Von der Sorbonne über Bologna nach Prag
Bildung soll nicht von der Europäischen Union harmonisiert werden, so der Maastrichter Vertrag. Doch die Mitgliedsländer vereinheitlichen die Studienstrukturen mittlerweile freiwillig. 1998 trafen sich Wissenschaftsminister nicht nur aus der europäischen Union, sondern aus 29 Staaten in der Pariser Sorbonne, dann 1999 in Bologna. Sie beschlossen, Studiengänge und Abschlüsse gleichzustellen: drei Jahre bis zum Bachelor, zwei Jahre bis zum Master und noch einmal drei Jahre bis zur Promotion. Das nächste Treffen finde im Mai in Prag statt. Aus diesem Anlass hat die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) einige Experten im Vorfeld zu einem Gespräch eingeladen. Vom 16. bis zum 18. März wurde in der Nähe von Berlin über die Erwartungen an den Europäisierungsprozess gesprochen. Referent Wolf-Michael Catenhusen, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesbildungsministerium: "Die Studierenden werden einen Vorteil von Prag haben, weil da ein Erfahrungsaustausch von europäischen Ländern sehr nüchtern darüber stattfinden wird, wie die ersten Schritte zur Umsetzung der gegliederten Studiengänge mit Bachelor und Master aussehen, wie man konkret auch berufspraktische Orientierungen von Kurzstudiengängen organisieren kann und je praktischer diese Diskussion geführt wird, um so mehr haben die Studierenden davon, denn das hilft, bei der Einführung Fehler zu vermeiden." 600 von 8500 sind nach dem europäischen Muster von Bachelor und Master gestrickt. Stefan Bienefeld, deutscher Vertreter in einem europäischen Zusammenschluss von Studierendenverbänden merkt dazu kritisch an, dass hier das dänische Beispiel keine Schule machen soll:" Der Bachelor ist im Hauruckverfahren eingeführt worden. Die Studierenden in Dänemark sind nicht glücklich mit dem System." Die nächste Stufe der Vereinheitlichung wird im Mai in Prag verhandelt: Studienleistungen sollen nicht mehr in Scheinen und Noten bewertet werden, sondern in Credti-Points, also nach einem Punktesystem. Der Blick der Bildungsgewerkschaftler geht jetzt schon über Prag und Europa hinaus, nach Seattle, zum Sitz der Welthandelsorganisation. Ein Abkommen zur Liberalisierung des Handels für Dienstleistungen ist dort beschlossene Sache. Auch die Bundesrepublik soll beitreten. Deutschland würde dadurch zu einem offenen Markt für Bildungsanbieter aus dem In- und Ausland.