Archiv


Von der Spielhölle zur Spielhöhle

Am vergangenen Samstag ging in Nürnberg die diesjährige Internationale Automatenmesse zu Ende. Auf der vier Tage währenden Schau präsentierten rund 140 Aussteller Neuentwicklungen rund um das Spielvergnügen. Um auch passionierte Computerspieler vom heimischen PC weg und wieder in die Spielhallen zu locken, setzt die Branche auf High-Tech und schnelle Datennetze. Detaillierte virtuelle Realitäten und hochentwickelte Technik sollen den Spielfreunden bieten, was zuhause schlicht an Kosten und Aufwand scheitert: das gemeinsame Eintauchen in künstliche Welten auch über Grenzen hinweg.

Gespräch mit Peter Welchering |
    Erneut unternehmen die Hersteller von Spielautomaten jetzt einen Anlauf, um herkömmliche PC-Technik für ihre Zwecke zu nutzen. Bereits vor einigen Jahren hatte die Branche versucht, neben Flipper, Billardtisch und Geldspielautomat auch Bildschirmgeräte auf der Basis des PC zu etablieren, auf denen dann aktuelle Spiele angeboten wurden. Allerdings war das Interesse damals gering, in der Spielhalle gegen Entgeld zu spielen, was auch im heimischen Wohnzimmer genossen werden kann. Aus dieser Schlappe lernte die Industrie und setzt jetzt vor allem auf virtuelle Realität und vor allem auf vernetztes Vergnügen. Einen Eindruck, wie so etwas aussehen kann, liefert etwa das Beispiel eines modernen, digitalen Flipperautomaten, der auf der Internationale Fachmesse Unterhaltungs- und Warenautomaten== in Nürnberg vorgestellt wurde. Was vor einigen Jahrzehnten noch durch viel Mechanik und zahllosen Relais realisiert wurde, spielt sich jetzt auf einem futuristisch anmutendem Gerät mit ebenfalls leicht angeschrägter Oberfläche ab, dessen Kernstück allerdings ein großer 42 Zoll Bildschirm bildet. Darauf flitzt dann die Kugel unter entsprechender Geräuschentwicklung, aber mit zusätzlichen Effekten, die mit Mechanik nicht abgebildet werden können. Dabei verblüfft, wie sehr der Spieler auch am virtuellen Flipper in das Geschehen eintauchen kann, obwohl das Gerät allein aus Prozessoren und digitaler Bildschirmtechnik besteht. Überdies können mit der nächsten Generation des Flippers erstmals Spieler aus der ganzen Welt auch via Netzwerk im Wettstreit gegen einander antreten.

    Ein Mehr an Unterhaltung verspricht ein weiterer Trend der Nürnberger Schau: Zwar gehören dreidimensionale Welten, in denen interaktive Rollenspiele oder Flugsimulationen ablaufen, schon lange zum Standardrepertoire der PC-Spiele. Doch während der Monitor zuhause das Erleben der virtuellen Welt limitert, lockt die Spielhalle zukünftig mit einer regelrechten Spielhöhle. Dabei werfen Projektoren die Bilder der Spielwelt auf drei Wände eines neun Quadratmeter großen Raumes - der so genannten "Cave" - und vermitteln dem Teilnehmer so einen verblüfffend realistischen Eindruck, tatsächlich mitten in der virtuellen Realität zu stehen. Daheim wäre das wohl kaum zu erreichen, denn neben dem nötigen Raum und den kostspieligen Projektoren bräuchte der Freizeitpilot auch jene drei Rechner, die den virtuellen Rundumblick etwa beim Anflug auf Los Angeles oder einer Runde auf einer Formel-Eins-Strecke erst hervorzaubern. Weil aber ein solches, sicherlich faszinierendes System auch kräftig zu Buche schlägt, wurde auf der Nürnberger Automatenmesse auch eine Variante gezeigt, die mit einem einzigen, wenn auch leistungsstarken PC auskommt. Dabei wird ein einziges Panoramabild erzeugt, das dann zur Projektion auf die Bildwände aufgespreizt wird. Über Spiegel werden die Projektionen an die Wände der "Cave" geworfen und so der nötige Raum des Supersimulators erheblich verringert.

    Was aber wäre das schönste "Holodeck", wenn man darin nur alleine wandeln könnte. Entsprechend können natürlich auch die Spielhöhlen via DSL vernetzt werden und so Zocker-Horden aus dem ganzen Land mit- oder gegeneinander antreten, um die virtuellen Kräfte zu messen. Wie eine Spinne im Netz sitzt dabei ein Spielserver, der die Rechner der Teilnehmer koordiniert und auch - etwa bei Geschicklichkeitsspielen - den Punktestand zu beliebigen Zeiten aufzeichnet. Ganzen Spiel-Ligen können so über alle Grenzen hinweg ausgetragen werden.

    [Quelle: Peter Welchering]