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Von Fairness keine Spur

Die Outdoor-Branche boomt: Softshell-Jacken, Fleece-Pullis, Trekkinghosen, Gürtel mit Geheimfächern - all das ist populärer denn je. Doch hinter den guten Verkaufszahlen verbergen sich miese Arbeitsbedingungen, das behauptet zumindest die Kampagne für saubere Kleidung, die

Von Verena Kemna | 05.10.2010
    Recherchen des Netzwerks INKOTAhaben ergeben, dass der Anspruch der Konsumenten an ihre Outdoor-Marke und der Arbeitsalltag etwa bei Zulieferfirmen in Vietnam kaum übereinstimmen. Die Branche boomt und die meisten Konsumenten haben sich in Befragungen für faire Arbeitsbedingungen bei der Produktion ausgesprochen. Fast 90 Prozent der befragten Konsumenten halten einen existenzsichernden Mindestlohn für ebenso wichtig wie die Qualität der Bekleidung. Partner der Kampagne für Saubere Kleidung haben mit Arbeitern in Hanoi und Ho Chi Minh City gesprochen, erklärt Bernd Hinzmann von INKOTA:

    "Exzessive Überstunden, die geleistet werden, über die internationalen Standards hinaus und sogar über die landesüblichen Gesetzgebungen wie sie Vietnam festgeschrieben sind. Also im Schnitt 16 Stunden am Tag und es gibt Studien, die sagen, dass es im Schnitt vier Überstunden sind, die über die offiziell erlaubten hinaus geleistet werden."

    Überstunden bis 22 Uhr, sechs Wochenarbeitstage, kaum Pausen und selbst dann können die Mitarbeiter in den Zulieferbetrieben mit ihrem Monatslohn von nicht einmal 50 Euro kaum überleben.

    "Aus unserer Befragung bei den Zulieferfirmen in Hanoi oder Ho Chi Minh City, wo große Zulieferfirmen sind, haben alle Arbeiter gesagt, das, was wir haben, reicht nicht aus zum Leben, geschweige denn, dass die Familie ideal versorgt werden kann."

    Dazu kommen tägliche Schikanen wie Beleidigungen. Die Stimmung in den Zulieferfirmen scheint von gegenseitigem Misstrauen geprägt. Außerdem soll es üblich zu sein, dass das Management die Hälfte des ersten Monatslohns quasi als Kaution einbehält. Arbeitsrechtsverletzungen sind also an der Tageordnung. Von der offiziellen Gewerkschaft fühlen sich die Arbeiter nicht vertreten. Bernd Hinzmann hofft, dass die Outdoor-Firmen offensichtliche Missstände in den Zulieferbetrieben auf die Agenda setzen.

    "Wir sind zuversichtlich, dass diese Herausforderung wie in der Produktinnovation auch im sozialen Bereich gestemmt wird. Und wir hoffen, viele Konsumenten schicken ihre Protestkarten ab und fordern so die Branche auf, aktiv zu werden und Fairness zu entdecken."

    INKOTA-Aktivisten in roten Arbeitsanzügen werden in etwa zehn Minuten mitten auf dem Berliner Gendarmenmarkt über das Pflaster robben. Auf dem Bauch liegend wird Matthias Trager bei der symbolischen Klettertour die Fähnchen der Kampagne für Saubere Kleidung aufstellen. Die Forderungen lauten: Faire Arbeitszeiten, Lohn zum Leben und Vereinigungsfreiheit.

    "Ich glaube, es kann einiges ändern und ich denke auch, dass diese Firmen Potenzial haben, sich zu ändern. Die Aktion an sich ist auch wertvoll, weil man es tatsächlich an die Menschen herantragen kann, die diese Kleidung auch kaufen. Ich denke und hoffe, dass wir damit auf jeden Fall etwas erreichen können."