fjorde, in der Ferne, schneebedeckt, Vulkane. Endlose Wälder überziehen die Hänge, gelegentlich unterbrochen von Feldern hässlicher Baumstümpfe - ansonsten eine Bilderbuchlandschaft zwischen Andenhöhen und Pazifikwellen. Hier nahe der Hafenstadt Puerto Montt kaufte Tompkins sich eine Ranch, nach und nach immer mehr Bäume und Berge:

    Es handelt sich einerseits um 300 000 Hektar Park, der dem Naturschutz gewidmet ist. Andererseits um ungefähr 5000 Hektar, die für die Produktion vorgesehen sind...

    ...erklärt Carolina Delgado, die rechte Hand von Tompkins.

    Pumalín wird von der Stiftung "Conservation Land Trust" verwaltet und eines Tages dem chilenischen Staat übereignet. Mit dieser Substiftung werden Landkäufe vorgenommen, um Ideen der Deep Ecology in die Tat umsetzen zu können. 1997 hatte Tompkins ein Abkommen mit der chilenischen Regierung über den "Parque Pumalin" geschlossen. Der Staat gewährt dem Schutzprojekt Steuerfreiheit. Zuschüsse zahlt er nicht. In Proteststellung ging die einflussreiche Holzlobby, die bestrebt ist ihre Nutzungsgebiete auszuweiten. Holzausfuhren tragen in Chile wesentlich zu Exporterlösen bei. Gegen diesen Raubbau engagiert sich Tompkins.

    Neunzig Prozent des Naturparks sind bergig, durchfurcht von Flüssen und Bächen mit kristallklarem Wasser. Mit Wäldern voll immergrüner Südbuchen, Steineiben und einem einzigartigen Bestand tausendjähriger Alerce-Bäume. Sie gehören zur Familie der Nadelhölzer und sind in der ganzen südlichen Andenregion beheimatet. Auf 50 bis 60 Meter wachsend, fallen sie durch ihr Äste auf, die wie große Kerzen-Leuchter in die Höhe ragen. Ein Schatz der Artenvielfalt, der nicht nur abenteuerlustigen Touristen gefällt:

    Die Alerce darf in Chile nicht abgeholzt werden. Tote Alerce aber dürfen mit Genehmigung staatlicher Behörden ausgebeutet werden. Daraus wird dann Holz gewonnen werden. Die Holzunternehmen in Chile stecken deshalb immer wieder Alerce-Wälder absichtlich in Brand, damit sie das Holz herausholen können....

    ...erklärt Boris, ein Landwirt in Diensten des Projektes Pumalin.

    Alerce-Holz ist leicht vom Gewicht, von sehr schöner Maserung und eignet sich darum für Schindeldächer und Holzwände. Einfach zu bearbeiten und wasserabweisend ist es ideal für den Bootsbau. Entsprechend begehrt und teuer ist das Holz. Aber ein Alerce-Baum benötigt viel Zeit, um zu wachsen. Carolina Delgado:

    Eines unserer großen Vorhaben heißt 'Alerce 3000'. Wir haben eine Baumschule aufgebaut, mit heimischen Setzlingen und bereits tausende davon angepflanzt, um die abgeholzten Flächen innerhalb des Parks wieder aufzuforsten. Bis die Alerce sich aber zu voller Pracht entwickelt, dauert es noch lange. Nicht zufällig heißt das Programm darum auch "Alerce 3000".