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Von Braunkohleabbau und Milchpreisen

Der Deutsche Bauernbund stellt in Ostdeutschland eine Art kleine Bauernopposition zum großen Deutschen Bauernverband dar. Der Bund vertritt private, selbstständige Landwirte, die Bodeneigentümer und ehemaligen LPG-Mitglieder. Er beschreibt sich selbst als "christlich - konservativ - heimatverbunden". Gestern richtete der Deutsche Bauernbund seine Jahrestagung aus.

Von Axel Flemming |
    Landwirtschaft geht nicht ohne Konflikte. Und auch wenn, oder gerade weil der Bauernbund als Vertreter der landwirtschaftlichen Familienbetriebe im Osten ein konservatives Grundverständnis hat, spricht er sich gegen neue Tagebaue in der Braunkohle aus und gegen eine unterirdische Lagerung des klimaschädlichen CO2, die im Land Brandenburg erprobt werden soll. Der Präsident des Brandenburger Bauernbundes, Karsten Jennerjahn:

    "Kohlendioxid können wir vielleicht für 30 Jahre verpressen, danach jagen wir es weiter in die Luft. Und Kohlendioxid ist für mich persönlich auch kein Gift, sondern es ist für uns ein Rohstoff, daraus machen wir unsere Produktion. Deshalb: neue Tagebaue sind eigentlich Politik gegen Bauern, und die Verpressung von Kohlendioxid ist vielleicht eine Gefährdung des Grundwassers oder der Nutzung der Erdwärme für die Zukunft."

    Denn Genehmigungen für weitere Braunkohletagebaue schadeten den mittelständischen, dezentralen, erneuerbaren Energien, da könne man im Gegenzug fördern und einspeisen, soviel man will. Der Brandenburger Agrarministerin Jutta Lieske (SPD) bot der Bauernbund eine konstruktive Zusammenarbeit an. Sie steht dem Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft vor. Der jahrelange Ressortzuschnitt von Umwelt und Landwirtschaft wird unter rot-rot in Brandenburg nicht weitergeführt.

    "Ich sehe das in einer Verantwortung wahrzunehmen 50 Prozent Infrastruktur und 50 Prozent ist die Landwirtschaft und die ländliche Entwicklung in meinem Ressort vertreten. Und so möchte ich das auch in der Praxi gerne verstanden wissen und möchte das auch gerne so leben. Und ich glaube das regionale Leben und das Wirtschaften vor Ort ist die Seele in den Kommunen, gerade im ländlichen Raum."

    Der Bauernbund sieht in Familienbetrieben bei entsprechender Ausstattung die effizienteste Betriebsform. Existenzgründungen und Junglandwirte müssen daher besonders gefördert werden. Industrialisierte Landwirtschaft wird abgelehnt. Hans-Georg von der Marwitz, Abgeordneter für die CDU im deutschen Bundestag:

    "Seit dem Fall der Mauer ist die Landwirtschaft in Ostdeutschland vom Strukturwandel geprägt. Leider haben sich die landwirtschaftlichen Strukturen und Betriebsgrößen hinsichtlich der Entwicklung des ländlichen Raums nicht nur zum Positiven entwickelt. Es gibt mittlerweile Betriebsgrößen, die für Deutschland unvorstellbar galten. Börsennotierte Agrarunternehmen mit mehreren 10.000 Hektar gehören längst in das Bild ostdeutscher Landwirtschaft. Anonyme Eigentumsverhältnisse, deren alleiniges Ziel die Gewinnoptimierung ist zum Wohl und im Interesse der Aktionäre."

    Und Kurt-Henning Klamroth, der Präsident des Bauernbundes legte nach:

    "Bauer ist ein Landwirt, aber noch lange nicht ist jeder Landwirt auch ein Bauer. Bauer ist ein Eigentums charakterisierender Begriff, und Landwirt charakterisiert eine bildungsrelevante Qualifizierungsstufe."

    Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner ging vorsichtig auf Distanz:

    "Ich glaube nicht, dass die Politik in irgendeiner Weise Formen von Betrieben vorschreiben kann und darf. Ich glaube schon, dass Darwins Gesetz im Jahr des 150. Todestages sich durchsetzen wird: der Fitteste, nicht der Stärkste und auch nicht der Größte, sondern der Fitteste wird sich durchsetzen, dass das auch für die Landwirtschaft zählt."

    Landwirtschaft hat Zukunft, so das Plädoyer der CSU-Politikerin, aber sie sieht schwierige Zeiten für die Verhandlungen über die EU-Finanzierung nach 2013 auf die Bauern zukommen.