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Vom richtigen Umgang mit Frauen

Auf Internetseiten von einigen muslimischen Studentenorganisationen ist das Dokument "25 Fragen zur Frau im Islam" zu lesen. Nach Einschätzung des Hamburger Verfassungsschutzes widerspricht dieses Dokument dem Geist der Verfassung, da Gewalt gegen Frauen scheinbar legitimiert wird.

Von Kai Toss | 23.10.2006
    "Und jene, deren Widerspenstigkeit ihr befürchtet: ermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie!

    Heißt es im Koran in der Sure 4,34. Der Text des Deutschsprachigen Muslimkreises Karlsruhe widmet sich der Frage Zitat: "Darf ein muslimischer Mann seine Frau schlagen? Und interpretiert die Sure folgendermaßen:

    "Der Koranvers macht deutlich, dass im Falle einer in größeren Schwierigkeiten steckenden Ehe der Ehemann diese drei Schritten auf jeden Fall einhalten muss: Ermahnung, Trennung im Ehebett und Schlagen. Damit ist vor allem das Schlagen im Affekt verboten, was wohl in fast allen Fällen vorkommt."

    Zwar stellt der Text im Weiteren klar, dass Mohammed seine Frauen nie geschlagen hat - doch dass Gewalt gegen Frauen auszuschließen ist, geht aus dem Text nicht hervor. Veröffentlicht wurde das Dokument auf der Seite des Arbeitskreises Muslimischer Studenten der Technischen Universität Freiberg, auf der Seite der Islamischen Hochschulgemeinde an der Universität Hamburg. Beide Hochschulgemeinden haben den Text nach den Anfragen des Deutschlandfunks von ihren Seiten genommen, da er missverständlich sei. Der Text "25 Fragen zur Frau im Islam" wirft nämlich die Frage auf, ob das Schlagen nur im Affekt verboten sei. Die Islamwissenschaftlerin und Autorin des Buches "Frauen und die Scharia", Christine Schirrmacher, hält den Text für problematisch. Denn:

    "...in unserer Gesellschaft hat es natürlich Relevanz, da die Gleichberechtigung von Mann und Frau ist nun einmal Gesetzesgrundlage in diesem Land. Und deshalb kann man eine solche Aussage, eine solche Empfehlung - sogar den Imperativ, zur Gewalt zu greifen nicht einfach unkommentiert hinnehmen. "

    Dies sieht auch Manfred Murck, der stellvertretende Leiter des Verfassungsschutzes in Hamburg, so. Seine Behörde zitierte im Hamburger Verfassungsschutzbericht 2005 aus dem Dokument "25 Fragen zur Frau im Islam".

    "Dieses Dokument ist nach unserer Einschätzung ein etwas subkutan angebotener Hinweis für den Teil der Muslime, der in seinen so verstandenen Traditionen leben möchte und damit auch das Recht haben möchte, Frauen zu unterdrücken."

    Nachfrage beim Islamischen Studentenbund in Essen , kurz ISB. Mehrere Internetseiten nennen den ISB als Quelle bei der Verbreitung des Textes. Doch dort ist das Dokument seit Jahren nicht mehr online. Die Homepage enthält wegen einer Überarbeitung derzeit gar keine Inhalte. Ein Student der ISB, der sich als Sejid vorgestellt hat, kann die Aufregung um den Text "25 Fragen zur Frau im Islam" nicht verstehen. Er sagt:

    "Man kann die Frau meiden im Bett, wie der zweite Schritt oder ermahnen. Das mit dem Schlagen - wie gesagt, man darf allerhöchstens ein kleinen fingerdicken Bambus - schlagen. Äh, Bambus, den Ausdruck kenne ich nicht, damit schlagen eben. Es ist nicht damit gemeint, so können sie mich zitieren, niemals damit gemeint Hand an die Frau anzulegen."

    In Hamburg hat die Islamische Hochschulgemeinde, die laut Verfassungsschutz der Mili Görüs-Bewegung zuzurechnen ist, das Dokument ebenfalls von der Internetseite entfernt. Begründung: Es sei missverständlich formuliert, da das Schlagen der Frauen nur symbolisch gemeint sei, beispielsweise mit einer Zahnbürste auf den Handrücken der Frau, sagt der Vorsitzende der Gemeinde, Fatih Yildiz:

    "Ich würde ungerne das Wort schlagen benutzen. Einigen wir uns auf Klaps oder ich weiß nicht was. Aber schlagen suggeriert sofort eine gewalttätige körperliche Verletzung. Dann nimmt man eben einen Stift. Wie gesagt, das ist symbolisch gemeint. "

    Ein klares Nein wider der Gewalt gegen Frauen? Fehlanzeige. Stattdessen wird vom symbolischen Schlagen gesprochen, was auch immer das heißen mag. Die Sprecherin der Universität Hamburg Viola Griehl sieht jedenfalls Handlungsbedarf:

    "Zum einen werden wir natürlich den Dialog suchen mit der islamischen Hochschulgemeinde und auch über die Stellen sprechen. Und wir werden prüfen, ob es da tatsächlich Inhalte gibt, die mit unseren Vorstellungen von Recht und Gesetz nicht vereinbar sind. Aber wichtig ist, dass wir erst einmal den Dialog suchen über die entsprechenden Stellen. "