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Von der Warteschleife ins Netz

Der Kundenservice vieler Unternehmen ist immer wieder Anlass zur Verärgerung. Auf E-Mails wird häufig nicht reagiert und am Telefon verbringt man seine Zeit in der Warteschleife. In sozialen Netzwerken hingegen wird ungewohnt schnell auf Anfragen reagiert. Der Service birgt aber auch Risiken.

Von Rainer Brandes |
    "Hallo Telekom-Team, wir haben unseren Anschluss seit Oktober letzten Jahres. Seit dieser Zeit funktioniert nichts richtig. Es waren bisher zwei Techniker da, wir haben mittlerweile den 4. oder 5. Router und rufen mehrmals wöchentlich im Service an. Leider wird man dort immer wieder mit Lösungen vertröstet, die nicht funktionieren. Am Montag kommt nun der dritte Techniker und ich bezweifle, dass dieser eine Lösung herbeiführen wird. "

    … schreibt Fabian auf der Pinnwand von "Telekom Hilft", dem Kundendienst der Deutschen Telekom auf Facebook. Wenige Stunden später antwortet Sabine von "Telekom Hilft":

    "So macht ein Anschluss wirklich keinen Spaß. War der Techniker heute schon bei Ihnen? Bitte melden Sie sich doch noch einmal bei uns, falls sich keine Besserung einstellt. Wir finden sicherlich eine Lösung."

    Das gleiche Bild zeigt sich auch bei anderen Unternehmen, zum Beispiel beim Kabelnetzanbieter Unitymedia. Auf dessen Facebook-Seite schreibt Frank:

    "Bei EUCH funktioniert NIX! So langsam reicht es mir. Ich schreibe ständig Mails, bekomme keine Antwort. Ich könnte echt hochgehen!"

    Kurze Zeit später antwortet eine freundliche Mitarbeiterin des Unternehmen:

    "Guten Morgen, vielen Dank für Ihre offene Kritik. Ferner haben wir Ihre Email dankend erhalten. Aktuell kommt es bei der Bearbeitung zu Verzögerungen. Sie können aber definitiv mit einer Antwort rechnen. Herzliche Grüße."

    Das Prinzip scheint eindeutig. Schreibt ein Kunde an ein großes Telekommunikationsunternehmen eine E-Mail oder ruft er bei der Hotline an, muss er häufig lange auf eine Antwort warten. In sozialen Netzwerken aber bekommt er meist innerhalb weniger Stunden eine Antwort. Eine Vermutung liegt nahe: Liegt es am öffentlichen Charakter von Facebook? Was dort auf der Pinnwand steht, kann jeder Nutzer lesen. Also bekommt auch jeder mit, ob einem Kunden schnell geholfen wird oder nicht. Indirekt bestätigt das auch André Hofmann von der Deutschen Telekom.

    "Dass natürlich dieser ganze Dialog öffentlich ist, klar, das ist jedem Servicemitarbeiter bewusst und dementsprechend agiert er natürlich auch. Sie müssen sich nur folgendes vorstellen: Es ist natürlich ein Kanal, der auf Dialog basiert. Das heißt, sie müssen da auch mit dem Kunden in einen Dialog treten."

    Man könnte die neuen Angebote also als geschickte Imagekampagne der Unternehmen sehen. Denn der Kundendienst speziell von Telekommunikationsunternehmen hat keinen guten Ruf. Die Verbraucherzentrale Bundesverband fand bereits 2008 in einer groß angelegten Umfrage heraus: Nur jeder vierte Kunde ist zufrieden mit dem Kundenservice der Unternehmen. Die Hälfte aller Kunden bemängeln, dass sie auf Ihre Anfragen per E-Mail keine Antwort bekämen. Carola Elbrecht von der Verbraucherzentrale Bundesverband hält den Ausbau des Kundendienstes in sozialen Netzwerken deshalb für einen klugen Schachzug:

    "Die Unternehmen sind natürlich auf solchen Plattformen erst mal präsenter. Es wird natürlich schon der Eindruck erweckt, dass eben über diese Art der Kommunikation meinen Beschwerden auch eher nachgegangen wird, aber letztlich laufen solche Sachen dann doch wieder über die herkömmlichen Schnittstellen, also sprich per E-Mail oder Telefon."

    Auch André Hofmann von der Deutschen Telekom sagt: Tatsächlich wird den Kunden über Facebook oder Twitter nicht schneller geholfen als auf den klassischen Wegen. Sie bekämen nur eher eine erste Antwort. Dieses Verfahren habe sich seit Einführung des Dienstes 2010 bewährt. Inzwischen haben mehr als 36 000 Nutzer den "Gefällt-mir-Button" bei "Telekom hilft" angeklickt. Gefährlich wird es allerdings dann, wenn Kunden unbedarft ihre Kundendaten auf der Pinnwand hinterlassen. Der scheinbar private Tonfall verleite Kunden immer wieder dazu, warnt Carola Elbrecht von der Verbraucherzentrale:

    "Es ist natürlich gewöhnungsbedürftig, wenn mich ein Servicemitarbeiter mit "Hallo" anspricht oder mich duzt. Das suggeriert natürlich auch schon so ein bisschen Vertraulichkeit bei den Kunden und insofern werden diese natürlich noch eher dazu verleitet, persönliche, vertrauliche Informationen über diesen Wege preiszugeben. Darin liegt einfach die Gefahr."

    Kunden sollten also niemals ihre Kundendaten öffentlich machen. Darauf weisen auch die Unternehmen hin. Und eine schnellere Lösung ihres Problems sollten sie auch nicht erwarten.

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