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Von Mais und Menschen

Genetik. - Mais ist eine der wichtigsten Getreidearten: Er dient als Nahrungs- und Futtermittel und neuerdings als Energieträger. Trotz dieser großen Bedeutung dauerte es eine Weile, bis das Erbgut der Pflanze entziffert wurde.

Von Michael Lange | 20.11.2009
    Das Erbgut der Maispflanzen ist besonders kompliziert. Denn es besitzt mehr springende Gene, so genannte Transposons, als jede andere Art. Diese Transposons springen nicht nur kreuz und quer durch das Erbgut, sie kopieren sich auch selbst und sorgen so für ständige Wiederholungen im Erbgut. Einzelne sequenzierte Genomabschnitte zusammenzusetzen, war deshalb schwieriger als bei anderen Pflanzen- oder Tierarten, so David Schwartz von der Universität von Wisconsin in Madison.

    "Wir haben es geschafft, ein beeindruckendes Puzzle zusammen zu setzen. Dabei mussten wir unzählige Bruchstücke zusammenfügen. Unsere Arbeitsgruppe hat dazu ein neuartiges optisches Verfahren entwickelt. Die DNA-Moleküle werden mit Farbstoffen unter dem Mikroskop sichtbar gemacht und dann einzeln untersucht. Bisherige Methoden arbeiten nicht mit einzelnen Molekülen, sondern benutzen größere DNA-Mengen. Dank der neuen Methode besitzen wir jetzt eine Karte dieses besonders komplizierten Genoms."

    Das Erbgut der Maispflanze ist etwas kleiner als das des Menschen. Es besteht aus 2,3 Milliarden DNA-Bausteinen, das des Menschen besitzt über drei Milliarden. Die Zahl der Gene ist im Mais aber höher: 32.000 bis 35.000. Das ist deutlich mehr als beim Menschen, der mit 20.000 bis 25.000 Genen auskommt. Bei der genaueren Untersuchung des Maisgenoms stießen Pat Schnable und sein Team von der Iowa State University auf weitere Besonderheiten. So hängt die Aktivität vieler Gene im Mais davon ab, ob das Gen vom Vater stammt oder von der Mutter. Wissenschaftler nennen dieses Phänomen Imprinting. Es hängt damit zusammen, dass im Erbgut von Mais und Mensch jedes Gen doppelt vorkommt.

    "Eine Kopie stammt von der Mutter und eine Kopie vom Vater. Das gilt für Mais und Mensch gleichermaßen. Meist sind beide Gen-Kopien aktiv. Aber bei bestimmten Genen ist nur eine Kopie aktiv. Die andere bleibt inaktiv. Das gilt beim Menschen für weniger als ein Prozent der Gene. Beim Mais haben wir überraschenderweise Tausende Gene entdeckt, die dieses Verhalten zeigen."

    Beim Mais sind es meist die väterlichen Gene, die aktiv sind. Die mütterlichen bleiben inaktiv. Ursache: unbekannt. Und noch ein Rätsel stellte das Maisgenom den Wissenschaftlern: Wie kommt es, dass Hybride aus unterschiedlichen Maissorten die Elterngeneration bei vielen Eigenschaften übertreffen. Die Kinder sind also kein Zwischending von Vater und Mutter, sondern beiden klar überlegen. Ein seit langem bekanntes Rätsel für die Pflanzenzucht. Pat Schnable wagt eine Antwort:

    "Wir haben entdeckt, dass es einige Hundert Maisgene gibt, die in einer bestimmten Maissorte vorkommen, in einer anderen jedoch fehlen. Da jedes Gen eine wichtige Rolle im Organismus spielt, wachsen beide Sorten nicht optimal. Wenn man beide Sorten nun kreuzt wird dieser Mangel bei den Kindern, den so genannten Hybriden, behoben. Die vorhandenen Gene der Eltern ergänzen sich also, und so erhält das Kind von beiden Eltern das Beste."

    Diese und andere Informationen aus dem Mais-Genom sind für Pflanzenzüchter eine nützliche Hilfe. Sie können die Erträge weiter steigern oder die Pflanzen unempfindlicher machen, zum Beispiel gegen Trockenheit.