"Die Bildungsbeteiligung von Frauen steigt, das heißt, Personen mit hoher Qualifikation werden immer mehr hochqualifizierte Frauen heiraten oft hochqualifizierte Männer. Insofern ist anzunehmen, dass die Zahl der potentiellen Doppelkarrierepaare steigt."
Das klassische Modell – Mann macht Karriere, Frau hält ihm den Rücken frei und verdient ein bisschen dazu – wird seltener. Sowohl Männer als auch Frauen haben mittlerweile häufig hohe berufliche Ambitionen, ohne allerdings auf Beziehung und Familie verzichten zu wollen. Bislang gibt es aber kaum Vorbilder, keine Rollenmodelle, an denen sich solche Paare orientieren können.
"Und im Blick hierauf könnte man diese Paare durchaus als Lebensstilpioniere bezeichnen."
Erst in den letzten Jahren sind diese "Lebensstilpioniere" in den Blick des wissenschaftlichen Interesses geraten. Wie stimmen sich solche Paare beruflich und im Alltag aufeinander ab? Insbesondere Paare mit Kindern, so berichtet Dr. Christine Wimbauer, Leiterin des soziologischen Projekts, haben Schwierigkeiten, Elternschaft und berufliche Ambitionen miteinander zu vereinbaren. Das Betreuungsproblem der Kinder erweist sich nach wie vor als größte Hürde. Dr. Annette Henninger, Mitarbeiterin im Projekt:
"Also alle, die Eltern sind, berichten von ganz großen Schwierigkeiten, wenn sie dann ein Kind bekommen haben, wieder in die Erwerbsarbeit einsteigen wollen, dann einen Krippenplatz zu finden."
Trotz neuem Elterngeld und der darin angelegten Förderung des Elternurlaubs für Männer sind viele Wege in die Chefetage letztlich noch stark auf die traditionelle männliche Berufskarriere zugeschnitten.
"Das heißt, es wird angenommen, dass es eine Person gibt die der arbeitenden Person den Rücken freihält und dass sich die arbeitende Person voll .. beruflich engagiert und Arbeitszeiten von 60, 70, 80 Stunden die Woche sind da schon die Regel. Und der andere Punkt ist, also man muss bestimmte Karriereschritte in eine bestimmten jungen Alter machen und wenn man da eine zeitlang aussteigt – für Kinderbetreuung – dass man da auf dem Karrierepfad sehr schnell abgehängt wird."
Zunehmend müssen Unternehmen und Arbeitgeber damit rechnen, dass ihre hochqualifizierten Mitarbeiter möglicherweise durch die berufliche Karriere der Ehepartner beeinflusst werden: Etwa wenn die (Karriere-)Frau beim berufsbedingten Ortswechsel des Mannes nicht mitziehen will oder männliche Mitwirkung bei der Kinderbetreuung einklagt. 'Partnerschaftliche Karriereberatung' wäre also in Betracht zu ziehen. Eine Forderung freilich, so ergaben Interviews mit Personalberatern, die in der Praxis kaum Relevanz hat. Unternehmen suchen – bis auf Ausnahmen – ihre Spitzenkräfte lieber unter Alleinverdienern oder Singles, dort jedenfalls, wo der Partner kein Problem bereitet.
Und wie sieht die "Paarwirklichkeit" bei solchen karriereorientierten "Lebensstilpionieren" aus? Immerhin, die Paare messen dem eigenen wie auch dem beruflichen Erfolg des Partners große Bedeutung zu. Partnerinnen werden vor allem wegen ihrer beruflichen Ambitionen wertgeschätzt – und nicht so sehr aufgrund ihrer hausfraulichen Qualitäten. Dies überrascht freilich wenig. Doch ebenso wenig überraschend ist, dass es dennoch die Frauen sind, die zugunsten der Familie beruflich zurücktreten und die Hauptverantwortung für Haus- und Familienarbeit tragen. Das mag naheliegend sein im – nicht unüblichen Fall – dass Männer mehr als ihre Frauen verdienen. Aber, so Christine Wimbauer:
"Es wird oft argumentiert, es bleibt der zu Hause, der weniger verdient und es ist in der Regel die Frau. Nur wie man aus anderen Untersuchungen weiß, sobald die Frau mehr verdient als der Mann, wirkt dieses Geldargument oft auch nicht mehr. Also, insofern kann es nicht nur ein Geldargument sein, sondern es muss auch noch mit anderem zusammenhängen, mit geschlechtsspezifischen Rollenvorstellungen, mit Erwartungen, dass Männer oder Frauen in Erziehungsurlaub gehen."
Fallbeispiel aus dem laufenden Projekt: Ein Mann verdient deutlich weniger als seine Frau. Folgerichtig will auch er den Erziehungsurlaub nehmen. Aber:
"Der hat aber gerade um die Zeit, als das Kind geboren wurde, eine neue Stelle angetreten und war in der Probezeit. Deswegen haben die beiden beschlossen, dass doch sie die Erziehungszeit nimmt, weil sie schon länger in der Firma war und mit ihrem Chef auch ausgehandelt hatte, dass sie in 6 Monaten ihre alte Stelle wiederkriegt. Und als sie dann wieder da war, galt auf einmal diese Verabredung nicht mehr"
Mehr Geld als der Partner zu verdienen führt also für Frauen nicht unbedingt zu einem Rollentausch. Zu diesem Ergebnis kam Christine Wimbauer auch in einer früheren Studie, in der die Realität von "Doppelverdiener-Paaren" untersucht wurde.
"Wir hatten in diesem anderen Projekt ein Paar, sie hat das Geld verdient, von dem das Paar gelebt hat, das war drei oder vier mal so viel wie der Mann verdient hat. Er war noch Student, hat sehr unregelmäßig verdient, aber hat das in künstlerischen Tätigkeiten verdient. Und er deutete nun sein Geld als besonderes Geld, das Ausdruck seiner Persönlichkeitsstruktur war. Und das Geld seiner Frau deutete er als das gewöhnliche, das Alltagsgeld. Und insofern hatte er hier zwar weniger Geld aber mehr Macht, denn sie liebte ihn genau in seiner Individualität, in seiner individuellen Persönlichkeitsstruktur, die für ihn in seinem besonderen Geld zum Ausdruck kam."
Typisch, möchte man da sagen und wundert sich nur mäßig. Die Mann-Frau-Verhältnisse lassen sich nicht einfach umkrempeln. Zumindest vielleicht so lange nicht, als Frauen, die ihre Männer beruflich und finanziell übertreffen, noch in der Minderzahl sind.
"Dinks", Doppelverdienerpaare ohne Kinder, wurden in dem aktuellen Projekt noch nicht untersucht. Doch gerade da stellen sich interessante Fragen. Bleiben Unterschiede zwischen Männern und Frauen auch bestehen, wenn keine Kinder da sind? Wenn Spülmaschine, Wäschetrockner und Putzfrau die Hausarbeiten auf ein Minimum reduzieren? Schließlich sind nahezu 43% aller Akademikerinnen – und damit potentielle Karrierefrauen – kinderlos. Im Bankensektor z.B., so eine Untersuchung aus dem Jahr 2004, haben 77% der weiblichen Führungskräfte keine Kinder. Und umgekehrt wollen übrigens nur 20% aller Mütter Vollzeit arbeiten.
Das Doppelkarrierepaar mit Kindern mag also, im Rahmen des "gender mainstreaming", der Geschlechtergleichstellung, durchaus wünschenswert sein. Real ist es wohl eher eine Minderheit. Damit dies sich – vielleicht – ändert, meint Christine Wimbauer, bleibt noch viel zu tun:
"Was sollte dagegen sprechen, wenn sich zwei Personen eine Stelle teilen, das ist schwierig, das ist eine Frage der Organisation, aber es ist nicht unmöglich. Und der andere Punkt, warum müssen es eigentlich immer die Frauen sein, die dann unterbrechen nach der Geburt von Kindern. Es könnten ja auch die Väter unterbrechen. Es ist bei den Arbeitgebern schwer durchsetzbar und auch die Familienpolitik zielt hauptsächlich auf Frauen. Und hier bräuchte man eine konsequentere Adressierung von Müttern und Vätern, denn die Kinder brauchen Mütter und Väter und die Eltern wollen Mütter und Väter sein."
Das klassische Modell – Mann macht Karriere, Frau hält ihm den Rücken frei und verdient ein bisschen dazu – wird seltener. Sowohl Männer als auch Frauen haben mittlerweile häufig hohe berufliche Ambitionen, ohne allerdings auf Beziehung und Familie verzichten zu wollen. Bislang gibt es aber kaum Vorbilder, keine Rollenmodelle, an denen sich solche Paare orientieren können.
"Und im Blick hierauf könnte man diese Paare durchaus als Lebensstilpioniere bezeichnen."
Erst in den letzten Jahren sind diese "Lebensstilpioniere" in den Blick des wissenschaftlichen Interesses geraten. Wie stimmen sich solche Paare beruflich und im Alltag aufeinander ab? Insbesondere Paare mit Kindern, so berichtet Dr. Christine Wimbauer, Leiterin des soziologischen Projekts, haben Schwierigkeiten, Elternschaft und berufliche Ambitionen miteinander zu vereinbaren. Das Betreuungsproblem der Kinder erweist sich nach wie vor als größte Hürde. Dr. Annette Henninger, Mitarbeiterin im Projekt:
"Also alle, die Eltern sind, berichten von ganz großen Schwierigkeiten, wenn sie dann ein Kind bekommen haben, wieder in die Erwerbsarbeit einsteigen wollen, dann einen Krippenplatz zu finden."
Trotz neuem Elterngeld und der darin angelegten Förderung des Elternurlaubs für Männer sind viele Wege in die Chefetage letztlich noch stark auf die traditionelle männliche Berufskarriere zugeschnitten.
"Das heißt, es wird angenommen, dass es eine Person gibt die der arbeitenden Person den Rücken freihält und dass sich die arbeitende Person voll .. beruflich engagiert und Arbeitszeiten von 60, 70, 80 Stunden die Woche sind da schon die Regel. Und der andere Punkt ist, also man muss bestimmte Karriereschritte in eine bestimmten jungen Alter machen und wenn man da eine zeitlang aussteigt – für Kinderbetreuung – dass man da auf dem Karrierepfad sehr schnell abgehängt wird."
Zunehmend müssen Unternehmen und Arbeitgeber damit rechnen, dass ihre hochqualifizierten Mitarbeiter möglicherweise durch die berufliche Karriere der Ehepartner beeinflusst werden: Etwa wenn die (Karriere-)Frau beim berufsbedingten Ortswechsel des Mannes nicht mitziehen will oder männliche Mitwirkung bei der Kinderbetreuung einklagt. 'Partnerschaftliche Karriereberatung' wäre also in Betracht zu ziehen. Eine Forderung freilich, so ergaben Interviews mit Personalberatern, die in der Praxis kaum Relevanz hat. Unternehmen suchen – bis auf Ausnahmen – ihre Spitzenkräfte lieber unter Alleinverdienern oder Singles, dort jedenfalls, wo der Partner kein Problem bereitet.
Und wie sieht die "Paarwirklichkeit" bei solchen karriereorientierten "Lebensstilpionieren" aus? Immerhin, die Paare messen dem eigenen wie auch dem beruflichen Erfolg des Partners große Bedeutung zu. Partnerinnen werden vor allem wegen ihrer beruflichen Ambitionen wertgeschätzt – und nicht so sehr aufgrund ihrer hausfraulichen Qualitäten. Dies überrascht freilich wenig. Doch ebenso wenig überraschend ist, dass es dennoch die Frauen sind, die zugunsten der Familie beruflich zurücktreten und die Hauptverantwortung für Haus- und Familienarbeit tragen. Das mag naheliegend sein im – nicht unüblichen Fall – dass Männer mehr als ihre Frauen verdienen. Aber, so Christine Wimbauer:
"Es wird oft argumentiert, es bleibt der zu Hause, der weniger verdient und es ist in der Regel die Frau. Nur wie man aus anderen Untersuchungen weiß, sobald die Frau mehr verdient als der Mann, wirkt dieses Geldargument oft auch nicht mehr. Also, insofern kann es nicht nur ein Geldargument sein, sondern es muss auch noch mit anderem zusammenhängen, mit geschlechtsspezifischen Rollenvorstellungen, mit Erwartungen, dass Männer oder Frauen in Erziehungsurlaub gehen."
Fallbeispiel aus dem laufenden Projekt: Ein Mann verdient deutlich weniger als seine Frau. Folgerichtig will auch er den Erziehungsurlaub nehmen. Aber:
"Der hat aber gerade um die Zeit, als das Kind geboren wurde, eine neue Stelle angetreten und war in der Probezeit. Deswegen haben die beiden beschlossen, dass doch sie die Erziehungszeit nimmt, weil sie schon länger in der Firma war und mit ihrem Chef auch ausgehandelt hatte, dass sie in 6 Monaten ihre alte Stelle wiederkriegt. Und als sie dann wieder da war, galt auf einmal diese Verabredung nicht mehr"
Mehr Geld als der Partner zu verdienen führt also für Frauen nicht unbedingt zu einem Rollentausch. Zu diesem Ergebnis kam Christine Wimbauer auch in einer früheren Studie, in der die Realität von "Doppelverdiener-Paaren" untersucht wurde.
"Wir hatten in diesem anderen Projekt ein Paar, sie hat das Geld verdient, von dem das Paar gelebt hat, das war drei oder vier mal so viel wie der Mann verdient hat. Er war noch Student, hat sehr unregelmäßig verdient, aber hat das in künstlerischen Tätigkeiten verdient. Und er deutete nun sein Geld als besonderes Geld, das Ausdruck seiner Persönlichkeitsstruktur war. Und das Geld seiner Frau deutete er als das gewöhnliche, das Alltagsgeld. Und insofern hatte er hier zwar weniger Geld aber mehr Macht, denn sie liebte ihn genau in seiner Individualität, in seiner individuellen Persönlichkeitsstruktur, die für ihn in seinem besonderen Geld zum Ausdruck kam."
Typisch, möchte man da sagen und wundert sich nur mäßig. Die Mann-Frau-Verhältnisse lassen sich nicht einfach umkrempeln. Zumindest vielleicht so lange nicht, als Frauen, die ihre Männer beruflich und finanziell übertreffen, noch in der Minderzahl sind.
"Dinks", Doppelverdienerpaare ohne Kinder, wurden in dem aktuellen Projekt noch nicht untersucht. Doch gerade da stellen sich interessante Fragen. Bleiben Unterschiede zwischen Männern und Frauen auch bestehen, wenn keine Kinder da sind? Wenn Spülmaschine, Wäschetrockner und Putzfrau die Hausarbeiten auf ein Minimum reduzieren? Schließlich sind nahezu 43% aller Akademikerinnen – und damit potentielle Karrierefrauen – kinderlos. Im Bankensektor z.B., so eine Untersuchung aus dem Jahr 2004, haben 77% der weiblichen Führungskräfte keine Kinder. Und umgekehrt wollen übrigens nur 20% aller Mütter Vollzeit arbeiten.
Das Doppelkarrierepaar mit Kindern mag also, im Rahmen des "gender mainstreaming", der Geschlechtergleichstellung, durchaus wünschenswert sein. Real ist es wohl eher eine Minderheit. Damit dies sich – vielleicht – ändert, meint Christine Wimbauer, bleibt noch viel zu tun:
"Was sollte dagegen sprechen, wenn sich zwei Personen eine Stelle teilen, das ist schwierig, das ist eine Frage der Organisation, aber es ist nicht unmöglich. Und der andere Punkt, warum müssen es eigentlich immer die Frauen sein, die dann unterbrechen nach der Geburt von Kindern. Es könnten ja auch die Väter unterbrechen. Es ist bei den Arbeitgebern schwer durchsetzbar und auch die Familienpolitik zielt hauptsächlich auf Frauen. Und hier bräuchte man eine konsequentere Adressierung von Müttern und Vätern, denn die Kinder brauchen Mütter und Väter und die Eltern wollen Mütter und Väter sein."