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Von Anfang an nicht unumstritten

Der Blaue Engel ist auf Recyclingpapier zu finden, auf Lacken sowie auf Farben. Doch das Umweltzeichen, das heute in Berlin seinen 30. Geburtstag feiert, bleibt umstritten. Denn es sagt nicht aus, ob ein Produkt umwelt-freundlich ist, sondern lediglich, dass es umweltfreundlicher als andere ist. Ob diese Botschaft ankommt, haben Umwelt- und Verbraucherschützer bezweifelt. Sind denn diese Zweifel heute zur Sprache gekommen?

Von André Hatting | 19.02.2008
    Ja, das sind sie. Zwar kennen nach Angaben des Umweltbundesamtes heute 80 Prozent der Verbraucher dieses Gütesiegel und fast jeder zweite würde sich beim Kauf daran orientieren. Der Engel hat sich also vom Pionier zum Marktführer entwickelt. Aber diese Berühmtheit sei auch Teil seines Problems, sagt Edda Müller, Vorsitzende der Jury Umweltzeichen, also des Gremiums, das über die Vergabe des Blauen Engels entscheidet:

    "Der Blaue Engel hat seinen Erfolg damit bezahlt, dass er vielfach kopiert worden ist. Er ist ins Ausland exportiert worden und hat dazu geführt, dass zahlreiche andere Label erfunden wurden. Der Unterschied zu diesen Labels ist der, dass der Blaue Engel in der Regel ganzheitlich rangeht, also sowohl die Gebrauchstauglichkeit beachtet als auch Gesundheitsaspekte und Umweltaspekte."

    Auf über 10.000 Waren und Dienstleistungen prangt der Blaue Engel mittlerweile. 950 Firmen werben mit dem Gesundheits-Siegel. Trotz dieser Erfolgsgeschichte und obwohl die Auszeichnung ja auch das Image eines Produktes verbessert, gebe es aber immer noch Unternehmen, die vom Blauen Engel nichts wissen wollen, sagt Edda Müller:

    "Man muss klar wissen, dass der Blaue Engel in erster Linie ein umweltpolitisches Instrument ist und als Verbraucherinformation nur wirksam wird, wenn da eine ganze Menge Akteure mitspielen, in erster Linie Unternehmen. Und da hatten wir in der Vergangenheit Obstruktionen. Zum Beispiel von der deutschen Autoindustrie, die sich in den 80er Jahren geweigert hat, den Drei-Wege-Katalysator mit dem Blauen Engel zu bewerben. Da musste ein japanischer Hersteller kommen, um hier den Wettbewerb aufzumischen. Heute haben wir eine ähnliche Situation bei den strahlungsarmen Handys. Hier sind die großen Hersteller von Handymarken nicht bereit, mit dem Blauen Engel zu werben."

    Der Gefahr, dass der Blaue Engel heutzutage in der Flut der Öko-Siegel und Bio-Auszeichnungen untergeht und für die Verbraucher nur noch ein beliebiges Kennzeichen von vielen sei, dieser Gefahr sei man sich im Umweltbundesamt durchaus bewusst, sagt dessen Präsident Andreas Troge:

    "Solche Einschätzungen kann es immer wieder geben und wir werden da noch einiges tun müssen, um die Aussage des Blauen Engels zu verbreitern. Entscheidend scheint mir zu sein, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher im Blauen Engel eine Marke sehen. Im Vergleich dazu spielt in Deutschland zumindest die Europäische Umwelt-Margarite eine relativ geringe Rolle. Der Blaue Engel ist auch so lange eingeführt, dass er im Grunde genommen tradiert ein Symbol darstellt, nämlich mit wenigen Aussagen eine sichere Wahl zu treffen."

    Eine Wahl, die zum Beispiel besagt: Dieses Produkt ist in diesen Kategorien das Beste. Spanplatten mit dem Blauen Engel haben zum Beispiel den geringsten Formaldehydgehalt. Die meisten der neu angemeldeten Produkte heute kommen aus dem Elektronikbereich.

    Ein Geburtstagsgeschenk bekommt der Blaue Engel zu seinem 30. auch. Und zwar ein Blaues Sofa. Andreas Troge, Präsident des Umweltbundesamtes:

    "Das Blaue Sofa ist ein elektronisches Sofa. Auf dieses Sofa kann man sich setzen und dann eine Botschaft, einen Glückwunsch zum Beispiel für 30 Jahre Blauer Engel unterbringen. Man kann auch Videospots da unterbringen, und diese werden dann im Internet veröffentlicht. Entscheidend soll sein, dass sowohl die üblichen Entscheidungsträger in Bund, Ländern, Gemeinden und Unternehmen vor allem aber die Verbraucherinnen und Verbraucher Bekenntnisse zum Blauen Engel von sich geben, die dann auch breiter verteilt werden."

    Erste Station des Blauen Sofas ist Mainz. Dort wird es am 9. Mai zum ersten Mal aufgestellt.