Montag, 06. Mai 2024

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Von der Adria bis zum Atlantik

Von der Adria bis zur Atlantikküste bleibt die Fangflotte inzwischen im Hafen. Gegen die hohen Treibstoffpreise sind die Fischer zuerst in Frankreich in den Streik getreten, dann in Italien, Spanien und nun auch noch in Portugal. Unter allen EU-Ländern hat Portugal den höchsten Fischkonsum pro Kopf. Und obwohl die alte Seefahrerenation die Hälfte seines Fischbedarfs aus anderen Ländern deckt - so kommt der Bacalau inzwischen aus Norwegen - wird es dennoch eng auf der portugiesischen Speisekarte. Jochen Faget berichtet.

03.06.2008
    Selbst die Möwen im Hafen von Peniche sind sauer: Seit fünf Tagen liegen die Fischkutter an der Kaimauer, seit fünf Tagen gibt es keine Sardinenabfälle für sie. Portugals Fischer streiken, keines der rund 7000 Boote und Fangschiffe läuft aus. Humberto Jorge vom Fischereiverband von Peniche erklärt, warum:

    "Wir stehen ganz einfach mit dem Rücken zur Wand. Die Produktionskosten steigen wegen des Ölpreises ständig. Und die Einnahmen sind in den vergangenen 20 Jahren praktisch nicht gestiegen. Obendrein ist der Fischkonsum zurückgegangen, das heißt, die Preise könnten sogar noch fallen."

    Darum steht im mittelportugiesischen Fischereihafen Peniche alles still: Zwar brummt das Stromaggregat des Kühlhauses vor sich hin, doch die Fischversteigerungshalle ist geschlossen. Die Lagerhallen sind leer, die Fischhändler, die hier sonst hektisch Sardinen und Makrelen einkaufen, sind gar nicht erst gekommen. Die Fischer reparieren gelangweilt ihre Netze und Leinen. Adolfo José, 80 Jahre, erklärt:

    "Das Dieselöl ist einfach zu teuer. Und das heißt, dass wir fast nichts mehr verdienen. Es lohnt sich nicht mehr. Die Regierung muss eine Lösung finden. Die sollte entweder die Steuern senken, oder den Treibstoffpreis. Aber jetzt steht erst mal alles still."

    Seit seinem 14. Lebensjahr arbeitet Senhor Adolfo als Fischer, hat dann vor rund zehn Jahren mit seinen Brüdern die "Praia Rosa" gekauft. Alles lief gut, bis der Dieselpreis zu steigen begann, erzählt der Mann mit weißem Stoppelbart und tiefen Furchen im Gesicht.

    "Vor zwei Monaten hat das Dieselöl noch 50 Cent gekostet, jetzt liegt der Preis bei über 80 Cent. Und je teurer das Dieselöl, desto weniger verdienen wir. Je teurer der Treibstoff, desto geringer unser Gewinn. Und im Augenblick gewinnen wir gar nichts."

    In den vergangenen drei Jahren hat der Treibstoffpreis sich fast vervierfacht. Darum fordern Portugals Fischer jetzt Hilfen vom Staat. Portugals Fischereiminister Jaime Silva hat prompt auch schon Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Nur will er eine Lösung auf EU-Ebene und sich deshalb mit seinen Kollegen der anderen Mitgliedsstaaten koordinieren.

    Das aber kann noch dauern. Und in der Zwischenzeit wissen die Fischer von Peniche nicht, wie sie über die Runden kommen sollen. Denn sie verdienen keinen festen Lohn, sondern nur einen Anteil am Fang. Der Fischer Mário Soares klagt:

    "Statt zwei trockenen Brötchen essen wir jetzt eben nur eines. Wir müssen den Gürtel eben noch enger schnallen. Und notfalls eben betteln gehen. Das Fischerleben ist sehr kompliziert."

    Und darum zeigen fast alle Bewohner des Fischereistädtchens Peniche Sympathie mit den Fischern, unterstützen den Streik. Selbst Clara Grilo, die Wirtin des Fischrestaurants Marinheiro, keine 500 Meter vom Fischereihafen entfernt meint:

    "Der Streik ist schlecht für den ganzen Ort, denn Peniche lebt vom Fisch. Aber die Fischer werden schon wissen, was sie tun, die haben schon Recht. Ich hoffe nur, dass der Streik nicht viel länger dauert. Im Augenblick habe ich zwar noch Fisch für meine Gäste. Aber der reicht nicht mehr lange."