Angesprochen auf ihre Reformpläne für den Sozialstaat, hat die dänische Regierung in den vergangenen zwei Jahren stets auf die Arbeit der Wohlfahrtskommission verwiesen. Erst wenn diese ihre Vorschläge präsentiert habe, so hieß es, wolle man über das Reformprogramm entscheiden. Gestern nun war es soweit. Und so war es keine Überraschung, dass die Journalisten den großen Konferenzsaal des alten Packhauses im Kopenhagener Hafen bis auf den letzten Platz besetzten. Die beiden öffentlich-rechtlichen Fernsehsender übertrugen die Präsentation des Kommissionsvorsitzenden Torben Andersen live ins ganze Land:
"Wir müssen alle Räder unserer Gesellschaft in Gang bringen. Das ist heute nicht der Fall. Ein Fünftel aller Jugendlichen hat keine ordentliche Ausbildung, bei den Kindern von Zuwanderern sind es sogar die Hälfte. Etwa ein Drittel aller Menschen im erwerbsfähigen Alter sind im Laufe eines Jahres von öffentlichen Zahlungen abhängig, ja viele stehen dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung. Das muss sich ändern. Wir müssen mehr Menschen in Lohn und Brot bringen, auch weil die Zahl der Senioren wesentlich steigen wird."
Der Arbeitsmarkt sei der entscheidende Faktor, betonte der ehemalige Wirtschaftsweise Torben Andersen wiederholt. Hätten so viele Menschen wie möglich eine Arbeit, müssten Sozialleistungen weder gekürzt, noch die Steuern erhöht werden. Um die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, präsentierte die Expertenkommission gestern 43 Vorschläge – darunter Prämien für die schnelle Durchführung einer Ausbildung, die höhere Besteuerung von Immobilien zugunsten einer markant niedrigeren Einkommenssteuer, die kürze Zahlung von Arbeitslosengeld sowie die langsame Anhebung und Anpassung des Rentenalters an die erhöhte Lebenserwartung.
"Es ist ein Paket, und es ist wichtig, dies zu unterstreichen. Es geht um den Sozialstaat und da muss an vielen Schrauben gedreht werden, um diesen auch für die Zukunft zu bewahren."
Überraschend positiv reagierte der dänische Gewerkschaftsverband auf die Vorschläge der Wohlfahrtskommission. Über manche Details könne man diskutieren, grundsätzlich aber zeige der Bericht in die richtige Richtung. Zustimmend äußerte sich auch der Vorsitzende des einflussreichen dänischen Industrieverbandes, Hans Skov Christensen. Er appellierte an die Politiker des Landes, die Vorschläge nicht zu verwässern.
Mit dem Mut der dänischen Politik, unpopuläre Entscheidungen zu treffen, aber scheint es nicht weit her zu sein. Bereits wenige Tage vor der Veröffentlichung des Kommissionsberichtes sagte Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen, es werde allenfalls sachte Justierungen des dänischen Sozialmodells geben:
Vor diesem Hintergrund wundert es kaum, dass Arbeitsminister Claus Hjort Frederiksen gestern nur wenige Minuten nach der Veröffentlichung des Berichtes eine Reihe der schmerzhaftesten Eingriffe verwarf – etwa die Einführung einer Praxisgebühr oder die höhere Besteuerung von Immobilien. Allenfalls eine langfristige Anhebung des Rentenalters komme in Betracht.
Zugleich betonte Frederiksen, die Zuwanderung von Menschen aus unterentwickelten Ländern sollte noch weiter reduziert werden. Frederiksen verwies auf ein theoretisch-konstruiertes Modell der Kommission, in der diese die Sozialkosten für Zuwanderer berechnet hatte – unter der unrealistischen Annahme, dass keiner von ihnen in den kommenden zehn Jahren eine Arbeit finde. Eine Passage, die auch die Vorsitzende der rechtspopulistischen, jedoch einflussreichen Dänischen Volkspartei, Pia Kjærsgaard, gelesen hatte.
Eigentlich sollte der Abschlußbericht der Wohlfahrtskommission die politische Debatte um die langfristige Reform des dänischen Sozialstaates in Gang setzen. Die Politik aber scheint entschlossen, die eigenen Wähler zu schonen, und die Diskussion – wieder einmal – auf dem Rücken Dritter auszutragen.
"Wir müssen alle Räder unserer Gesellschaft in Gang bringen. Das ist heute nicht der Fall. Ein Fünftel aller Jugendlichen hat keine ordentliche Ausbildung, bei den Kindern von Zuwanderern sind es sogar die Hälfte. Etwa ein Drittel aller Menschen im erwerbsfähigen Alter sind im Laufe eines Jahres von öffentlichen Zahlungen abhängig, ja viele stehen dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung. Das muss sich ändern. Wir müssen mehr Menschen in Lohn und Brot bringen, auch weil die Zahl der Senioren wesentlich steigen wird."
Der Arbeitsmarkt sei der entscheidende Faktor, betonte der ehemalige Wirtschaftsweise Torben Andersen wiederholt. Hätten so viele Menschen wie möglich eine Arbeit, müssten Sozialleistungen weder gekürzt, noch die Steuern erhöht werden. Um die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, präsentierte die Expertenkommission gestern 43 Vorschläge – darunter Prämien für die schnelle Durchführung einer Ausbildung, die höhere Besteuerung von Immobilien zugunsten einer markant niedrigeren Einkommenssteuer, die kürze Zahlung von Arbeitslosengeld sowie die langsame Anhebung und Anpassung des Rentenalters an die erhöhte Lebenserwartung.
"Es ist ein Paket, und es ist wichtig, dies zu unterstreichen. Es geht um den Sozialstaat und da muss an vielen Schrauben gedreht werden, um diesen auch für die Zukunft zu bewahren."
Überraschend positiv reagierte der dänische Gewerkschaftsverband auf die Vorschläge der Wohlfahrtskommission. Über manche Details könne man diskutieren, grundsätzlich aber zeige der Bericht in die richtige Richtung. Zustimmend äußerte sich auch der Vorsitzende des einflussreichen dänischen Industrieverbandes, Hans Skov Christensen. Er appellierte an die Politiker des Landes, die Vorschläge nicht zu verwässern.
Mit dem Mut der dänischen Politik, unpopuläre Entscheidungen zu treffen, aber scheint es nicht weit her zu sein. Bereits wenige Tage vor der Veröffentlichung des Kommissionsberichtes sagte Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen, es werde allenfalls sachte Justierungen des dänischen Sozialmodells geben:
Vor diesem Hintergrund wundert es kaum, dass Arbeitsminister Claus Hjort Frederiksen gestern nur wenige Minuten nach der Veröffentlichung des Berichtes eine Reihe der schmerzhaftesten Eingriffe verwarf – etwa die Einführung einer Praxisgebühr oder die höhere Besteuerung von Immobilien. Allenfalls eine langfristige Anhebung des Rentenalters komme in Betracht.
Zugleich betonte Frederiksen, die Zuwanderung von Menschen aus unterentwickelten Ländern sollte noch weiter reduziert werden. Frederiksen verwies auf ein theoretisch-konstruiertes Modell der Kommission, in der diese die Sozialkosten für Zuwanderer berechnet hatte – unter der unrealistischen Annahme, dass keiner von ihnen in den kommenden zehn Jahren eine Arbeit finde. Eine Passage, die auch die Vorsitzende der rechtspopulistischen, jedoch einflussreichen Dänischen Volkspartei, Pia Kjærsgaard, gelesen hatte.
Eigentlich sollte der Abschlußbericht der Wohlfahrtskommission die politische Debatte um die langfristige Reform des dänischen Sozialstaates in Gang setzen. Die Politik aber scheint entschlossen, die eigenen Wähler zu schonen, und die Diskussion – wieder einmal – auf dem Rücken Dritter auszutragen.