Begibt man sich hinein in das Stelenfeld, stößt man als erstes auf einen bemerkenswerten Fall kollektiver Projektion: War nicht in den vergangenen Tagen ständig und überall geradezu warnend davon die Rede, bei diesem "Labyrinth" von einem Denkmal drehe sich alles um Desorientierung, um physische Verunsicherung der Besucher? Steht man mittendrin, selbst am tiefsten Punkt, wo die massigen grauen Stelen bis zu vier Meter siebzig hoch aufragen, hat man jedoch zu keiner Zeit das Gefühl von Orientierungslosigkeit oder schweißtreibender Bedrängnis. Zu übersichtlich, komfortabel breit sind die gepflasterten Schneisen, man sieht bequem hindurch zu allen Seiten und stellt bei dieser Gelegenheit lediglich fest, dass man hier an einem Ort im Mittelpunkt Berlin ist, auf der ehemaligen Nahtstelle von Ost und West, dass es dennoch seltsam still ist, als käme die Bewegung der Stadt hier zum Stehen. Weitere Bedeutungen hat Architekt Peter Eisenman jedoch ausdrücklich nicht mitgeliefert, wie er immer wieder betont hat, jüngst etwa bei einem öffentlichen Gespräch in Berlin:
"Die Leute haben mich gefragt, warum ich dieses Denkmal mache, warum in dieser Form. Und ich antwortete, wenn ich das wüßte, wäre ich nicht hier, sondern würde irgendwas anderes tun. Ich habe keine Ahnung, warum ich es gerade so mache. Jemand fragte mich heute: Was wollen Sie mit diesem Denkmal provozieren? Und ich musste nachdenken: Ja, was will ich damit nur? Aber es ist ja gar nicht so, dass ich es tun will. Es so zu tun, wie ich es mache, ist nur der einzige Weg, mich selbst dazu zu bringen, überhaupt mit etwas zu beginnen. Es gibt keine irgendwie moralischen, philosophischen oder vernünftigen Gründe. Eher müßte ich die Leute umgekehrt fragen: Was denken Sie denn, warum ich provozieren will?"
Es sei, so Eisenman weiter, gerade nicht irgendeine Aussage über die Judenvernichtung, die ihn an diesem Projekt gereizt habe. Es gehe ihm vielmehr immer wieder um das Schweigen der Architektur. Das Denkmal sei nur eine leere, an sich bedeutungslose Form, die abstrakt am Computer entstanden sei. Aber gerade deshalb könne sie an diesem Ort mit lauter Ideen und Projektionen aufgeladen werden.
Genau diese Erfahrung aber ist es auch, die man mit diesem Stelengebilde macht. Es wirkt äußerst abstrakt, dabei durchaus nicht unangenehm, es enthält sich jeder Aussage und schon gar nicht bewirkt es Erschütterung, es sei denn, man kommt gezielt hierher, um Erschütterung zu empfinden.
Anfänglich hat sich Peter Eisenman, der selbst aus einer jüdischen Familie stammt, vehement dagegen gesträubt, dieses "Schweigen" des Denkmals durch einen "Ort der Information" zu stören, ihm sozusagen eine Interpretation beizuliefern. Doch mittlerweile hat sich seine Ansicht dazu geändert.
"Keine Frage, das Mahnmal hat mein Denken über das Erinnern verändert und darüber, wie man mit der Erinnerung umgehen kann, speziell in der Architektur. Es hat auch meine Einschätzung der Aufgabe dieses Denkmals verändert. Inzwischen bin ich absolut davon überzeugt, dass es ein Denkmal für die ermordeten Juden Europas ist. Das war ich lange Zeit nicht, weil ich mich nie sonderlich viel mit der Geschichte des Holocaust auseinandergesetzt habe. Doch durch Lektüre habe ich gelernt, dass es das alleinige Ziel der Politik der Nazis war, alle Juden auszulöschen."
In seinem Sinneswandel bezüglich des Ortes der Information kann man Eisenman letztlich nur beipflichten. Der unter dem Stelenfeld eingerichtete Bau ist zweifellos ein Gewinn für die Anlage, denn er nimmt ihr die abstrakte Wirkung, ohne sich aber mit moralisierenden Bußemahnungen aufzudrängen. In den vier großen Räumen wechseln sich Kontemplation und die Aufzählung der historischen Fakten der Vernichtung der europäischen Juden ab, wobei sich immer wieder bemüht wird, Einzelschicksale aus der unfaßbaren Zahl der Opfer zu benennen und herauszulösen, um das Geschehen faßbarer zu machen. Die Ausstellungsarchitektur greift die Ästhetik des Stelenfeldes dabei immer wieder auf, so dass sich auf diese Weise eine symbolische Wandlung der gesamten Anlage in eine Gedenkstätte herstellt – die das Stelenfeld allein wohl sicher nicht bewirkt hätte.
"Die Leute haben mich gefragt, warum ich dieses Denkmal mache, warum in dieser Form. Und ich antwortete, wenn ich das wüßte, wäre ich nicht hier, sondern würde irgendwas anderes tun. Ich habe keine Ahnung, warum ich es gerade so mache. Jemand fragte mich heute: Was wollen Sie mit diesem Denkmal provozieren? Und ich musste nachdenken: Ja, was will ich damit nur? Aber es ist ja gar nicht so, dass ich es tun will. Es so zu tun, wie ich es mache, ist nur der einzige Weg, mich selbst dazu zu bringen, überhaupt mit etwas zu beginnen. Es gibt keine irgendwie moralischen, philosophischen oder vernünftigen Gründe. Eher müßte ich die Leute umgekehrt fragen: Was denken Sie denn, warum ich provozieren will?"
Es sei, so Eisenman weiter, gerade nicht irgendeine Aussage über die Judenvernichtung, die ihn an diesem Projekt gereizt habe. Es gehe ihm vielmehr immer wieder um das Schweigen der Architektur. Das Denkmal sei nur eine leere, an sich bedeutungslose Form, die abstrakt am Computer entstanden sei. Aber gerade deshalb könne sie an diesem Ort mit lauter Ideen und Projektionen aufgeladen werden.
Genau diese Erfahrung aber ist es auch, die man mit diesem Stelengebilde macht. Es wirkt äußerst abstrakt, dabei durchaus nicht unangenehm, es enthält sich jeder Aussage und schon gar nicht bewirkt es Erschütterung, es sei denn, man kommt gezielt hierher, um Erschütterung zu empfinden.
Anfänglich hat sich Peter Eisenman, der selbst aus einer jüdischen Familie stammt, vehement dagegen gesträubt, dieses "Schweigen" des Denkmals durch einen "Ort der Information" zu stören, ihm sozusagen eine Interpretation beizuliefern. Doch mittlerweile hat sich seine Ansicht dazu geändert.
"Keine Frage, das Mahnmal hat mein Denken über das Erinnern verändert und darüber, wie man mit der Erinnerung umgehen kann, speziell in der Architektur. Es hat auch meine Einschätzung der Aufgabe dieses Denkmals verändert. Inzwischen bin ich absolut davon überzeugt, dass es ein Denkmal für die ermordeten Juden Europas ist. Das war ich lange Zeit nicht, weil ich mich nie sonderlich viel mit der Geschichte des Holocaust auseinandergesetzt habe. Doch durch Lektüre habe ich gelernt, dass es das alleinige Ziel der Politik der Nazis war, alle Juden auszulöschen."
In seinem Sinneswandel bezüglich des Ortes der Information kann man Eisenman letztlich nur beipflichten. Der unter dem Stelenfeld eingerichtete Bau ist zweifellos ein Gewinn für die Anlage, denn er nimmt ihr die abstrakte Wirkung, ohne sich aber mit moralisierenden Bußemahnungen aufzudrängen. In den vier großen Räumen wechseln sich Kontemplation und die Aufzählung der historischen Fakten der Vernichtung der europäischen Juden ab, wobei sich immer wieder bemüht wird, Einzelschicksale aus der unfaßbaren Zahl der Opfer zu benennen und herauszulösen, um das Geschehen faßbarer zu machen. Die Ausstellungsarchitektur greift die Ästhetik des Stelenfeldes dabei immer wieder auf, so dass sich auf diese Weise eine symbolische Wandlung der gesamten Anlage in eine Gedenkstätte herstellt – die das Stelenfeld allein wohl sicher nicht bewirkt hätte.