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Vom Smartphone auf das Smartbook gekommen

Ein Leben ohne Smartphone ist noch möglich, behaupten Marcel-André Casasola Merkle und Agnes Lison. Allerdings nur mit dem Smartbook. Dieses beinhaltet nützliche Apps wie Telefon, Mail und Uhr. Allerdings nicht elektronisch, sondern auf Papier.

Von Veronika Bock | 09.10.2012
    Siri: "Hallo. Klopf, klopf. Wer ist da?"

    Nein, das Smartbook spricht nicht. Hier spricht mein Smartphone.

    Siri: "Ich warte, dass ich etwas für dich tun kann."

    Immer bereit.

    Siri: "Immer zu deinen Diensten."

    … kann es mir jetzt mal einen Dienst erweisen. Besprechen wir zusammen das Smartbook.

    Siri: "Langweile ich Dich?"
    Eine Frage, die mir das Smartbook nie stellen würde. Weil es a, nicht reden kann und weil es b, so von sich überzeugt ist, dass ihm der Gedanke gar nicht käme.

    "Siri: Okay."

    Das Smartbook, so ist in seinem integrierten Lexikon nachlesen, ist ein Buch. "Ein Papiergebundener Informationsspeicher ohne direkten Schreibzugriff zur Fixierung geringer Datenmengen im Kilobyte-Bereich."

    "Siri: Echt?"

    Richtig echt. Zum anfassen, zum Nase reinstecken, zum Umblättern. Zum reinschreiben, zum drin rum malen, zum Basteln, zum Ausschneiden, und manche Seiten sind sogar zum abbrennen.

    "Siri: Ich verstehe nicht."

    Wenn ein Buch, mehr sein will als ein Buch, ein Smartbuch also, dann braucht es Apps. Telefon, Mail, Notizen, Kamera. Rechner, Kalender, Kompass, Licht. All das bietet es. Um Nachrichten zu versenden, wird ein Papierflieger gefaltet. Für Mails, die gute alte Postkarte aktiviert. Videos lassen sich per Daumenkino anschauen und für’s Licht ins Dunkel wird eine Taschenlampe aus einer Buchseite gebastelt, die dann einfach angezündet wird.

    "Siri: Das ist in Ordnung."

    Autorin: Aber natürlich nicht ganz ungefährlich, deshalb gibt es auch Sicherheitswarnungen und man kann jederzeit abbrechen und löschen.

    "Siri: Das ist nett."

    Genau: nett. Hübsch. Gefällig. Freundlich und sogar schick. Grafisch sehr schön und konsequent gestaltet. Außen schwarz, die Buchseiten mit Silberschnitt und solange man die Seiten nicht rausreißt, umfaltet, zerschneidet oder abflämmt, bleibt es auch schön. Doch dafür ist es ja nicht gemacht.

    "Siri: Tatsächlich?"

    Es soll benutzt werden wie ein Smartphone. Also schreibt man drin rum, hält es sich ans Ohr, klebt Fotos ein, oder trommelt mit den Fingern auf ihm rum.

    "Siri: Klopf, klopf?"

    Genau, denn so wird das Smartbook zum Telefon. Einfach das Buch als Resonanzkörper nutzen und nach einem beigelegten Morsealphabet man mit den Fingern geduldig auf ihm herumtrommeln und hoffen, dass es jemand hört und versteht.

    "Siri: Da bin ich überfordert."

    Das ist eben lustig, kreativ, witzig.

    "Siri: Ich darf keine Witze erzählen."

    Du bist ja auch ein Phone und kein Book. Bücher können eben mehr. Dieses zum Beispiel preist sich und seinen Verlag zwischen den Buchseiten immer mal wieder an. Empfiehlt ein ganz bestimmtes Zeitungsabo oder sich selbst als Geschenk für einen Freund, der nur auf so etwas Schönes wartet. Was soll man davon halten?

    "Siri: Das möchte ich lieber nicht sagen."

    Braucht man auch gar nicht, obwohl genau betrachtet, ist das der Quellcode des Smartbooks. Es sieht smart aus, es kostet nicht die Welt. Selber möchte man es nicht geschenkt haben, aber wenn einem so gar nichts einfällt. Und die Idee ist ja gut.

    "Siri: Kein Kommentar."
    Smartbook
    von Agnes Lison und Marcel-André Casasola Merkle
    Verlag: Süddeutsche Zeitung
    Hardcover mit abgerundeten Ecken und Silberschnitt
    192 Seiten, 15,00 Euro