Sonntag, 05. Mai 2024

Archiv


Von der Industrie an die Hochschule

Die HafenCity Universität ist eine staatliche Hochschule, die sich auf die Studiengänge Architektur, Metropolenentwicklung und Stadtplanung spezialisiert hat. Der Öffentlichkeit wurde der neue Präsident der Universität vorgestellt.

Von Verena Herb | 07.09.2010
    "Die Chancen überwiegen die Risiken – sonst wäre ich nicht da!"

    Erklärt Walter Pelka – ab 1. Oktober neuer Präsident der HafenCity Universität Hamburg. Der 56-Jährige gibt sich optimistisch, euphorisch und sorgt bei der Wissenschaftssenatorin für viel Lob: Walter Pelka verfüge über ein großes kommunikatives Talent, wird Herlind Gundelach nicht müde zu sagen. Man hat sich für ihn als Nachfolger des noch amtierenden Präsidenten Steven Spier entschieden,

    "weil er genau auch die Chancen sieht, weshalb wir uns auch nachdrücklich für die HCU eingesetzt haben, und ich mich auch im letzten Jahr dafür eingesetzt habe, dass wir diesen Neubau für die HCU bekommen."

    Die Hafen City Universität, kurz HCU, ist eine besondere Hochschule: Sie wurde 2006 gegründet, und zwar aus vier Fachbereichen von drei Hamburger Hochschulen. Ihr Fokus liegt auf Bauen und Metropolenentwicklung: also Architektur, Bauingenieurwesen, Stadtplanung und Kultur der Metropole. Diese thematische Fokussierung ist in Europa einzigartig.

    Zudem ist die Hochschule nach angelsächsischem Prinzip aufgebaut. Das heißt, es gibt keine Fakultäten oder Institute, sondern statt dessen eine Bachelor School und eine Master School sowie eine Research-School für die Postgraduierten und die Forschung.

    Die Gründungsphase der HCU sei nun, nach vier Jahren abgeschlossen, so Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach. Jetzt gehe es darum, das Profil dieser staatlichen Institution weiter zu schärfen. Walter Pelka:

    "Das Profil soll eben doch eine Hochschule rund um den Bau und um die Metropole werden. Sie soll qualitativ hochwertig sein, wir müssen sicherlich als kleinere Hochschule gerade auf Qualität achten. Und vor allen Dingen wird eins dieser Kennzeichen sein: interdisziplinäre und fachübergreifende Zusammenarbeit."

    Walter Pelka selbst ist von Hause aus Bauingenieur. Er studierte und promovierte an der RWTH Aachen, leitete dort in den 80er-Jahren den Forschungsbereich Grundwasser, bevor er 1986 zu einer beratenden Ingenieursgesellschaft wechselte: raus aus dem universitären Betrieb, hinein in die Privatwirtschaft:

    "Das war damals so der Traum jedes jungen Ingenieurs, so ein bißchen Peter Stuyvesant – der Duft der großen, weiten Welt. Man kam ins Ausland, man konnte schöne große Projekte machen. Man hat eine Masse dort gelernt."

    Seit 2006 war – und ist Walter Pelka, zumindest noch bis zum 1. Oktober, Geschäftsführer der DEKRA Industrial GmbH, dem Prüf- und Zertifizierungsbereich der DEKRA-Gruppe. Ein Praktiker also, der jetzt nach 20 Jahren Abstinenz an eine Hochschule zurückkehrt. So dass sich durchaus die Frage stellt,

    "Warum, Pelka, gibst Du eine so tolle Position in der Industrie auf und gehst an die Hochschule?"

    Eine richtige Antwort gibt der neue Präsident nicht – außer, dass er viel Potential in der HCU sieht und auf Ko-Edukation setzt:

    "Was ich an der HCU eben sehe, ist, dass wir dort eben die Menschen früher zusammenbringen können, die Bauingenieure müssen eben genau lernen, dass Architekten keine verspleenten Spinner sind, die sich selbst verwirklichen wollen, und dass Bauingenieure keine trockenen Number-Cruncher sind, die von Design und von Kultur keine Ahnung haben."

    Er will Multitasker ausbilden, so Pelka. Längst ist die noch junge Universität nicht im Bewusstsein der Stadt verankert. Was sich auch daran zeigt, dass es verschiedene Standorte über die ganze Stadt verteilt gibt. Zwar ist ein Neubau für die Universität geplant, der auch von der Hamburger Bürgerschaft im letzten Jahr beschlossen wurde. Doch der Grundstein ist nach wie vor nicht gelegt. Walter Pelka, der das Interdisziplinäre an der HCU weiter fördern will, ist sich dieses Problems bewusst und macht deutlich:

    "Wenn man nicht in ein Gebäude kommt, dann werden sie diese Synergieeffekte nicht heben können. Einfach aus dem Grund: Sie können Architekten und Bauingenieure nicht zusammen bringen, wenn die sieben Kilometer auseinander sitzen. Dann treffen die sich nicht mal in der Kantine. Und man kann Zusammenarbeit nicht befehlen, sondern die muss sich entwickeln."

    Walter Pelka übernimmt die Leitung der Hochschule in Zeiten leerer Kassen. Gerade laufen die Haushalts- und Sparklausuren im Hamburger Senat. Dass auch im Wissenschafts- und Hochschulressort gespart werden muss, weiß Herlind Gundelach nur zu gut. Sie betont jedoch, dass es zum Bau des HCU-Gebäudes, was immerhin rund 66 Millionen Euro kosten wird, kommt.

    "Ich habe gesagt, ich überschreite diesen Kostenrahmen nicht. Ich habe für diesen Kostenrahmen gekämpft und habe gesagt, wir können das mit diesem Kostenrahmen bauen. Und dazu stehe ich."

    Wenn Walter Pelka am 1. Oktober sein Amt übernimmt, wird es wohl noch einige Wochen dauern, eh der erste Spatenstich für das neue Gebäude getan wird. Also heißt es für ihn: abwarten.