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Vom Popstar zum Jazz-Sänger

"I Wonder Why" war vor mehr als 20 Jahren ein Riesenhit. Sänger Curtis Stigers demontierte wenige Jahre später seine Karriere - und sang in der Folge Jazz. Vor wenigen Wochen erschien seine neue CD, nun tourt er und spielt seine Songs in kleinen Clubs.

Von Knut Benzner |
    1991. Diese erste CD ... Auf dem Cover der CD sieht er aus wie ein Löwe, länger als schulterlanges Haar, fast feuerrot, in Wahrheit aber schwarz. Feine Gesichtszüge, porträtiert wie ein Popstar, der nur aus Los Angeles kommen konnte; dabei kam er aus Boise, Idaho. Mittelwesten.

    "Die Leute, die sich an die 90er erinnern, erinnern sich an diesen Hit. Ich war der, der solche Lieder sang, ich war der Pop-Soul-Sänger."

    Die Manager von der Schallplattenfirma wollten, dass er einfach immer so weiter macht.Er dachte, sagt er eben, sie liebten ihn für seine Kunst, aber es war was anderes. Der Hit? Dieses Lied:

    Musikeinspielung: I Wonder Why

    Hätte auch von Ray Charles sein können, aber es war von ihm. "I Wonder Why". Die nächsten Jahre passierte gar nichts. Stigers demontierte seine Karriere. Und sang Jazz ...

    "Die Musik, die ich dann machte, war die Musik, die ich liebe, und in sofern ist auch die erfolgreich, was mich anging."

    Seinen Lebensunterhalt verdiente er mit kleineren Konzerten. Weil er immer dachte, wie er sagte, das sei das, was Musiker täten. Er sang Jazz-Standards, Country-Standards, Rock-Standards, Folk-Standards:

    "Es ist wie meine Schallplattensammlung, es ist Rock and Roll, es ist Pop, es ist Soul, es ist Country. Ich wählte die Lieder nach unterschiedlichen Kriterien aus. Jeden Song für sich. Doch der wahre Grund war: Alles sind tolle Songs, denn sie bewegen mich. Und sie scheinen aufzugehen, so, wie ich sie aufbreche und in ein Jazz-Quintett bringe. Manche Songs tun das nicht, obwohl sie gute Songs sind, aber sie passen nicht in diesen Stil. "I Feel Fine" zum Beispiel, der Beatles-Song"

    Der swingte, sagte beziehungsweise sang er. Es passte. Und auf einer seiner CDs ist ein Song, der haut einen um. Der Text: Ironisch. Er, der Erzähler, sagt: Mädchen, denk´ nicht weiter drüber nach, alles in Ordnung. Und dann haut er, der Erzähler, ab. Der Schlagzeuger spielt in Stigers Version, als sei er besoffen – besoffen von dem Lied. "I gave her my heart but she wanted my soul, (Ich gab ihr mein Herz, doch meine Seele wollte sie) don´t think twice, it´s allright.” Vielleicht sollte jeder Jazz-Sänger einen Bob-Dylan-Song singen.

    Stigers´ letzte CD... großartig. Wieder Songs von anderen, von ihm arrangiert, sehr lässig, sehr cool, hier und da ergreifend. So kann aus einem Popstar ein Jazz-Sänger werden. Er habe es genossen. Man mag ihm glauben.