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Vom Winde verweht

Umwelt. - Jeden Sommer bilden sich in der Ostsee Algenteppiche, weil hohe Wassertemperaturen, viel Sonnenenergie und viele Nährstoffe die Algenblüten begünstigen. Auf Satellitenbildern war jetzt ein Teppich zu erkennen gewesen, der fast das gesamte Meer bedeckte. Ein Forschungsschiff des Landesamtes für Umwelt, Geologie und Naturschutz suchte die Algen jetzt vergeblich. Alexander Bachor, Leiter des Dezernates Gewässerkunde erklärt die Gründe im Gespräch mit Monika Seynsche.

23.07.2010
    Seynsche: Herr Bachor, was haben Sie denn gefunden?

    Bachor: Ja, wir haben erstaunlicherweise kaum Algen gefunden. Die Kollegen auf dem Schiff haben weder Algenteppiche gesichtet, noch waren in den Proben, die dann im Labor untersucht worden sind, größerer Algenansammlungen festzustellen.

    Seynsche: Heißt das denn, dass die Satellitenbilder falsch waren?

    Bachor: Nein. Diese Algenansammlungen oder auch Algenteppiche genannt, die sind sehr stark abhängig von den Windverhältnissen. Also, wir bekommen auch täglich Satellitenaufnahmen, und je nachdem, wenn das Wetter klar ist, kann man sehr schön erkennen, wie die Verteilung der Algen in der Ostsee ist. Sie müssen dazu wissen, dass die Algen bei sehr hohen Temperaturen und bei guter, großer Sonneneinstrahlung an die Wasseroberfläche gelangen und dort aufrahmen. Und wenn dort ein leichter Wind weht, dann werden sie zusammengetrieben und dann bilden sich solche Algenteppiche.

    Seynsche: Wie interpretieren Sie denn ein solches Ergebnis? Kann man vielleicht an der falschen Stelle gesucht haben, oder gibt es diesen Algenteppich vielleicht gar nicht?

    Bachor: Also dort, wo wir gesucht haben, gibt es ihn offensichtlich nicht. Wir haben uns natürlich schon anhand dieser Satellitenbilder orientiert, und dort war doch zu erkennen, dass die Algenkonzentration an der Oberfläche in dem Gebiet doch deutlich erhöht war. Deswegen haben wir das Schiff in dieses Gebiet geschickt und waren erstaunt auch, dass es dort zu keinerlei Hinweisen gekommen ist, dass sich dort ein Teppiche befinden. Das will aber nicht heißen, dass die nicht auch wieder auftreten können.

    Seynsche: Sie machen diese Untersuchung jedes Jahr. Ist Ihnen das schon mal passiert, dass ein Teppich auf einmal verschwunden war?

    Bachor: Ja, ganz schnell sogar. Also, ich habe heute auch mit einem Kollegen gesprochen, der an der Universität Greifswald an der Außenstelle auf Hiddensee arbeitet, und der solche Untersuchungen auch selbst durchführt. Und dem ist das auch schon passiert, dass innerhalb kürzester Zeit, dass die Algen weg sind.

    Seynsche: Heißt das denn auch, die Algen sind weg, dass es jetzt ungefährlicher ist? Oder sind sie einfach nicht mehr sichtbar an der Oberfläche?

    Bachor: Also einerseits kann es bedeuten, dass die Algen eingemischt werden in die Wassersäule und dann sieht man sie halt nicht mehr. Man muss unterscheiden, es gibt eine ganze Reihe von Cyanobakterien, und nur einige sind in der Lage Toxine zu bilden. Also sie sind potentiell toxisch. Diese Arten sind dann gefährlich, wenn sie in größerer Konzentration an die Strände angeschwemmt werden, in Verwesung übergehen und dann aufgenommen werden. Also, es ist in der Vergangenheit auch vorgekommen, dass Tiere in Brackwassernähe diese Algen aufgenommen haben und daran auch gestorben sind.

    Seynsche: Können Sie noch eine Prognose für die Zukunft machen. Was erwarten Sie denn in den nächsten Wochen? Taucht dieser Algenteppich wieder auf?

    Bachor: Das ist nicht auszuschließen. Das hängt wirklich einzig und allein von den Windverhältnissen und von der Sonneneinstrahlung ab. Wenn das Wetter so warm und so schön bleibt, dann sind die Algen da, und dann sind die sehr schnell an der Oberfläche und wenn der Winter so weht, dass es an die Strände getrieben wird, dann sind sie auch an den Stränden.