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Vom Seminar in die Selbständigkeit

Eine eigene Firma gründen? Das scheint die meisten Studierenden eher abzuschrecken. Oder vielleicht kommen sie auch gar nicht auf die Idee? Nach den Zahlen des Bundesbildungsministeriums hat jedenfalls nur ein knappes Viertel Interesse daran und lediglich 15% werden tatsächlich ihr eigener Chef. Das Projekt GoSpring! an der Ruhr-Uni Bochum und das Gründerbüro Ruhr wollen den Existenzgründern auf die Sprünge helfen.

31.08.2002
    Mein Name ist Jessica Nordhoff, ich mache grade meinen Abschluss zur Diplomgeografin, schließ danach eine Ausbildung zur Mediatorin an und möchte im Bereich des Konfliktmanagements eine Firma gründen, möchte allerdings ein Team gründen, ein möglichst interdisziplinäres Team.

    Jessica Nordhoff ist eine von 16 Gründern, die in der Summerschool Existenzgründung erfahren wollen, wie sie die Klippen einer Geschäftsgründung erfolgreich umschiffen können. 14 Tage lang geht es hier um die Basics für Gründer. Wie klar kann ich meine Idee eigentlich schon formulieren? Was fällt anderen dazu ein? Und welche Vorschläge haben sie vielleicht zur Umsetzung? Kreativitätstechniken helfen am ersten Tag, diese Fragen mit den anderen Teilnehmern zu klären.

    Dabei geht es vor allem darum, spontan zu sein - für Gründer aus dem Uni-Umfeld gar nicht so einfach:

    Es ist vielleicht auch so, dass man dann erst mal Probleme hat seinen wissenschaftlichen Horizont oder sein doch sehr kopflastiges Denken abzuschalten, um dann einfach mal so spontanes brainstorming zu machen Was fällt einem zu einer Idee ein - oder auch nicht?

    Die Summerschool ist ein erster Schritt für alle aus der Hochschule, die ernsthaft eine Firma gründen wollen und noch nicht wissen, was sie dazu eigentlich genau tun müssen. Nach dem Aufwärmtag mit Kreativität und gegenseitigem Beschnuppern geht es darum, welche Unternehmerpersönlichkeit man ist. Welche Führungsqualitäten habe ich? Wie kann ich durchsetzungsstärker werden und was muss ich mir noch zu meinem Marketing überlegen? Und natürlich müssen auch die trockeneren Themen behandelt werden, erzählt Birgit Efler vom Gründerbüro Ruhr, die die Summerschool mitorganisiert hat.

    D.h. der gesamte betriebswirtschaftliche Bereich, angefangen von der Rechtsform oder wie schaut das aus mit Steuern, oh Hilfe was ist die Buchführung, das kann man nicht alles an einem Tag erlernen, man bekommt da nur Grundinformationen und die Summerschool bietet die Möglichkeit, vielleicht ein bisschen detaillierter in die einzelnen Themen hineinzugehen, Basisinformationen zu bekommen, um dann vielleicht letztendlich nicht selber die Buchführung zu machen, aber den Steuerberater doch ein bisschen besser durchleuchten zu können.

    Das alles in der Gruppe zu erarbeiten macht nicht nur mehr Spass, sondern kann sogar konkreten Nutzen haben.

    Man sieht, oh ich steh ja gar nicht alleine hier, der andere hat ähnliche Probleme und vielleicht ergeben sich da sogar Synergieeffekte und das bringt die Gründer weiter.

    Nach der Summerschool hat man dann bestenfalls eine Vorstellung von dem was man braucht – aber noch kein fertiges Unternehmenskonzept. Der nächste Schritt geht zu einer individuellen Beratung. Das Gründerbüro Ruhr organisiert zum Beispiel kostenlose Sprechstunden, in denen ein Unternehmensberater hilft, den roten Faden für die Unternehmensstrategie zu finden. Und dann gilt es noch, das nötige Kleingeld aufzutreiben, um eine Idee zu verwirklichen. Die Art der Finanzierung will gut überlegt sein.

    Da gibt es drei Standbeine, das sind einmal die öffentlichen Finanzierungshilfen, die man bei der Bank beantragen muss, das sind aber Kredite, dh die muss man zurückbezahlen, es gibt aber auch Unterstützungsmöglichkeiten zur persönlichen Absicherung, das sind Zuschüsse, die muss man nicht zurückbezahlen und es gibt Zuschüsse zur Unternehmensberatung, die man auch nicht zurückbezahlen muss.

    Ein Vorteil von Gründern, die direkt von der Hochschule kommen: sie sind nicht durch ein festes Einkommen verwöhnt und kommen mit dem schmalen Budget eines Gründers meist gut zurecht. Ein Nachteil: sie können anfangs keine Referenzen ihrer Arbeit vorweisen und haben nicht soviel Praxiserfahrung. Das läßt sich allerdings durch möglichst viele Praktika während des Studiums ausgleichen. Ulla Kulmer, die sich vor zwei Jahren im Bereich Kommunikationstraining selbständig gemacht hat, rät Existenzgründern vor allem auch an die Durststrecken zu denken:

    Was mach ich mit den Monaten wo vielleicht mal nichts reinkommt, also dass ich entweder ne feste Sache noch nebenher habe, wo regelmässiges Geld reinkommt oder ich einfach Geld im Hintergrund habe, wo ich weiß da kann ich notfalls auch mal vier Monate von leben. Und dann, zumindest in meinem Bereich sind die Akquise-Zeiten sehr lang, und das zu berechnen, also nicht zu denken, ich hab jetzt einen Kontakt und morgen oder nächste Woche wird daraus ein Auftrag, sondern das kann sein, dass der in nem Jahr erst daraus wird oder aus dem Kontakt wird gar nichts obwohl er sich vorher so klasse angefühlt hat, da halt auf ganz viele Pferde zu setzen und im Auge zu haben, dass es wirklich lange dauern kann, bis das Geld kommt.

    Für Ulla Kulmer steht trotzdem fest: eine Existenz zu gründen macht nicht in jeder Phase nur Spass, aber:

    Es ist schon irgendwie toll seine eigene Chefin zu sein. Und sich wirklich seine Arbeit selbst organisieren und strukturieren zu können, das auf der einen Seite und man bestimmt selbst die Vielfältigkeit seiner Arbeit und das ist einfach toll.

    (Autorin: Andrea Lueg)

    Related Links:

    Initiative Go! Spring

    Auch die Fachhochschule und die Universität Potsdam bieten ein Trainingsprogramm 'Basics für Existenzgründer/innen' an. Das Seminar dauert vom 16. bis 21. September. Anmeldungen sind noch bis spätestens 6. September möglich. Weitere Informationen per Mail gehrich@fh-potsdam.de oder unter der Nummer 0331 - 5801064