Die Leute in Orange sind vor den Grünen da. Vor dem Mainzer Landtag kratzt eine Gruppe Straßenfeger das Eis vom Zebrastreifen. Die Männer schauen kurz auf, als neben ihnen zwei Personen stehen bleiben. Kein Grund, die Arbeit zu unterbrechen.
"Nein, kenne ich nicht."
Die beiden sind nicht irgendwelche Passanten: Es sind Eveline Lemke und Daniel Köbler, die beiden Spitzenkandidaten der Grünen in Rheinland-Pfalz. Köbler ist 29 Jahre alt, gelernter Politikwissenschaftler. Er ist der Zurückhaltende im Spitzentandem, sachlich und faktenorientiert. Die temperamentvollere Kauffrau Eveline Lemke ist Mitte 40, vierfache Mutter – und war mit 40 deutsche Aerobic-Vizemeisterin, wie sie auf ihrer Homepage stolz verkündet. Welche Ministerposten sie gerne übernehmen würden, verraten sie noch nicht.
Etwa 100 Meter Luftlinie vom rheinland-pfälzischen Landtag entfernt, enthüllen Köbler und Lemke ein Schild, das sie mitgebracht haben: "Der Countdown läuft", ist darauf zu lesen. Darunter Zahlen.
Köbler: "100 Tage, 6 Stunden, 51 Minuten und 44 Sekunden, dann werden die Wahllokale geschlossen und dann ist klar, die Grünen sind wieder im Landtag Rheinland-Pfalz."
Lemke: "Davon sind wir überzeugt."
Noch müssen sie aber draußen bleiben und Abstand vom Landtag halten mit ihrem Schild. Das ist die Bannmeile, die politische Demonstrationen verbietet.
Dabei ist es gut möglich, dass die beiden Demonstranten in rund vier Monaten nicht nur im Parlament, sondern vielleicht auch gleich auf der Regierungsbank sitzen werden. Die Umfragen für die Grünen sind prächtig. In den jüngsten Erhebungen rangieren sie in Rheinland-Pfalz zwischen 11 und 16 Prozent.
Der Grund: Der gute Bundestrend der Grünen, aber auch Finanz- und Bauskandale von SPD und CDU im Land sowie eine zerstrittene Linkspartei, die wie die FDP um den Einzug ins Parlament bangen muss.
Mit wem sie nach der Wahl koalieren wollen, - ob mit den Schwarzen oder den Roten – Lemke und Köbler legen sich noch nicht fest – auch wenn beide Parteien bereits Interesse signalisiert haben.
Gleich nebenan ist für die Wintermonate eine Eisbahn aufgebaut worden. Vor allem Kinder tummeln sich dort. Die Mütter stehen am Rand, schauen auf das Eis und den dahinter liegenden Landtag. Kennen wenigstens sie die Spitzenkandidaten der Grünen? Die Mütter zucken mit den Achseln. Nein, - weder die Namen noch die Gesichter:
"Frau 1:
Ne, leider nicht, ne leider nicht.
Frau 2:
Ne, was die auf Landesebene vorhaben oder machen wollen, kann ich auch nichts zu sagen, ne.
Frau 3:
Mir sagt das überhaupt nix."
Das ist nicht schön für die Wahlkämpfer, beunruhigt sein müssen sie deswegen aber nicht. Warum auch? Sie schwimmen auf der Erfolgswelle mit, die seit Wochen die Ökopartei bundesweit trägt. Ob bekannt oder nicht – Eveline Lemke legt sowieso keinen Wert auf einen Kult um ihre Person:
"Es ist uns wichtig, die Inhalte und nicht das Personal und die Köpfe so im Vordergrund zu sehen, das wird auch unseren Wahlkampf kennzeichnen. Wir sind sehr vielschichtig unterwegs, wir sind bunt und vielfältig mit unseren Mitgliedern, mit unseren Freundinnen und Freunden, die uns unterstützen in diesem Vorhaben und für die auch der Kopf nicht immer ganz so wichtig ist. Die Sache muss vorankommen, in diesem Sinne sind dann auch wir beide ganz uneitel unterwegs."
Doch passend zum winterlichen Wahlkampf an der Eisbahn: Es deuten sich Themen an, mit denen sich die Grünen auf Glatteis begeben.
Lemke: "Sie können rein theoretisch mit allen Themen auf das Glatteis geraten."
Rutschgefahr birgt für die Grünen etwa der geplante Abbau von Bundeswehrstandorten in Rheinland-Pfalz. Dagegen laufen Bürgermeister in Eifel und Hunsrück Sturm, unterstützt vom SPD-Ministerpräsidenten Kurt Beck. Die Grünen wollen da eine klare Position beziehen, sagen sie, auch wenn das in Rheinland-Pfalz, einem Land mit besonders vielen Kasernen, nicht überall gut ankommt. Daniel Köbler:
"Diese militärische Infrastruktur, sei es von der Bundeswehr, sei es von den US-Streitkräften, die wird in Zukunft so nicht mehr vorzuhalten sein, das ist auch eine Frage des effektiven Einsatzes von Steuergeldern. Lieber eine zukunftsfähige Konversion entwickeln vor Ort, als die Vergangenheit durch Subventionen aufrecht zu erhalten, die so nicht zukunftsfähig ist."
Hinter der Theke einer Verkaufsbude neben der Eisbahn beobachtet ein Mann aufmerksam die Szene. Er will seinen Namen nicht nennen, findet es aber gut, dass die rheinland-pfälzischen Grünen gegen die geplante Brücke im Weltkulturerbe Mittelrheintal kämpfen:
"Ja, das ist gut. Meine Familie kommt ursprünglich von der Mosel, und an der Mosel sollte es nicht sein, dass man da unnötig Brücken baut. Und auch die Brücke im Mittelrheintal, die ja am Rhein geplant ist, ist mir schon klar, die sollte auch nicht sein. Das ist unser Weltkulturerbe, das sollte nicht verschandelt werden."
Mit dem Protest gegen neue Verkehrsgroßprojekte können die Grünen in Rheinland-Pfalz wohl punkten. Doch wenn sie im ersten Anlauf auf die Regierungsbank schaffen sollten, werden sie es mit einem Koalitionspartner zu tun haben, der auf den Ausbau der Regionalflughäfen im Land setzt. Egal ob der Koalitionspartner SPD oder CDU heißt. Wenn es um die Zukunft des Billigflughafens Hahn im Hunsrück geht, ist politischer Streit programmiert. Daniel Köbler:
"Auch für den Hahn muss gelten, was für alle Flughäfen gilt. Sie dürfen nicht auf Dauer von Steuergeldern abhängig sein. Der Hahn ist nun mal da, aber er darf nicht dauerhaft über staatliche Subventionen finanziert werden, der Staat muss da Schritt für Schritt raus."
Doch dafür müssen die Grünen erstmal rein – in den Landtag gegenüber. 100 Tage vor der Wahl haben die Grünen die Bannmeile noch eingehalten und den Fußweg ins Parlament nicht benutzt, den ihnen die Mainzer Müllmänner freigekratzt haben.
"Nein, kenne ich nicht."
Die beiden sind nicht irgendwelche Passanten: Es sind Eveline Lemke und Daniel Köbler, die beiden Spitzenkandidaten der Grünen in Rheinland-Pfalz. Köbler ist 29 Jahre alt, gelernter Politikwissenschaftler. Er ist der Zurückhaltende im Spitzentandem, sachlich und faktenorientiert. Die temperamentvollere Kauffrau Eveline Lemke ist Mitte 40, vierfache Mutter – und war mit 40 deutsche Aerobic-Vizemeisterin, wie sie auf ihrer Homepage stolz verkündet. Welche Ministerposten sie gerne übernehmen würden, verraten sie noch nicht.
Etwa 100 Meter Luftlinie vom rheinland-pfälzischen Landtag entfernt, enthüllen Köbler und Lemke ein Schild, das sie mitgebracht haben: "Der Countdown läuft", ist darauf zu lesen. Darunter Zahlen.
Köbler: "100 Tage, 6 Stunden, 51 Minuten und 44 Sekunden, dann werden die Wahllokale geschlossen und dann ist klar, die Grünen sind wieder im Landtag Rheinland-Pfalz."
Lemke: "Davon sind wir überzeugt."
Noch müssen sie aber draußen bleiben und Abstand vom Landtag halten mit ihrem Schild. Das ist die Bannmeile, die politische Demonstrationen verbietet.
Dabei ist es gut möglich, dass die beiden Demonstranten in rund vier Monaten nicht nur im Parlament, sondern vielleicht auch gleich auf der Regierungsbank sitzen werden. Die Umfragen für die Grünen sind prächtig. In den jüngsten Erhebungen rangieren sie in Rheinland-Pfalz zwischen 11 und 16 Prozent.
Der Grund: Der gute Bundestrend der Grünen, aber auch Finanz- und Bauskandale von SPD und CDU im Land sowie eine zerstrittene Linkspartei, die wie die FDP um den Einzug ins Parlament bangen muss.
Mit wem sie nach der Wahl koalieren wollen, - ob mit den Schwarzen oder den Roten – Lemke und Köbler legen sich noch nicht fest – auch wenn beide Parteien bereits Interesse signalisiert haben.
Gleich nebenan ist für die Wintermonate eine Eisbahn aufgebaut worden. Vor allem Kinder tummeln sich dort. Die Mütter stehen am Rand, schauen auf das Eis und den dahinter liegenden Landtag. Kennen wenigstens sie die Spitzenkandidaten der Grünen? Die Mütter zucken mit den Achseln. Nein, - weder die Namen noch die Gesichter:
"Frau 1:
Ne, leider nicht, ne leider nicht.
Frau 2:
Ne, was die auf Landesebene vorhaben oder machen wollen, kann ich auch nichts zu sagen, ne.
Frau 3:
Mir sagt das überhaupt nix."
Das ist nicht schön für die Wahlkämpfer, beunruhigt sein müssen sie deswegen aber nicht. Warum auch? Sie schwimmen auf der Erfolgswelle mit, die seit Wochen die Ökopartei bundesweit trägt. Ob bekannt oder nicht – Eveline Lemke legt sowieso keinen Wert auf einen Kult um ihre Person:
"Es ist uns wichtig, die Inhalte und nicht das Personal und die Köpfe so im Vordergrund zu sehen, das wird auch unseren Wahlkampf kennzeichnen. Wir sind sehr vielschichtig unterwegs, wir sind bunt und vielfältig mit unseren Mitgliedern, mit unseren Freundinnen und Freunden, die uns unterstützen in diesem Vorhaben und für die auch der Kopf nicht immer ganz so wichtig ist. Die Sache muss vorankommen, in diesem Sinne sind dann auch wir beide ganz uneitel unterwegs."
Doch passend zum winterlichen Wahlkampf an der Eisbahn: Es deuten sich Themen an, mit denen sich die Grünen auf Glatteis begeben.
Lemke: "Sie können rein theoretisch mit allen Themen auf das Glatteis geraten."
Rutschgefahr birgt für die Grünen etwa der geplante Abbau von Bundeswehrstandorten in Rheinland-Pfalz. Dagegen laufen Bürgermeister in Eifel und Hunsrück Sturm, unterstützt vom SPD-Ministerpräsidenten Kurt Beck. Die Grünen wollen da eine klare Position beziehen, sagen sie, auch wenn das in Rheinland-Pfalz, einem Land mit besonders vielen Kasernen, nicht überall gut ankommt. Daniel Köbler:
"Diese militärische Infrastruktur, sei es von der Bundeswehr, sei es von den US-Streitkräften, die wird in Zukunft so nicht mehr vorzuhalten sein, das ist auch eine Frage des effektiven Einsatzes von Steuergeldern. Lieber eine zukunftsfähige Konversion entwickeln vor Ort, als die Vergangenheit durch Subventionen aufrecht zu erhalten, die so nicht zukunftsfähig ist."
Hinter der Theke einer Verkaufsbude neben der Eisbahn beobachtet ein Mann aufmerksam die Szene. Er will seinen Namen nicht nennen, findet es aber gut, dass die rheinland-pfälzischen Grünen gegen die geplante Brücke im Weltkulturerbe Mittelrheintal kämpfen:
"Ja, das ist gut. Meine Familie kommt ursprünglich von der Mosel, und an der Mosel sollte es nicht sein, dass man da unnötig Brücken baut. Und auch die Brücke im Mittelrheintal, die ja am Rhein geplant ist, ist mir schon klar, die sollte auch nicht sein. Das ist unser Weltkulturerbe, das sollte nicht verschandelt werden."
Mit dem Protest gegen neue Verkehrsgroßprojekte können die Grünen in Rheinland-Pfalz wohl punkten. Doch wenn sie im ersten Anlauf auf die Regierungsbank schaffen sollten, werden sie es mit einem Koalitionspartner zu tun haben, der auf den Ausbau der Regionalflughäfen im Land setzt. Egal ob der Koalitionspartner SPD oder CDU heißt. Wenn es um die Zukunft des Billigflughafens Hahn im Hunsrück geht, ist politischer Streit programmiert. Daniel Köbler:
"Auch für den Hahn muss gelten, was für alle Flughäfen gilt. Sie dürfen nicht auf Dauer von Steuergeldern abhängig sein. Der Hahn ist nun mal da, aber er darf nicht dauerhaft über staatliche Subventionen finanziert werden, der Staat muss da Schritt für Schritt raus."
Doch dafür müssen die Grünen erstmal rein – in den Landtag gegenüber. 100 Tage vor der Wahl haben die Grünen die Bannmeile noch eingehalten und den Fußweg ins Parlament nicht benutzt, den ihnen die Mainzer Müllmänner freigekratzt haben.