Embryonale Stammzellen - noch dazu wenn sie geklont wurden - sind in den Augen von Robert Lanza das ideale Therapeutikum. Mit ihrer Hilfe ließen sich Nervenerkrankungen wie Morbus Parkinson, Immunerkrankungen wie Rheuma oder die Zuckerkrankheit nachhaltig heilen, indem sich die implantierten, jungfräulichen Zellen selbsttätig zu dem differenzieren, was sie werden sollen: Nervenzellen, Immunzellen oder Insulin produzierende Zellen. Ethische Erwägungen, dass hier ein geklonter Embryo sein Leben lassen muss, wollte der Wissenschaftler in seinem Vortrag nicht gelten lassen:
So viel versprechend die Technologie auch scheinen mag, in Deutschland wissen Sie, dass sie eine große Kontroverse ausgelöst hat, ob man nun den Einsatz embryonaler Stammzellen zulassen soll oder nicht. Der Zellhaufen, um den es hier geht, ist kleiner als ein Stecknadelkopf. Und die Frage dabei ist doch, ob dieses Gebilde dieselben Rechte haben soll wie ein Neugeborenes, das zum Tode verurteilt ist. Letztendlich geht die Diskussion auf die Frage zurück, ob dieses mikroskopisch kleine, kreisförmige Gebilde den Status eines Embryos haben kann, oder ob es eine "Homosphäre" ist, die implantiert werden könnte.
Von einem Individuum, von einer Person, die mit allen Bürgerrechten ausgestattet ist, will Robert Lanza mit Blick auf den mikroskopisch kleinen Zellhaufen - die sogenannte Blastozyste - nicht sprechen. Was wir hier machen, ist keine abstrakte Forschung, so der Wissenschaftler, wir können mit den Stammzellen Millionen von Menschen behandeln. Für ihn hat die Rettung von Menschenleben Vorrang vor ethischen Erwägungen. Robert Lanza betreibt Grundlagenforschung - mit Versuchstieren. Ein großes Problem ist da zum Bespiel die Alterung. Als von dem Klonschaf Dolly bekannt wurde, dass es schneller altert, als normal gezeugte Schafe, tauchte die bange Frage auf, ob dies auch mit geklonten Stammzellen passieren könnte, aus denen dann zum Beispiel Organe gezüchtet werden. Versuche mit ausgewachsenen Kühen sollten Klarheit schaffen:
Wir haben diese alten Zellen genommen, sie durch das Klonungsverfahren gebracht, Embryonen hergestellt, und uns dann die Chromosomen angeschaut. Und was wir dann sahen, war, dass die Telomere gleich lang waren wie bei neugeborenen Tieren. Weitere Marker wie "EPC 1" wurden auch untersucht - das sind altersbezogene Gene. Bei der geklonten Kuh, die bei uns auf der Weide steht, haben wir sehr hohe Spiegel von EPC 1. Die Telomere waren länger, EPC 1 war erhöht, das wichtigste aber ist, wie lange die Zellen wirklich leben. Denn für Zwecke der medizinischen Therapie wollen wir die Zellen transplantieren und eine hohe Überlebensrate haben.
Andere Fragen, die auch noch beantwortet werden müssen, beziehen sich auf die gefürchteten Abstoßungsreaktionen. Das Problem dabei: selbst eine geklonte Zelle ist - allerdings nur bei Männern - mit der Ursprungszelle des Patienten genetisch nicht gleich. Denn: die Mitochondrien - Zellorganellen mit eigenem Erbgut - werden stets von der Eizelle geliefert und sind demzufolge immer weiblichen Ursprungs. Werden geklonte Stammzellen - einem männlichen Patienten injiziert - dann möglicherweise unerwünschte Immunreaktionen auslösen? Versuche mit Rindern sollten Aufschluss geben.
Zunächst haben auf die Mitochondrien geschaut, und gesehen, ob sie vom geklonten Tier kamen oder von dem Ei des Empfängers. Und bei der Sequenzierung dieses mitochondrialen Genoms, des Klons und des geklonten Gewebes hat sich herausgestellt, dass sie unterschiedliche Gewebe waren. Wenn Sie bestimmte Peptide von dem Mitochondrium haben, kann es sein, dass Sie Probleme mit der Histokompatibilität bekommen.
Mangelnde Histokompatibilität bedeutet, dass es durchaus zu kritischen Immunreaktionen kommen kann. Noch sind die Versuche, die jetzt zur Machbarkeit des therapeutischen Klonens durchgeführt werden, im Stadium des Tierversuchs. Viele Fragestellungen, um die es heute geht, können darüber hinaus erst in Jahren, vielleicht sogar erst in Jahrzehnten beantwortet werden. Entsprechend vorsichtig ist auch Robert Lanza mit seinen Prognosen. Aber: Das therapeutische Klonen - so sein Urteil - ist die Medizin von morgen.