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Von Detroit nach Berlin
Künstler rettet Haus von Rosa Parks

In Detroit war es vom Abriss bedroht. Jetzt hat der Künstler Ryan Mendoza das Wohnhaus der Bürgerrechtsikone Rosa Parks in seinem Berliner Vorgarten wieder aufgebaut. Und wartet darauf, dass es jemand in die USA zurückbringt.

Von Gerd Brendel |
    Künstler Ryan Mendoza vor Rosa Parks' Haus, das er nach Berlin gebracht hat.
    Von Detroit in den Wedding: Künstler Ryan Mendoza vor Rosa Parks' Haus, das er nach Berlin gebracht hat. (AFP / Tobias Schwarz)
    "We are in front of Rosa Parks house which was once upon a time not very long ago in Detroit Michigan."
    Ryan Mendoza steht vor dem kleinen, einstöckigen Holzhaus, das Rosa Parks mit 13 Neffen und Nichten ein paar Jahre in Detroit bewohnte - die Rosa Parks , die mit ihrer Weigerung, im Bus den Platz für einen Weißen zu räumen, die Bürgerrechtsbewegung auslöste. Brett für Brett hat es Ryan Mendoza in Detroit in seine Einzelteile zerlegt, nach Berlin verschifft und hier im Wedding zwischen seinem Atelier und seinem Wohnbungalow wieder aufgebaut. Wie es dazu kam?
    "Das leer stehende Haus stand auf einer Abrissliste, glücklicherweise konnte es Rosa Parks Nichte Rhia McCauley für 500 Dollar zurückkaufen, aber sie konnte niemand finden, der sich um die Ruine kümmern wollte, bis sie mich als letzten fragte."
    Darf ein weißer Künstler das?
    Ryan Mendoza ist kein Unbekannter in Detroit. Schon im letzten Jahr hatte er ein zum Abriss vorgemerktes Holzhaus im runtergekommenen Brightmore-Viertel auseinander genommen, um es auf der ART Rotterdam wieder aufzubauen, als Kunstinstallation namens "White House". Die Aktion löste heftige Kontroversen aus: Profilierte sich hier ein weißer Künstler auf Kosten der verarmten schwarzen Bewohner des Viertels?
    Dabei dokumentierte Mendoza in seinem wieder aufgebauten "weißen Haus" die Geschichte seiner Bewohner. Für ihn, den Künstler, der seit fast 20 Jahren in Europa lebt, war die Haus-Aktion der Versuch, sich mit seiner eigenen US-amerikanischen Identität auseinander zu setzen. Mit Parks' Haus hat sich Mendoza ein Stück amerikanischer Geschichte in seinen Vorgarten geholt. Zum Anschauen, auschließlich – Betreten streng verboten.
    "Warum man es nicht betreten kann? Dem Haus wurde so lange Gewalt angetan, es war verlassen, ausgeplündert und jetzt kommt es mir darauf an, ihm wieder seine Würde zu geben."
    Zu sehen gäbe es in den leeren Räumen eh nichts, dafür allerdings gibt es etwas zu hören.
    "Als ob das Haus wieder zum Leben erwacht"
    "Aber es wird eine Klanginstallation geben und die Lichter werden an sein, so als ob das Haus wieder zum Leben erwacht ist."
    Die Collage klingt wie eine akustische Geisterbahnfahrt durch hysterische Fernsehshows aus den 50er Jahren, die für Mendoza zeigen, dass irgendetwas an dieser Gesellschaft zutiefst falsch war.
    "Irgendwas unheimlich ungesundes spricht aus diesen ganzen Fernsehfilmen."
    Natürlich gehört das Haus eigentlich nach Amerika, sagt Ryan Mendoza.
    "Ich habe an Michelle Obama geschrieben, die New York Times hat über das Haus geschrieben, aber ich habe keine einzige Kultureinrichtung gefunden, die sich für das Haus interessiert hätte."
    Das sei typisch, sagt Mendoza. Amerika macht sich seine eigene Vergangenheit nicht zu eigen, es versteckt sie.
    Nach ein paar Wochen wird der Künstler das Haus wieder abbauen und Brett für Brett einlagern. Bis sich vielleicht doch jemand in der alten Heimat besinnt und den Gedenkort zurückholt. "Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann", hat der spanisch-amerikanische Philosoph George Santayana gesagt, auch er ein "Ex-Pat" wie Mendoza, "wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen." Eine Warnung, die immer aktueller wird, nicht nur in den USA.