Leider viel zu wenig. Besonders im Sachbuch macht sich die geistige Schlichtheit dessen, was stapelweise im deutschen Buchhandel liegt, übel bemerkbar. Und gelegentlich sollte das auch mal jemand sagen.
Die aktuelle Spiegel-Bestseller-Liste Sachbuch: heute mit Gedanken zum Speiseplan des Papstes und Desdemonas Bettlektüren, einer biologischen Erörterung über den spinalen Aufbau von Weichtieren sowie einer Erläuterung des Unterschieds im Erziehungskonzept von Professor Snape und Professor Dumbledore in Hogwarts. Und weil Lesen bildet, lernen wir ein neues Wort: "Klimakteriumsfotzen".
In diesem Monat bringen die zehn meistgelesenen Sachbücher der Deutschen 4 Kilo und 381 Gramm auf die Waage, zusammen 2713 Seiten.
Platz 10: Andreas Englisch: "Gottes Spuren" (C. Bertelsmann Verlag,
383 Seiten, 19.95 Euro)
Andreas Englisch ist ein Vaticanista, also eine Mischung aus katholischem Kremlastrologen und Klatschkolumnisten. Als solcher schreibt er für die "Bild"-Zeitung über so aufregende Fragen wie "Was isst der Papst zu Weihnachten?", meist im Tenor "Nix Genaues weiß man nicht". In genau demselben Ton hat Andreas Englisch nun ein oberflächliches, anbiederndes und frömmelndes Buch über Wunder geschrieben. Dass ein solcher Stuss im Jahr 2007 auf Platz zehn der deutschen Bestsellerliste steht, dies allerdings beweist nun endgültig die Existenz höherer Mächte.
Platz 9: Dietrich Grönemeyer: "Lebe mit Herz und Seele" (Herder, 221 Seiten, 16.90 Euro)
Der Arzt Dietrich Grönemeyer hat viele Meinungen über viele Dinge. Sein Versuch, aus seinen Ansichten zu Krebs und Behindertengolf, Musizieren im Familienkreis und Fleischessen in diesem Buch so etwas wie eine Philosophie zu destillieren, ist allerdings so zwangsläufig zum Scheitern verurteilt wie die Suche nach einem Rückgrat bei einer Qualle.
Platz 8: Peter Scholl-Latour: Russland im Zangengriff (Propyläen,
426 Seiten, 24.90 Euro)
Peter Scholl-Latour hat mehr über Russland vergessen, als viele seiner Kollegen je gewusst haben. Leider weiß das niemand besser als Peter Scholl-Latour selbst, und so nervt in diesem Buch sein auftrumpfender Hab-ich-doch-immer-schon-gesagt-Ton. Allerdings muss ich einräumen, dass ich aus diesem schlechten Buch mehr gelernt habe als aus vielen guten. Was es nicht alles gibt auf der Welt!
Platz 7: Henning Scherf: "Grau ist bunt" (Herder, 191 Seiten, 19.90
Euro)
Zugegeben: Den Pokal für die stringenteste Konstruktion eines Sachbuchs wird Henning Scherf nicht gewinnen. Auch intellektuell vermag er etwa Silvia Bovenschen und ihrem brillanten Buch "Älter werden" nicht das Wasser zu reichen. Aber weil Scherf sich nicht dauernd aufpumpt wie ein Ochsenfrosch und bei der Behandlung seines Methusalem-Themas auf jedes alarmistische Gequengel verzichtet, deshalb habe ich dieses gelassen erzählte Buch, halb Autobiografie, halb Essay über die Möglichkeiten eines aktiv gestalteten Alters, gern und mit Gewinn gelesen.
Platz 6: Louise Jacobs: Cafe Heimat (Ullstein, 320 Seiten, 19,95 Euro)
Die Nachfahrin einer hanseatischen Kaffeeröster-Dynastie erzählt eine Familiengeschichte über christliche und jüdische Deutsche im 20. Jahrhundert, von der alles andere als ein Verwöhnaroma ausgeht. Weil die Geschichte dieses Großunternehmens etwas Exemplarisches hat und die Neugier der sehr jungen Autorin auf ihre Wurzeln durchaus echt ist, verzeiht man diesem Buch auch leichte stilistische Schwächen.
Platz 5: Bernhard Bueb: Lob der Diziplin (List, 184 Seiten, 18 Euro)
Eine Streitschrift für den beherzteren Einsatz des Rohrstocks in der pädagogischen Praxis. Für meine Nase umweht diese Polemik das Rüchlein des Reaktionären: Wäre Bernard Bueb, der lange dem Internat Schloss Salem vorstand, Lehrer im Zaubererinternat Hogwarts, er stünde mit diesen Thesen näher an Severus Snape als an Albus Dumbledore.
Platz 4; Eva Maria Zurhorst: "Liebe dich selbst und es ist egal wen du heiratest" (Arkana, 384 Seiten, 18,90 Euro)
Dieser wunderbar dämliche Beziehungsratgeber lag gewiss auch schon auf Desdemonas Nachtkästchen.
Platz 3: Uschi Obermaier und Olaf Kraemer: "High Times" (Heyne, 224 Seiten, 14 Euro)
Vom Himmel durch die Welt zur Hölle und das bitteschön gleich mehrfach und mit Retourfahrschein, das ist die Lebensgeschichte des Models und Groupies Uschi Obermaier. Aber so faszinierend es sein mag, mit Rainer Langhans oder Mick Jagger durch die Betten zu toben, in diesem auf Interviews basierenden Buch findet Obermaiers spannende Lebensgeschichte einfach keine Sprache. Toller Stoff, schwaches Buch.
Platz 2: Petra Gerster: "Reifeprüfung" (Rowohlt Berlin, 228 Seiten, 19,90 Euro)
Die für mich größte Überraschung auf dieser Liste: Petra Gerster hat ein glänzendes Buch über die Schmähung der älteren Frau und den Altersrassismus in den Medien geschrieben. Gerster versteht es, Beobachtungen aus ihrem persönlichen Umfeld in einen anregenden Kosmos von Ideen einzubetten und lässt ihre Leser obendrein die strukturellen Ursachen für so diffamierende Begriffe wie Zickenkrieg oder "Klimakteriumsfotzen" erfassen. Allein das Kapitel über Alter in der Literatur lohnt die Anschaffung: ein gut erzähltes Sachbuch.
Platz 1 der aktuellen Spiegelbestsellerliste Sachbuch: Hape Kerkeling: "Ich bin dann mal weg" (Malik, 352 Seiten, 19.90 Euro)
So amüsant einige der Anekdötelchen von Kerkelings Reise auf dem Jakobsweg auch ausfallen, sollten Sie demnächst eine längere Pilgerreise planen, würde ich mir was anderes in den Rucksack stecken als "Ich bin dann mal weg": Das Reisebuch von Deutschlands prominentestem Tippelbruder amüsiert bestenfalls geistige Kurzstreckenläufer.
Die aktuelle Spiegel-Bestseller-Liste Sachbuch: heute mit Gedanken zum Speiseplan des Papstes und Desdemonas Bettlektüren, einer biologischen Erörterung über den spinalen Aufbau von Weichtieren sowie einer Erläuterung des Unterschieds im Erziehungskonzept von Professor Snape und Professor Dumbledore in Hogwarts. Und weil Lesen bildet, lernen wir ein neues Wort: "Klimakteriumsfotzen".
In diesem Monat bringen die zehn meistgelesenen Sachbücher der Deutschen 4 Kilo und 381 Gramm auf die Waage, zusammen 2713 Seiten.
Platz 10: Andreas Englisch: "Gottes Spuren" (C. Bertelsmann Verlag,
383 Seiten, 19.95 Euro)
Andreas Englisch ist ein Vaticanista, also eine Mischung aus katholischem Kremlastrologen und Klatschkolumnisten. Als solcher schreibt er für die "Bild"-Zeitung über so aufregende Fragen wie "Was isst der Papst zu Weihnachten?", meist im Tenor "Nix Genaues weiß man nicht". In genau demselben Ton hat Andreas Englisch nun ein oberflächliches, anbiederndes und frömmelndes Buch über Wunder geschrieben. Dass ein solcher Stuss im Jahr 2007 auf Platz zehn der deutschen Bestsellerliste steht, dies allerdings beweist nun endgültig die Existenz höherer Mächte.
Platz 9: Dietrich Grönemeyer: "Lebe mit Herz und Seele" (Herder, 221 Seiten, 16.90 Euro)
Der Arzt Dietrich Grönemeyer hat viele Meinungen über viele Dinge. Sein Versuch, aus seinen Ansichten zu Krebs und Behindertengolf, Musizieren im Familienkreis und Fleischessen in diesem Buch so etwas wie eine Philosophie zu destillieren, ist allerdings so zwangsläufig zum Scheitern verurteilt wie die Suche nach einem Rückgrat bei einer Qualle.
Platz 8: Peter Scholl-Latour: Russland im Zangengriff (Propyläen,
426 Seiten, 24.90 Euro)
Peter Scholl-Latour hat mehr über Russland vergessen, als viele seiner Kollegen je gewusst haben. Leider weiß das niemand besser als Peter Scholl-Latour selbst, und so nervt in diesem Buch sein auftrumpfender Hab-ich-doch-immer-schon-gesagt-Ton. Allerdings muss ich einräumen, dass ich aus diesem schlechten Buch mehr gelernt habe als aus vielen guten. Was es nicht alles gibt auf der Welt!
Platz 7: Henning Scherf: "Grau ist bunt" (Herder, 191 Seiten, 19.90
Euro)
Zugegeben: Den Pokal für die stringenteste Konstruktion eines Sachbuchs wird Henning Scherf nicht gewinnen. Auch intellektuell vermag er etwa Silvia Bovenschen und ihrem brillanten Buch "Älter werden" nicht das Wasser zu reichen. Aber weil Scherf sich nicht dauernd aufpumpt wie ein Ochsenfrosch und bei der Behandlung seines Methusalem-Themas auf jedes alarmistische Gequengel verzichtet, deshalb habe ich dieses gelassen erzählte Buch, halb Autobiografie, halb Essay über die Möglichkeiten eines aktiv gestalteten Alters, gern und mit Gewinn gelesen.
Platz 6: Louise Jacobs: Cafe Heimat (Ullstein, 320 Seiten, 19,95 Euro)
Die Nachfahrin einer hanseatischen Kaffeeröster-Dynastie erzählt eine Familiengeschichte über christliche und jüdische Deutsche im 20. Jahrhundert, von der alles andere als ein Verwöhnaroma ausgeht. Weil die Geschichte dieses Großunternehmens etwas Exemplarisches hat und die Neugier der sehr jungen Autorin auf ihre Wurzeln durchaus echt ist, verzeiht man diesem Buch auch leichte stilistische Schwächen.
Platz 5: Bernhard Bueb: Lob der Diziplin (List, 184 Seiten, 18 Euro)
Eine Streitschrift für den beherzteren Einsatz des Rohrstocks in der pädagogischen Praxis. Für meine Nase umweht diese Polemik das Rüchlein des Reaktionären: Wäre Bernard Bueb, der lange dem Internat Schloss Salem vorstand, Lehrer im Zaubererinternat Hogwarts, er stünde mit diesen Thesen näher an Severus Snape als an Albus Dumbledore.
Platz 4; Eva Maria Zurhorst: "Liebe dich selbst und es ist egal wen du heiratest" (Arkana, 384 Seiten, 18,90 Euro)
Dieser wunderbar dämliche Beziehungsratgeber lag gewiss auch schon auf Desdemonas Nachtkästchen.
Platz 3: Uschi Obermaier und Olaf Kraemer: "High Times" (Heyne, 224 Seiten, 14 Euro)
Vom Himmel durch die Welt zur Hölle und das bitteschön gleich mehrfach und mit Retourfahrschein, das ist die Lebensgeschichte des Models und Groupies Uschi Obermaier. Aber so faszinierend es sein mag, mit Rainer Langhans oder Mick Jagger durch die Betten zu toben, in diesem auf Interviews basierenden Buch findet Obermaiers spannende Lebensgeschichte einfach keine Sprache. Toller Stoff, schwaches Buch.
Platz 2: Petra Gerster: "Reifeprüfung" (Rowohlt Berlin, 228 Seiten, 19,90 Euro)
Die für mich größte Überraschung auf dieser Liste: Petra Gerster hat ein glänzendes Buch über die Schmähung der älteren Frau und den Altersrassismus in den Medien geschrieben. Gerster versteht es, Beobachtungen aus ihrem persönlichen Umfeld in einen anregenden Kosmos von Ideen einzubetten und lässt ihre Leser obendrein die strukturellen Ursachen für so diffamierende Begriffe wie Zickenkrieg oder "Klimakteriumsfotzen" erfassen. Allein das Kapitel über Alter in der Literatur lohnt die Anschaffung: ein gut erzähltes Sachbuch.
Platz 1 der aktuellen Spiegelbestsellerliste Sachbuch: Hape Kerkeling: "Ich bin dann mal weg" (Malik, 352 Seiten, 19.90 Euro)
So amüsant einige der Anekdötelchen von Kerkelings Reise auf dem Jakobsweg auch ausfallen, sollten Sie demnächst eine längere Pilgerreise planen, würde ich mir was anderes in den Rucksack stecken als "Ich bin dann mal weg": Das Reisebuch von Deutschlands prominentestem Tippelbruder amüsiert bestenfalls geistige Kurzstreckenläufer.