Es gibt wohl kaum ein Thema, das derzeit mehr Emotionen in der Öffentlichkeit hervorruft als Sex und Gewalt zwischen und an Kindern. Doch trotz Dutroux, trotz zahlreicher Diskussionen über die zunehmende Gewaltbereitschaft unter Kindern, trotz spektakulärer Aufdeckungen über Kindsmißbrauch will Simona Vinci nicht anklagen. Sie will nicht Kritik an Eltern üben, die ihre Kinder vielleicht zu viel alleine lassen, und sie will auch ganz bestimmt nicht die Psychologie von solchen Kindern erforschen, die zu sexueller Gewalt bereit sind.
Eine Gruppe von Kindern, drei Zehn- und zwei Vierzehnjährige, trifft sich regelmäßig in einem abgelegenen Schuppen. Dort erkunden sie, unter Anleitung des Gruppenführers Mirko, ihre Sexualität. Pornozeitschriften liefern den Kindern die Vorlage, und sonst wird fleißig geübt und zwar jeder mit jedem, besondere Zuneigungen darf es nicht geben. Mit Gefühlen und Liebe haben diese Erkundungen nämlich nichts zu tun. Es ist ein Spiel, ein verbotenes Spiel, wie die Kinder wissen. Simona Vinci dazu: "Ich wollte über eine Gruppe von Kindern schreiben, die eine Erfahrung machen: die Entdeckung der Sexualität. Diese Erfahrung kann nicht außerhalb der Erwachsenenwelt gemacht werden, sondern der Blick der Erwachsenen dringt in diese Welt. Aber ich wollte nicht über die Erwachsenen schreiben. Wenn ich den Erwachsenen eine größere Rolle gegeben hätte, wären Urteile gefällt worden. Ich möchte keine Urteile fällen, nicht einmal der Leser darf Urteile fällen, sondern er muß abwarten, was in der Geschichte geschieht."
Simona Vinci erzählt nicht linear. Geschickt verbindet sie Motive miteinander, setzt die Geschichte nach und nach wie ein Puzzle zusammen. Seltsam traumartig ist die Atmosphäre in dem Buch. Obwohl alles mit einer Lust am Detail beschrieben ist, bleibt das Geschehen unwirklich und unfaßbar. Dialoge finden nahezu gar nicht statt. Alles scheint sich wie von selbst zu vollziehen und wird nicht reflektiert. Mit stellenweise poetischer Sprache vermittelt die Autorin sehr sinnliche Eindrücke von der sommerlichen Natur, von ihren Düften, Farben und Geräuschen. Die Kinder sind wie Schemen in der flirrenden Hitze, ihr individuelles Äußeres ist nicht beschrieben. Mit sparsamen Strichen wird von jedem Kind lediglich ein knappes Charakterporträt skizziert - gerade genug, um die Kinder nicht völlig anonym zu belassen. "Ich habe mich weniger für die Psyche der einzelnen Charaktere interessiert, als vielmehr für die Gruppendynamik", erklärt Vinci. "Wichtiger ist, was innerhalb der Gruppe abläuft, also die Beziehungen zwischen den Kindern, als die einzelnen Kinder. Jedes Kind hat seine Rolle, jedes ist ein Symbol, wie zum Beispiel Martina: Sie ist das Auge, sie schildert das Geschehen aus ihrer Sicht. Mirko ist der Vermittler, der die Welt der Erwachsenen in die Welt der Kinder trägt. Und Greta ist das Opfer."
Immer wieder macht Simona Vinci deutlich, daß die Kinder nicht reif sind für das, was sie tun. Sie sind eben noch Kinder, noch nicht geschlechtsreif. Die Mädchen haben eine flache Brust, die Haut ist glatt und unbehaart, der ganze Körper ist mager und bewegt sich linkisch und eckig. Und trotz des grausamen Mordes am Ende bleiben die Kinder unschuldig - denn sie wissen nicht, was sie tun. Diese Kinder haben nie gelernt, richtig und falsch zu trennen, sie sind amoralisch und begreifen gar nicht, daß sie sich mit den physischen Grausamkeiten selbst überfordern. Da ist nur ein dumpfes Gefühl von Scham, Ekel, auch seelischem Schmerz. Eine Ahnung vielleicht, daß sie mit ihrem Tun nicht nur gegen die Regeln der Erwachsenenwelt verstoßen, sondern auch sich selbst verletzen. Doch es ist wie ein zwanghafter Mechanismus, der sich nicht mehr stoppen läßt. Alle spüren, daß dieses Spiel böse enden wird, doch keiner kann oder möchte es aufhalten. Zu groß ist die Faszination des Bösen, zu unsicher sind die Kinder in ihren Einschätzungen. Sie haben nicht das Selbstbewußtsein, das ihnen ihre eigenen Grenzen signalisierte.
Simona Vinci schildert den Skandal, der sich ereignet, in leisen Tönen. Auch an den intimsten und grausamsten Stellen bewahrt sie sich eine Zurückhaltung und Distanz in der Erzählhaltung, die fast schon unverschämt gleichgültig ist und die die Gefühle des Lesers um so stärker manipuliert. Ein erstaunlicher Erstling, ein Buch, das schmerzt. "Es gibt keine Befriedigung bei der Erzählung dieser Geschichte, insofern kann man nicht von Pornographie reden. Es ist kein Buch für Pädophile. Und wenn diese Kinder Monster sind, dann sind wir alle Monster."
Eine Gruppe von Kindern, drei Zehn- und zwei Vierzehnjährige, trifft sich regelmäßig in einem abgelegenen Schuppen. Dort erkunden sie, unter Anleitung des Gruppenführers Mirko, ihre Sexualität. Pornozeitschriften liefern den Kindern die Vorlage, und sonst wird fleißig geübt und zwar jeder mit jedem, besondere Zuneigungen darf es nicht geben. Mit Gefühlen und Liebe haben diese Erkundungen nämlich nichts zu tun. Es ist ein Spiel, ein verbotenes Spiel, wie die Kinder wissen. Simona Vinci dazu: "Ich wollte über eine Gruppe von Kindern schreiben, die eine Erfahrung machen: die Entdeckung der Sexualität. Diese Erfahrung kann nicht außerhalb der Erwachsenenwelt gemacht werden, sondern der Blick der Erwachsenen dringt in diese Welt. Aber ich wollte nicht über die Erwachsenen schreiben. Wenn ich den Erwachsenen eine größere Rolle gegeben hätte, wären Urteile gefällt worden. Ich möchte keine Urteile fällen, nicht einmal der Leser darf Urteile fällen, sondern er muß abwarten, was in der Geschichte geschieht."
Simona Vinci erzählt nicht linear. Geschickt verbindet sie Motive miteinander, setzt die Geschichte nach und nach wie ein Puzzle zusammen. Seltsam traumartig ist die Atmosphäre in dem Buch. Obwohl alles mit einer Lust am Detail beschrieben ist, bleibt das Geschehen unwirklich und unfaßbar. Dialoge finden nahezu gar nicht statt. Alles scheint sich wie von selbst zu vollziehen und wird nicht reflektiert. Mit stellenweise poetischer Sprache vermittelt die Autorin sehr sinnliche Eindrücke von der sommerlichen Natur, von ihren Düften, Farben und Geräuschen. Die Kinder sind wie Schemen in der flirrenden Hitze, ihr individuelles Äußeres ist nicht beschrieben. Mit sparsamen Strichen wird von jedem Kind lediglich ein knappes Charakterporträt skizziert - gerade genug, um die Kinder nicht völlig anonym zu belassen. "Ich habe mich weniger für die Psyche der einzelnen Charaktere interessiert, als vielmehr für die Gruppendynamik", erklärt Vinci. "Wichtiger ist, was innerhalb der Gruppe abläuft, also die Beziehungen zwischen den Kindern, als die einzelnen Kinder. Jedes Kind hat seine Rolle, jedes ist ein Symbol, wie zum Beispiel Martina: Sie ist das Auge, sie schildert das Geschehen aus ihrer Sicht. Mirko ist der Vermittler, der die Welt der Erwachsenen in die Welt der Kinder trägt. Und Greta ist das Opfer."
Immer wieder macht Simona Vinci deutlich, daß die Kinder nicht reif sind für das, was sie tun. Sie sind eben noch Kinder, noch nicht geschlechtsreif. Die Mädchen haben eine flache Brust, die Haut ist glatt und unbehaart, der ganze Körper ist mager und bewegt sich linkisch und eckig. Und trotz des grausamen Mordes am Ende bleiben die Kinder unschuldig - denn sie wissen nicht, was sie tun. Diese Kinder haben nie gelernt, richtig und falsch zu trennen, sie sind amoralisch und begreifen gar nicht, daß sie sich mit den physischen Grausamkeiten selbst überfordern. Da ist nur ein dumpfes Gefühl von Scham, Ekel, auch seelischem Schmerz. Eine Ahnung vielleicht, daß sie mit ihrem Tun nicht nur gegen die Regeln der Erwachsenenwelt verstoßen, sondern auch sich selbst verletzen. Doch es ist wie ein zwanghafter Mechanismus, der sich nicht mehr stoppen läßt. Alle spüren, daß dieses Spiel böse enden wird, doch keiner kann oder möchte es aufhalten. Zu groß ist die Faszination des Bösen, zu unsicher sind die Kinder in ihren Einschätzungen. Sie haben nicht das Selbstbewußtsein, das ihnen ihre eigenen Grenzen signalisierte.
Simona Vinci schildert den Skandal, der sich ereignet, in leisen Tönen. Auch an den intimsten und grausamsten Stellen bewahrt sie sich eine Zurückhaltung und Distanz in der Erzählhaltung, die fast schon unverschämt gleichgültig ist und die die Gefühle des Lesers um so stärker manipuliert. Ein erstaunlicher Erstling, ein Buch, das schmerzt. "Es gibt keine Befriedigung bei der Erzählung dieser Geschichte, insofern kann man nicht von Pornographie reden. Es ist kein Buch für Pädophile. Und wenn diese Kinder Monster sind, dann sind wir alle Monster."