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Von der Nische zum Volkssport

Triathlon ist längst auf dem Weg zur Massenbewegung. Über 30.000 Mitglieder hat die Deutsche Triathlon Union, damit ist sie nach eigenen Angaben zweitgrößter Verband der Welt. Dabei sind längst nicht alle Triathleten im Verband organisiert. Bei den etwa 1000 Veranstaltungen sollen pro Jahr etwa 200.000 Athleten ins Rennen gehen.

Von Daniel Drepper | 01.08.2010
    Allein für dieses Wochenende führt die Deutsche Triathlon Union auf ihrer Webseite 15 Wettkämpfe: vom Allgäu-Triathlon in Bayern bis zum Ostseeman in Schleswig-Holstein. Im ganzen Jahr sind es laut Verband etwa 1000 Veranstaltungen. Dabei war Triathlon vor einigen Jahren noch einer kleinen Ausdauer-Elite vorbehalten. Triathlon, das war der Ironman Hawaii. Für den Normalo unvorstellbar. Heute tummelt sich jung und alt, dick und dünn auf Carbon-Rennrädern und Trekking-Bikes in den Wechselzonen der Städte und Dörfer.

    Roland Knoll war lange selbst Triathlet, seit knapp 2009 ist er Bundestrainer der Männer. Vor einigen Jahren hätte er eine solche Entwicklung nicht vorhergesagt:

    "Ja es war dann schon ein bisschen überraschend, dass es dann so, so schnell ging, dass es im Prinzip im Moment ein bisschen so eine Trendsportart geworden ist, dass viele, viele Leute das probieren wollen. Wir waren ja immer eher bekannt für die Ironman-Szene und das hat den Normalbürger dann ja doch eher ein bisschen abgeschreckt."

    Gesund leben, Sport treiben, fit sein ist in. Triathlon als Natursport kommt vielen entgegen. Freizeit-Triathleten sind oft ehemalige Läufer, die die Abwechslung suchen. Der Einstieg im Sprint- oder Kurztriathlon kommt da genau recht. Andere wollen sich mit dem Triathlon den Status des Besonderen geben. Ein Triathlon, in diesem Fall am besten ein Ironman, ist etwas für den Lebenslauf.

    Die Magazine "triathlon" und "triathlon training" verkaufen sich fast 40.000 Mal pro Ausgabe. Und auch bei Sponsoren ist Triathlon im Trend. Nach einer Umfrage der Agentur "pilot" zählt Triathlon zum zweiten Mal in Folge zu den fünf von der Werbung meistgeliebten Sportarten.

    Auch wenn manch ein Veranstalter glaubt, dass das aktuelle Hoch wieder abflauen wird, ist Bundestrainer Knoll optimistisch:

    "Ja, also ich denke schon, dass es im Moment so ist, dass es noch aufwärts geht. Das geht wahrscheinlich zwei, maximal drei Jahre noch so. Und dann wird es sich hoffentlich auf einem stabilen Niveau stabilisieren dann. Man hat das ja immer bei Sportarten, dass die eine Zeit lang unheimlich populär sind, früher beim Tennis war es ja ganz extrem zu Zeiten von Becker und Graf. Dann verflacht das so ein bisschen und teilweise kommt es auch zu einem Einbruch. Aber ich denke das hängt sehr, sehr stark damit zusammen, wie erfolgreich Athleten sind."

    Beginnend mit dem Olympiasilber von Stephan Vuckovic im Jahr 2000, aus Verbandssicht noch eher ein Zufallsprodukt, etablierten sich die Deutschen in der olympischen Weltspitze. Bundestrainer Knoll arbeitet mit einigen Athleten am Olympiastützpunkt Saarbrücken. Hier werden auch alle von der Bundeswehr geförderten Triathleten untergebracht.

    Jugendstützpunkte, an denen aber auch ältere Athleten trainieren, gibt es außerdem in Potsdam und Neubrandenburg. Neu aufgebaut werden Zentren in Freiburg und Essen. Jeder Landesverband hat zudem einen eigenen Stützpunkt. Die Arbeit trägt Früchte. Bei den Männern gibt es in der DTU mittlerweile ein halbes Dutzend international konkurrenzfähige Athleten.

    Diese rennen seit dem vergangenen Jahr in einer siebenteiligen Serie um den WM-Titel über die Kurzdistanz. Das übertragen in Deutschland ARD und ZDF. Doch ob die vom Live-Publikum so geliebte Sportart langfristig auch vom Fernsehzuschauer angenommen wird, ist längst noch nicht sicher. Deshalb hoffen die Verantwortlichen der DTU auf Veränderungen:

    "Es gibt dort viele Möglichkeiten. Man kann die Distanz halbieren, dann sprechen wir von der klassischen Sprintdistanz, die normal die Junioren absolvieren, die dann ungefähr eine Stunde dauert. Dann könnte man das ganze natürlich noch mal halbieren, noch mal kürzer machen und vielleicht auch zwei Mal hintereinander durchführen. Oder halt noch extrem verkürzen, dass man im Prinzip so eine Art Prolog-Geschichte macht zum Beispiel an einem Wochenende am Freitag und dann am Sonntag nach den Rückständen erst das normale Rennen startet."

    Triathlon pflegte einst als einsame Herausforderung den Mythos Ironman. Nun soll der Dreikampf in seiner kurzen Version ein Mediensport werden. Das Vorbild ist der Biathlon. Die Vermarktungschancen dürften auf Dauer so schlecht nicht sein.

    Doch wo viel Licht ist, da ist auch Schatten. Triathlon vereint mit Schwimmen, Radfahren und Laufen drei der dopinganfälligsten Sportarten. Schon mehrfach hat der Triathlon Dopingschlagzeilen produziert.

    Stephan Vuckovic, Silbergewinner bei der Olympiapremiere in Sydney, steht nach schweren Anschuldigungen unter dem Verdacht, EPO genommen zu haben. Nina Kraft, 2004 kurzzeitig die erste deutsche Hawaii-Siegerin, wurde des EPO-Dopings überführt. Und Lothar Leder, erster Ironman-Sieger in einer Zeit unter acht Stunden, konnte seine verdächtigen Blutwerte vom Ironman Frankfurt im Jahr 2007 nie vollständig aufklären.

    Spätestens mit dem Geständnis der Österreicherin Lisa Hütthaler aus dem Jahr 2008 liegt der Verdacht nahe, dass es im Triathlon ähnlich zugeht, wie im dopingdurchdrungenen Radsport.