Jasper Barenberg: Hochspezialisiert aber ineffizient; klein aber zersplittert in mehr als hundert Einrichtungen - in diesem Zustand hinterließ das sozialistische Regime die Hochschullandschaft in Ungarn vor mehr als zehn Jahren. Seitdem hat die Regierung in Budapest viel getan, um die Hochschuldbildung zu erneuern, um sie für mehr Menschen als bisher zu öffnen. Um Anschluss zu finden an die Entwicklung in Westeuropa, um den Beitritt zur Europäischen Union zu ermöglichen. Wie sieht das Hochschulsystem also heute aus? Und: Vor welchen Herausforderungen stand man am Beginn der Reformen? Antworten auf diese Fragen hat Eva Gönczi. Im ungarischen Bildungsministerium leitet sie die Entwicklungsabteilung.
Eva Gönczi: Parallel zu den gesellschaftlichen und ökonomischen Veränderungen in Ungarn - wie in vielen Staaten der Region - hat das Hochschulwesen als Teil des Bildungssystems einen Prozess enormer Veränderungen erlebt. Die Herausforderung bestand vor allem darin, die Hochschulbildung auf die Anforderungen einer Marktwirtschaft vorzubereiten. Zugleich galt es, gute Berufschancen für Universitäts-Absolventen sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass sie ihren Platz finden in einer vollständig veränderten Gesellschaft. Auf der anderen Seite ging es natürlich auch um das, was das Hochschulsystem der Gesellschaft zurückgeben kann - und das kann nur eine hochwertige Ausbildung sein, die der künftigen Entwicklung des Landes zugute kommt.
JASPER BARENBERG: Würden Sie zustimmen, dass es sich bei den Veränderungen vor allem um drei zusammenhängende Prozesse handelte: erstens um eine akademische Reform, zweitens um eine Reform der Institutionen und drittens um einen Zuwachs an Studierenden an den ungarischen Hochschulen? Und dass Sie mit dem Problem konfrontiert waren, alle drei Prozesse gleichzeitig bewältigen zu müssen und das unter ökonomisch schwierigen Bedingungen?
Eva Gönczi: Ich würde Ihnen grundsätzlich zustimmen, was die drei Faktoren angeht und auch, was Ihre Beschreibung angeht. Ich halte aber den letztgenannten Punkt für den wichtigsten. Ganz gleich, welche Statistik Sie auch immer zugrunde legen: alle weisen vor allem aus, dass sich die Zahl der Studierenden in Ungarn in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht hat. Das ist eine enorme Herausforderung - für die Regierung, was die Finanzierung angeht, aber auch für die Hochschulen selber. Ob sie mit Lehrenden sprechen oder mit Studierenden oder Mitarbeitern der Verwaltung. Das erste Wort, das sie hören, ist: Qualität! Und das ist in der Tat unser Hauptanliegen: Eine Qualität der Ausbildung zu gewährleisten, die den Anforderungen des Arbeitsmarktes gerecht wird.
Was die institutionelle Reform angeht, so haben wir in den letzten Jahren die Gründung großer Universitäts-Zentren erlebt. Das war vor allem das Verdienst des letzten Entwicklungsplans der Regierung. Vorher gab es ein zersplittertes System vieler vieler kleiner Fachhochschulen und Universitäten. Als Ergebnis der Veränderung gibt es jetzt sehr viel stärkere große regionale Universitäts-Zentren. Und die sind heute sehr viel besser in der Lage, eine Vielzahl von Studienmöglichkeiten für die verschiedensten Gruppen von Studierenden anzubieten.
JASPER BARENBERG: Wie drückt sich diese Entwicklung in Zahlen aus? Ungarn hatte Hunderte von hochspezialisierten Hochschulen...
Eva Gönczi: ...Jetzt gibt es 36!...
JASPER BARENBERG: ...jetzt gibt es 36 Hochschulen insgesamt und darunter 17 große staatliche Universitäten, ist das richtig?
Eva Gönczi: ...Ja. Und dazu kommen noch private Hochschulen und das was wir Stiftungs-Hochschulen nennen. Die Zahl wurde insgesamt deutlich gesenkt. Und das verlangt natürlich von den Universitäten eine ganz andere Form der Verwaltung, des Managements. Wir habe gerade begonnen, die Lehren aus diesem Integrationsprozess zu ziehen. Es gibt immer noch Bewegung in verschiedenen Universitäts-Zentren.
JASPER BARENBERG: Lassen Sie uns über die Struktur sprechen, so, wie sie jetzt aussieht. Im Grunde ist es ein duales System...
Eva Gönczi: Ja. Im Moment haben wir zum einen die Fachhochschulen. Dort wird meistens eine vierjährige Ausbildung angeboten. Die Absolventen finden dann hoffentlich eine Beschäftigung. An den Universitäten dagegen studiert man normalerweise fünf Jahre. Beide Systeme arbeiten vollständig getrennt von einander. Und heute haben wir das Problem, dass es zwar nicht unmöglich, aber doch schwierig ist, von dem einen System ins andere zu wechseln. Erst wenn Sie ihren Abschluss an einer Fachhochschule gemacht haben, können Sie mit einem Aufbaustudium noch einen Universitätsabschluss erwerben. Die Zukunft liegt unser Ansicht nach in einem Modul-System, das es den Studierenden sehr viel leichter macht, von dem einen Zweig des Hochschulsystems in den anderen zu wechseln. Und genau das erhoffen wir uns auch von einer Teilnahme an dem Bologna-Prozess - mit Blick auf ungarische Studierende, aber auch mit Blick auf Studierende, die aus dem Ausland zu uns kommen.
JASPER BARENBERG: Lassen Sie uns über Finanzierung sprechen. Gibt es irgendeine Form von Studiengebühren...?
Eva Gönczi: ...nein (lacht)...
JASPER BARENBERG: Es gibt aber Stipendien und Darlehen für Studierende?
Eva Gönczi: Es gibt sehr unterschiedliche Formen der Unterstützung für Studierende. Zunächst mal eine Reihe von Stipendien. Ein Teil von ihnen wird nach Leistung vergeben, ein anderer Teil nach sozialer Bedürftigkeit. Es ist eine der großen Leistungen des letzten Hochschul-Entwicklungsplans, das wir daneben ein gut funktionierendes System von Darlehen eingeführt haben. Im Grunde kann jeder ungarische Student ein Darlehen erhalten. Dieses Programm wurde von Experten aus dem Ausland erarbeitet, es wird von der Weltbank finanziert. Wir haben vor, dieses System noch weiter auszubauen.
Link: Informationen über das Hochschulsystem in Ungarn auf der homepage des Bildungsministeriums
Eva Gönczi: Parallel zu den gesellschaftlichen und ökonomischen Veränderungen in Ungarn - wie in vielen Staaten der Region - hat das Hochschulwesen als Teil des Bildungssystems einen Prozess enormer Veränderungen erlebt. Die Herausforderung bestand vor allem darin, die Hochschulbildung auf die Anforderungen einer Marktwirtschaft vorzubereiten. Zugleich galt es, gute Berufschancen für Universitäts-Absolventen sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass sie ihren Platz finden in einer vollständig veränderten Gesellschaft. Auf der anderen Seite ging es natürlich auch um das, was das Hochschulsystem der Gesellschaft zurückgeben kann - und das kann nur eine hochwertige Ausbildung sein, die der künftigen Entwicklung des Landes zugute kommt.
JASPER BARENBERG: Würden Sie zustimmen, dass es sich bei den Veränderungen vor allem um drei zusammenhängende Prozesse handelte: erstens um eine akademische Reform, zweitens um eine Reform der Institutionen und drittens um einen Zuwachs an Studierenden an den ungarischen Hochschulen? Und dass Sie mit dem Problem konfrontiert waren, alle drei Prozesse gleichzeitig bewältigen zu müssen und das unter ökonomisch schwierigen Bedingungen?
Eva Gönczi: Ich würde Ihnen grundsätzlich zustimmen, was die drei Faktoren angeht und auch, was Ihre Beschreibung angeht. Ich halte aber den letztgenannten Punkt für den wichtigsten. Ganz gleich, welche Statistik Sie auch immer zugrunde legen: alle weisen vor allem aus, dass sich die Zahl der Studierenden in Ungarn in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht hat. Das ist eine enorme Herausforderung - für die Regierung, was die Finanzierung angeht, aber auch für die Hochschulen selber. Ob sie mit Lehrenden sprechen oder mit Studierenden oder Mitarbeitern der Verwaltung. Das erste Wort, das sie hören, ist: Qualität! Und das ist in der Tat unser Hauptanliegen: Eine Qualität der Ausbildung zu gewährleisten, die den Anforderungen des Arbeitsmarktes gerecht wird.
Was die institutionelle Reform angeht, so haben wir in den letzten Jahren die Gründung großer Universitäts-Zentren erlebt. Das war vor allem das Verdienst des letzten Entwicklungsplans der Regierung. Vorher gab es ein zersplittertes System vieler vieler kleiner Fachhochschulen und Universitäten. Als Ergebnis der Veränderung gibt es jetzt sehr viel stärkere große regionale Universitäts-Zentren. Und die sind heute sehr viel besser in der Lage, eine Vielzahl von Studienmöglichkeiten für die verschiedensten Gruppen von Studierenden anzubieten.
JASPER BARENBERG: Wie drückt sich diese Entwicklung in Zahlen aus? Ungarn hatte Hunderte von hochspezialisierten Hochschulen...
Eva Gönczi: ...Jetzt gibt es 36!...
JASPER BARENBERG: ...jetzt gibt es 36 Hochschulen insgesamt und darunter 17 große staatliche Universitäten, ist das richtig?
Eva Gönczi: ...Ja. Und dazu kommen noch private Hochschulen und das was wir Stiftungs-Hochschulen nennen. Die Zahl wurde insgesamt deutlich gesenkt. Und das verlangt natürlich von den Universitäten eine ganz andere Form der Verwaltung, des Managements. Wir habe gerade begonnen, die Lehren aus diesem Integrationsprozess zu ziehen. Es gibt immer noch Bewegung in verschiedenen Universitäts-Zentren.
JASPER BARENBERG: Lassen Sie uns über die Struktur sprechen, so, wie sie jetzt aussieht. Im Grunde ist es ein duales System...
Eva Gönczi: Ja. Im Moment haben wir zum einen die Fachhochschulen. Dort wird meistens eine vierjährige Ausbildung angeboten. Die Absolventen finden dann hoffentlich eine Beschäftigung. An den Universitäten dagegen studiert man normalerweise fünf Jahre. Beide Systeme arbeiten vollständig getrennt von einander. Und heute haben wir das Problem, dass es zwar nicht unmöglich, aber doch schwierig ist, von dem einen System ins andere zu wechseln. Erst wenn Sie ihren Abschluss an einer Fachhochschule gemacht haben, können Sie mit einem Aufbaustudium noch einen Universitätsabschluss erwerben. Die Zukunft liegt unser Ansicht nach in einem Modul-System, das es den Studierenden sehr viel leichter macht, von dem einen Zweig des Hochschulsystems in den anderen zu wechseln. Und genau das erhoffen wir uns auch von einer Teilnahme an dem Bologna-Prozess - mit Blick auf ungarische Studierende, aber auch mit Blick auf Studierende, die aus dem Ausland zu uns kommen.
JASPER BARENBERG: Lassen Sie uns über Finanzierung sprechen. Gibt es irgendeine Form von Studiengebühren...?
Eva Gönczi: ...nein (lacht)...
JASPER BARENBERG: Es gibt aber Stipendien und Darlehen für Studierende?
Eva Gönczi: Es gibt sehr unterschiedliche Formen der Unterstützung für Studierende. Zunächst mal eine Reihe von Stipendien. Ein Teil von ihnen wird nach Leistung vergeben, ein anderer Teil nach sozialer Bedürftigkeit. Es ist eine der großen Leistungen des letzten Hochschul-Entwicklungsplans, das wir daneben ein gut funktionierendes System von Darlehen eingeführt haben. Im Grunde kann jeder ungarische Student ein Darlehen erhalten. Dieses Programm wurde von Experten aus dem Ausland erarbeitet, es wird von der Weltbank finanziert. Wir haben vor, dieses System noch weiter auszubauen.
Link: Informationen über das Hochschulsystem in Ungarn auf der homepage des Bildungsministeriums