In den Schwarz-Weiß-Bildern einer Videokamera zieht eine leblose Stadtlandschaft über die große Leinwand auf der Vorderbühne: Wir sehen Architekturmodelle, Skelette von Häusern ohne Menschen, Modellautos und Modellbusse, bevor der erste Schauspieler durch die von vielen Schlitzen geteilten Leinwand tritt. Stefan Pucher konfrontiert auch dieses Mal wieder den leibhaftigen Akteur mit seinem virtuellen Double und collagiert in Bild und Ton Themen und Elemente um den berühmten Film von Fritz Lang. Michaela Steiger tritt im goldenen Abendkleid und tiefem Ausschnitt auf und verkörpert so etwas wie die verruchten End-20er Jahre mit ihrem Kontrast von Luxus der Wenigen und Elend der Vielen. Dann geraten sich zwei Herren in die Haare, jeder verdächtigt jeden auf der Suche nach einem Kindermörder. Einige Bilder aus dem Originalfilm mischen sich unter verhuschte Videoaufnahmen des heutigen Berlin, und Ausschnitte aus einem späten Interview mit Fritz Lang überlagern die belanglose Stadtansichten. Pucher versucht mit seinen vier Akteuren also gar nicht erst, den komplex gebauten Film des großen Filmregisseurs auf der Bühne nachzuerzählen, die allmähliche Verdichtung der Konfrontation des einen Gejagten und der zum Lynchmord bereiten Masse. Die Filmgeschichtsschreibung sah in dem Meisterwerk von 1931 bekanntlich die prophetische Vorwegnahme einer durch Ängste korrumpierten Nazi-Gesellschaft, ein Verschwinden subjektiver Bedenken in kollektiver Hysterie. Fast zwei Stunden Zeit nahm sich der Film einst dafür, während Pucher in gerade einmal 75 Minuten nur noch aktualisierende Themenelemente übrig behält: In einem konfusen Monolog erzählt Daniel Lommatzsch von einem Mann arabischen Aussehens in einem Flugzeug und seiner Angst vor einem Terroranschlag.
Da erzählt jemand von einer zeitgenössische Paranoia, seiner Angsterfahrung auf einer Flugreise. Das hat natürlich entfernt auch irgendwie etwas mit der Angst vor einem Kindermörder zu tun. Aber nur eben sehr irgendwie, denn was Fritz Lang erzählte, war das Einbrechen des Unheimlichen in das unmittelbare gesellschaftliche Umfeld, was Pucher erzählt, ist ein von außen in die Köpfe dringendes und medial wach gehaltenes Unbehagen, das heimische Massenmörder wie Fritz Haarmann oder Peter Kürten nicht mehr braucht, die das Klima prägten, in dem Langs Film entstand. Die seit dem September 2001 grassierende Terrorangst ist doch eher eine Reaktion auf den Bilderimport aus den USA und hat wenig gemein mit der Angst vor der nächsten Straßenecke, von der die Filmfiguren in "M" erzählen. Wie auch immer beliebt der Kurzschluss mit dem Berlin der Vor-Nazi-Zeit für heutige Künstler sein mag, auch er geht hier wieder in die Irre. Aus den lustigen, verwackelten Bildern vom heutigen Berlin-Mitte mit seiner Touristengemütlichkeit lässt sich beim besten Willen kein bedrohlicher Moloch, kein Dickicht der Städte, kein Metropolis herauslesen.
Und Peter Kurth? Ihn hätte man gerne als Peter Lorre in diesem Remake oder besser Remix wirklich in der Rolle des Kindermörders gesehen, aber wenn er die berühmten Passagen spricht, mit denen Lorre vor dem Tribunal der Ganoven seine Obsession offenbart, ist er fast tonlos, distanziert, ironisch. Nur einmal ist die Aufführung für einen kurzen Moment berührend. Wenn der stämmige Akteur allein an einem kleinen Caféhaustischchen auf der Vorderbühne sitzt und verloren vor sich hin singt:
Wenn er auf Pop-Material aus dem heimischen Plattenschrank zurückgreifen kann, trifft Stefan Pucher einen Moment der Verlorenheit. Er ist ein Regisseur, der ausschließlich aus Medien, Pop und aus Gegenwart besteht. Er dachte, der 77 Jahre alte Fritz Lang Film "M" sei auch Pop, aber das war ein Irrtum.
Da erzählt jemand von einer zeitgenössische Paranoia, seiner Angsterfahrung auf einer Flugreise. Das hat natürlich entfernt auch irgendwie etwas mit der Angst vor einem Kindermörder zu tun. Aber nur eben sehr irgendwie, denn was Fritz Lang erzählte, war das Einbrechen des Unheimlichen in das unmittelbare gesellschaftliche Umfeld, was Pucher erzählt, ist ein von außen in die Köpfe dringendes und medial wach gehaltenes Unbehagen, das heimische Massenmörder wie Fritz Haarmann oder Peter Kürten nicht mehr braucht, die das Klima prägten, in dem Langs Film entstand. Die seit dem September 2001 grassierende Terrorangst ist doch eher eine Reaktion auf den Bilderimport aus den USA und hat wenig gemein mit der Angst vor der nächsten Straßenecke, von der die Filmfiguren in "M" erzählen. Wie auch immer beliebt der Kurzschluss mit dem Berlin der Vor-Nazi-Zeit für heutige Künstler sein mag, auch er geht hier wieder in die Irre. Aus den lustigen, verwackelten Bildern vom heutigen Berlin-Mitte mit seiner Touristengemütlichkeit lässt sich beim besten Willen kein bedrohlicher Moloch, kein Dickicht der Städte, kein Metropolis herauslesen.
Und Peter Kurth? Ihn hätte man gerne als Peter Lorre in diesem Remake oder besser Remix wirklich in der Rolle des Kindermörders gesehen, aber wenn er die berühmten Passagen spricht, mit denen Lorre vor dem Tribunal der Ganoven seine Obsession offenbart, ist er fast tonlos, distanziert, ironisch. Nur einmal ist die Aufführung für einen kurzen Moment berührend. Wenn der stämmige Akteur allein an einem kleinen Caféhaustischchen auf der Vorderbühne sitzt und verloren vor sich hin singt:
Wenn er auf Pop-Material aus dem heimischen Plattenschrank zurückgreifen kann, trifft Stefan Pucher einen Moment der Verlorenheit. Er ist ein Regisseur, der ausschließlich aus Medien, Pop und aus Gegenwart besteht. Er dachte, der 77 Jahre alte Fritz Lang Film "M" sei auch Pop, aber das war ein Irrtum.