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Von Fußball bis Futsal

An der Uni Flensburg treffen sich derzeit Sportwissenschaftler aus ganz Deutschland und den USA, um ihre neuesten Ergebnisse auszutauschen und die Leistungen von Spitzenforschern zu verbessern. Sie haben neue Trainingsmethoden für den Fußball entwickelt und einen neuen Ball getestet.

Von Jens Wellhöner |
    Der deutsche Fußball soll noch erfolgreicher werden. Das haben sich Sportwissenschaft und DFB auf die Fahnen geschrieben. Die Forscher entwickeln dafür neue Trainingsmethoden. Markus Raab, Sportwissenschaftler an der Uni Flensburg:

    " Wir versuchen herauszukriegen, wie wir Leistungssportler noch zu besseren Leistungen bringen. Und da testen wir deren Wahrnehmung, deren Entscheidungsleistung und deren Gedächtnisleistung. "

    Das heißt: Im Labor werden einem Fußballer Szenen eines Spiels vorgeführt. Auf einem Videoschirm. Dabei untersuchen die Forscher, wohin der Fußballer auf dem Videoschirm guckt. Sportwissenschaftler Daniel Memmert von der Uni Heidelberg:

    " Da bekommen die Spieler einen Helm auf den Kopf. Und mit einer komplizierten Messapparatur kann man dann genau sehen, welche Punkte die Spieler auf der Videoleinwand fixieren. "

    Der Fußballer verfolgt mit seinen Augen jeden Spielzug auf dem Videoschirm und versucht, die besten Tormöglichkeiten herauszubekommen. Dabei haben die Forscher vor allem eins beobachtet: Während des Spiels haben sehr viele Stürmer einen Tunnelblick, so dass sie Mannschaftskameraden nicht entdecken, die frei vor dem Tor stehen. Das läge an den Trainern und daran, dass sie ihren Schützlingen vor dem Spiel zu viele Anweisungen gäben, so Sportwissenschaftler Daniel Memmert:

    " Man kann also dadurch zeigen, dass nur geringste Instruktionen, die man gibt - zum Beispiel: Achte mal auf deinen Gegenspieler -, dazu führen, dass 50 Prozent der Probanden den völlig frei stehenden Mitspieler nicht wahrnehmen und nicht einbinden, in ihre taktischen Entscheidungen. Das Phänomen heißt Blindheit durch Unaufmerksamkeit. "

    Die Sportwissenschaftler haben eine Therapie entwickelt, gegen dieses Phänomen. Für den Fußballnachwuchs. An der Ballschule Heidelberg lernen Vier- bis Sechsjährige, sich in komplizierten Situationen zurechtzufinden ganz ohne Trainereinwirkung.

    " Wir wissen aus neurophysiologischen Studien, dass die ersten sechs Jahre sehr prägend sind. Da passiert sehr viel. Da werden sehr viele Synapsen ausgebildet und verschaltet. Dort sind Kinder noch in der Lage, sehr viele Informationen aufzunehmen. Sie lernen in dem Alter viel schneller. Und sie können das Gelernte viel besser abspeichern. "

    An der Ballschule Heidelberg spielen die Kinder nicht nur Fußball, sondern auch Hockey und Handball. Durch die verschiedenen Spielweisen werde das Hirn mehr gefordert. Und die Körpermotorik verbessert ,so die Forscher. Um das Training noch weiter zu verbessern, empfehlen Sportwissenschaftler der Uni Frankfurt am Main auch einen neuen Ball: den Futsal. Professor Ulrich Frick:

    " Ganz grundsätzlich ist der Futsal etwas kleiner als der reguläre Fußball, er ist etwas schwerer. Und vor allem ist er sehr stark sprungreduziert. "

    Der Futsal stammt ursprünglich aus Brasilien. Der Name ist eine Kombination der portugiesischen Worte für Fuß und Halle: Geeignet ist der Ball für den Hallenfußball. Oder auf hart gefrorenem Boden. Auf allen Kontinenten ist er Standard beim Fußballtraining in Hallen. Nur bis jetzt nicht in Deutschland. In ihren Labors analysieren die Frankfurter Forscher, wie der Futsal springt:

    Das Ergebnis: Der Futsal springt längst nicht so stark auf hartem Boden wie der normale Fußball. Und lässt sich so leichter kontrollieren. Besonders von Fußballanfängern. So werde das Training auch für Neueinsteiger attraktiver, so die Forscher. Was den Futsal dämpft und träger macht, ist eine besondere Schicht unter der Oberfläche. Eigentlich ein Geheimnis der Hersteller:

    " Wir haben einen aufgemacht. Und dabei war direkt unter der Oberfläche, in Plastik eingefüllt, eine dünne Sandschicht. Das macht den Ball schwerer. Und diese Schicht dämpft die Stöße. "

    Um ihre Messergebnisse auch in der Praxis zu überprüfen, haben die Frankfurter Forscher mit Kindern ein Hallenturnier veranstaltet. Und auf Video aufgezeichnet. Christopher Heim studiert gerade die Aufnahmen:

    " Der Futsal kommt ins Spiel, prallt auf, kann aber kontrolliert werden, ist wieder im Spiel. Wird von Kind zu Kind zugespielt und springt nicht mehr ins Aus. "

    Christopher Heim ist optimistisch: Der Futsal werde bald den normalen Hallenfußball in Deutschland ablösen, auch im Profi-Sport, bei Hallenturnieren. Der Deutsche Fußball-Bund kennt die Forschungsergebnisse jedenfalls und will den Futsal bald einführen.