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Von der Uni in den Beruf und zurück auf Gymnasium

Fabian Kantner ist einer von gut 230 Elftklässlern, die in Münster am so genannten "Dualen Praktikum" teilgenommen haben. Eine Woche im Januar lang erlebten seine Mitschüler und er den Alltag an der Uni Münster. Im zweiten Teil des Praktikums war er jetzt im Westfälischen Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte zu Gast. Dabei gab es für den Schüler eine kostenlose Kunststunde in den Osterferien gleich noch mit dazu.

Von Florian Peter | 05.05.2006
    Apke: "Wozu lädt das ein?"
    Kantner: "Zum Sitzen."
    Apke: "Genau - zum Sitzen. Und was kann man bei diesem Sitzen machen?"
    Kantner: "Sich entspannen. Oder lernen. Lesen."
    Apke: "Perfekt. Genau das soll es sein. Perfekt. Es gibt nämlich Fotos in unserem Katalog von '87 genau, wo ein Liebespaar hier liegt und das also die Verwendbarkeit dieser Möbel auch zeigt. Und der Künstler hat es eben Study Garden genannt, also einfach ein Studiergarten."

    Zusammen mit dem kuratorischen Assistenten Bernd Apke und einer Restauratorin ist Fabian Kantner an diesem Tag unterwegs. Und das nicht etwa im Museum selbst, sondern mitten in der Münsteraner Altstadt. Dort fotografiert er mit einer Digitalkamera morsche Holzbänke wie im Studiergarten oder auch Granitskulpturen, die langsam auseinanderbröckeln. Im Rahmen eines Großprojekts sollen die Werke zum Sommer 2007 entweder überarbeitet oder komplett entfernt werden. Die dokumentarische Arbeit im Vorfeld ist dabei wichtiger Bestandteil des beruflichen Alltags im Museum erklärt Bernd Apke:

    " Diese Maßnahmen müssen halt längerfristig geplant werden, weil zum einen Gelder herangeholt werden müssen und weil zum zweiten einfach ein Etat dafür aufgestellt werden muss und die Ämter organisiert werden müssen, die Leute organisiert werden müssen. Und insofern ist das jetzt ganz aktuell, also ein Jahr vor den neuen Skulptur-Projekten auch."

    Doch nicht nur das Skulptur-Projekt lernt der 17-Jährige in dieser Woche am Westfälischen Landesmuseum kennen. In der Werkstatt darf er Bilderrahmen bei Gemälden wechseln, bekommt einen Einblick in die Bibliothekarsarbeit und darf sogar mal beim Restaurieren selbst Hand mit anlegen. Trotzdem sieht Fabian Kantner auch diese zweite Woche des dualen Praktikums kritisch.

    " Das ist schon sehr interessant. Aber so genauere Einblicke in einzelne Berufsfelder sind in einer Woche einfach nicht möglich, also man kriegt schon einen guten Überblick. Aber für die Berufswahl selber nützt es auch nicht so viel weiter."

    Eine Position, die auch Ingrid Scheele unterstützt. Die Dokumentarin ist beim Westfälischen Landesmuseum zuständig für die Betreuung der Praktikanten und findet, dass mindestens zwei Wochen nötig sind, um überhaupt einen Einblick in die Arbeit im Museum zu bekommen.

    " Ich weiß auch nicht so, was der Hintergrund ist: Sollen die tatsächlich einen Berufsfindungsprozess in dieser einen Woche durchmachen? Dann würde ich sagen, ist es auf jeden Fall zu kurz. Sie können mal reinschnuppern und sehen: Museum - da gibt es viel mehr als nur Museumsaufseher in der Ausstellung, sondern da gibt es viel mehr Berufszweige, die dahinter sind. Aber für tatsächlich eine Berufsfindung ist das viel zu kurz."

    Dennoch fällt das Fazit des Pilotprojekts "Duales Praktikum" in Hochschule und Betrieb grundsätzlich positiv aus. Erste Ergebnisse einer Befragung der Uni Münster unter den Teilnehmern haben ergeben, dass besonders der zweite, betriebliche Teil des dualen Praktikums von den Schülern sehr positiv aufgenommen wurde. Die beiden Münsteraner Gymnasien wollen das Projekt deshalb auch 2007 wieder mit FH und Universität gemeinsam umsetzen. Bärbel Dalhaus, stellvertretende Schulleiterin am Annette-Gymnasium:

    " Weil ich glaube, dass für die Schüler auch ganz wichtig ist, in der Oberstufe rechtzeitig das Studium in den Blick zu nehmen, wenn sie studieren wollen. Und daraufhin dann auch die Wahl der Fächer für die Oberstufe auszurichten. Und insofern setzen sie sich jetzt sehr viel verbindlicher mit ihrer Berufswahl auseinander in der Jahrgangsstufe 11, als das früher der Fall war. "

    Fabian Kantner hat das auf jeden Fall schon getan. Er hat sich für Geschichte als Leistungskurs definitiv entschieden - auch wenn - wie er selbst sagt - das duale Praktikum dabei keine entscheidende Rolle gespielt hat.

    " Eigentlich war es mir vorher schon so weit klar. Also es hat mich jetzt nicht groß bestärkt. Ein paar neue Einblicke in Berufsfelder habe ich bekommen. Ja aber wie gesagt: Im Prinzip war es mir vorher schon klar."

    Über den ersten Teil des Münsteraner Praktikums hatte Campus & Karriere gestern berichtet:

    Duales Praktikum
    Entscheidungshilfe für Schüler bei der Berufswahl