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Vom Verschwinden der Kaffeetassen

An der Konstanzer Uni verschwinden jeden Monat über 1000 Kaffeetassen auf Nimmerwiedersehen. Keiner weiß, wer die geheimnisvollen Tassen-Diebe sind. Nur eines ist klar: Der Raub der Tassen an der Mensa und der Cafeteria geht mittlerweile ganz ordentlich ins Geld. Abhilfe ist schwierig.

Von Thomas Wagner |
    Tatort Cafeteria der Uni Konstanz: Der Kaffee, der aus dem Automat fließt, duftet köstlich – und günstig ist er auch noch:

    "Also eine große Tasse kostet einen Euro. Und er kleine Kaffee kostet 60 Cent."

    Soweit, so schlecht: Denn so manches Mal in den vergangenen Wochen hatte die Freude am frischen Uni-Café für wenig Geld ein jähes Ende.

    "Ja, die Leute möchten halt gerne Kaffe trinken und es sind keine Tassen da. Das ist natürlich ärgerlich, weil man keine Chance hat, einen Kaffee zu kriegen dadurch."

    Und darüber ist nicht nur Katherina erbost, die in Konstanz Deutsche Literatur und Französisch studiert. Denn: Die Mitarbeiter des Konstanzer Sudentenwerkes haben, und das ist keineswegs böse gemeint, nicht mehr alle Tassen im Schrank.

    "Also wir haben sie nur noch bedingt im Schrank. Wir machen zwar nicht wöchentlich, nicht monatlich Inventur. Wir merken aber, dass wir monatlich große Posten an Tassen, Besteck etc. nachkaufen müssen. Hier an der Universität mit rund 10 000 Studierenden, da gibt es Monate, wo wir alleine im Monat über 1000 Kaffetassen nachbestellen müssen."

    so Volker Kiefer, Geschäftsführer des Studentenwerkes Konstanz. 1000 abgängige Kaffeetassen im Monat – das heißt statistisch: Fast jeder zehnte Student ist ein potentieller Tassendieb – kaum zu glauben, denn die Tassen an der Uni Konstanz bestechen nicht eben durch ein besonders ausgefeiltes Design. Jura-Student Mathias:

    "Die Tasse ist etwa 15 Zentimeter hoch, rund weiß, und hat einen weißen Henkel. Zu schlicht wahrscheinlich – also bei mir zu Hause steht keine herum."

    So ist das eben im Uni-Leben: Keiner will’s gewesen sein. Das ist auch kein Wunder, denn so ein Delikt lässt sich völlig unbemerkt verüben. Martina Burger arbeitet seit elf Jahren an der Kasse der Konstanzer Uni-Cafeteria – und so mache Tasse kommen- und gehen sehen.

    "Die erwischen wir selten, weil die ihren Kaffee holen, bezahlen den hier und gehen mit der Tasse dann hier raus und kommen dann nicht mehr mit der Tasse zurück. Die nehmen die wahrscheinlich mit, vielleicht ins Studentenheim oder...keine Ahnung."

    So gibt der Tassen-Schwund an der Konstanzer Uni selbst dem geübten Fachpersonal Rätsel auf. Schon wird über Gegenmaßnahmen nachgedacht. Sollen Uni-Mitarbeiter zukünftig genauer hinschauen, wer so eine Tasse mitgehen lässt? Das wäre gar nicht so abwegig, lässt die Uni doch längst Kontrolleure mit geschultem Auge den Parksündern auf dem Campus auflauern. Dass die zukünftig auch den Tassen-Dieben auf die Schliche kommen sollen, ist bislang aber nicht angedacht. Eher denken die Experten beim Studentenwerk über die Erhebung eines Tassenpfandes nach. Dabei könnten die kaffeedurstigen Studis an speziellen Automaten den Tassenpfand zurückbekommen. Volker Kiefer:

    "Wir haben uns das auch mal angeschaut. Technisch ist das nicht ganz ausgereift. Das ist das eine Problem. Das andere ist: Es entspricht nicht ganz unserem Selbstverständnis. Wir versuchen ja ansonsten eher mit der Anmutung zu arbeiten, dass wir da eher eine liebevolle, schöne Anmutung bieten können unseren Studierenden. Und diese Automaten...der Grad der Sinnlichkeit ist doch nicht sonderlich hoch."

    Auch mit Appellen an die kaffeetrinkende Studentenschar haben es die Verantwortlichen des Studentenwerkes versucht – vergeblich. Allein der Schwund der Kaffeetassen verursacht jährlich Kosten von weit über 10.000 Euro – eine Summe, die das Studentenwerk auf die allgemeinen Cafeteriapreise umlegt. Literaturstudentin Katharina:

    "Das ist natürlich ärgerlich, wenn man selbst keine Schuld daran trägt. Aber dafür bezahlen muss."

    Was aber tun mit den "trüben Tassen" unter den Mensa-Nutzen, die ihre Tassen einfach nicht zurückbringen ? Literatur-Studentin Katharina glaubt: Ein bisschen mehr Sinn für Ordnung könnte Wunder wirken.

    "Man sieht die Tassen überall auf dem Gelände rumstehen. Also neben dem Mülleimer, auf den Bänken draußen, die werden also nicht zurückgebracht. Das ist den Leuten egal, was mit den Tassen passiert."