
In Sizilien hingegen wird der bekannteste Schriftsteller des Landes entführt. In München marschiert plötzlich wieder ein Hitler über die Friedhöfe. Und in Mühlheim fallen Hausmeister vom Dach. Einfach so! Sprich: Wenn die Welt derart voller Merkwürdigkeiten ist, braucht es einen Rezensenten um Klarheit zu schaffen!
Willkommen zur Krimikolumne!
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Josh Bazell: Schneller als der Tod
Hin und wieder gibt es Bücher, die den Leser überrollen, ihn verzaubern, ihn bilden und ihm mit dem hintergründigen Charme einer Dampframme begegnen. Das sind Bücher, die alles von LD50-Werten wissen und den IPS-Index in bisher unerreichbar geglaubte Höhen schrauben.
Äh, was bitte ist ein IPS-Index?
IPS bedeutet: Ideen pro Seite! - Was aber bedeutet LD50?
Gemach, gemach.
Während man bei normalen Büchern hoch erfreut ist, hin und wieder eine verblüffende Wendung zu finden, so kann man sich in Josh Bazells Krimidebut "Schneller als der Tod", das in der Übersetzung von Malte Krutzsch bei S. Fischer erschienen ist, vor Ideen und merkwürdigen Wendungen kaum retten.
"Schneller als der Tod" trägt zu Recht die Geschwindigkeit im Titel. Irrwitziger, geschwindigkeitsbetonter und verrückter ist lange nicht erzählt worden. Der sich ständig drehende Plot ist ein kleines absurdes Wunder an Intelligenz. Und dieses Wunder funktioniert so:
Pietro Brwna hat früher mit dem Tod sein Geschäft gemacht. Er war Killer für die Mafia. Dr. Peter Brown hingegen ist Assistenzarzt und kämpft vollgepumpt mit wachhaltenden Drogen in New Yorks berüchtigstem Krankenhaus gegen den Schlaf und den Tod.
Peter Brown war auch der am längsten für die Beatles arbeitende Roadie. Das Buch "Schneller als der Tod" erwähnt dies zwar in einer Fußnote und zitiert das entsprechende Beatleslied "The Story of John and Yoko", mit dem dieser Peter Brown ein akustisches Denkmal errichtet bekam, aber eigentlich tut dies hier nichts zur Sache. Immerhin lernen wir daraus: dieser Krimi hat Fußnoten und kann sie auch dringend gebrauchen.
Petro Brwna, der Killer, und Dr. Peter Brown, der Arzt, sind hingegen miteinander identisch, weshalb Peter Brown jetzt im Zeugenschutzprogramm des FBI ist, das ihn aber nicht mehr schützen kann, nachdem auf seiner Station im Krankenhaus Eddy Squilante, ein alter Mafiaboss, mit Krebs im Endstadium eingeliefert wird.
Squilante fürchtet, dass Brown ihn umbringen wird, was dieser auch liebend gern täte, allerdings hat Squilante für den Fall seines Ablebens den Tod von Peter Brown bereits angeordnet, was also zu einigen dramatischen Verwicklungen führt. Ein geradezu klassischer Konflikt! Shakespeare!
Von diesem Moment an will jeder jedem an den Kragen. Die Jagd durch die Nacht im Krankenhaus beginnt. Sie macht den Eindruck, als ob ein verrückter Bruder von Tarantino eine Folge von Emergency Room gedreht hätte. Andererseits fürchtet Josh Bazell die großen Themen nicht und verknüpft seine Geschichte durchaus glaubhaft auch noch mit Auschwitz und den Folgen.
Was für ein Buch! Frisch und frech, frei von allen Konventionen des Genres. Intelligent obendrein! - schwärmt unser Rezensent begeistert.
Der Roman wimmelt von köstlichen Details und makaberem Fachwissen aus dem Krankenhausalltag. Die LD50 beispielsweise ist - um auch das noch zu klären - die Lethal dose, jene Dosis eines Medikamentes oder Stoffes, die für 50 Prozent der Menschen tödlich wäre. Die LD50 für Luft im Blut liegt laut Bazell bei zwei Kubikzentimetern pro Kilogramm Körpergewicht. Weshalb Peter Brown als ideale Mordmethode im Krankenhaus lieber einen kleinen Korken im Hals empfiehlt, weil der auf Röntgenbildern nicht sichtbar ist.
"Schneller als der Tod", von Josh Bazell, erschienen im S. Fischer Verlag ist der bislang beste Krimi des Frühjahres. Ein Buch für jedermann mit einer Einschränkung: Man sollte das Buch auf keinen Fall im Krankenhaus lesen. Da könnte es extrem auf die Stimmung schlagen.
Äh, was bitte ist ein IPS-Index?
IPS bedeutet: Ideen pro Seite! - Was aber bedeutet LD50?
Gemach, gemach.
Während man bei normalen Büchern hoch erfreut ist, hin und wieder eine verblüffende Wendung zu finden, so kann man sich in Josh Bazells Krimidebut "Schneller als der Tod", das in der Übersetzung von Malte Krutzsch bei S. Fischer erschienen ist, vor Ideen und merkwürdigen Wendungen kaum retten.
"Schneller als der Tod" trägt zu Recht die Geschwindigkeit im Titel. Irrwitziger, geschwindigkeitsbetonter und verrückter ist lange nicht erzählt worden. Der sich ständig drehende Plot ist ein kleines absurdes Wunder an Intelligenz. Und dieses Wunder funktioniert so:
Pietro Brwna hat früher mit dem Tod sein Geschäft gemacht. Er war Killer für die Mafia. Dr. Peter Brown hingegen ist Assistenzarzt und kämpft vollgepumpt mit wachhaltenden Drogen in New Yorks berüchtigstem Krankenhaus gegen den Schlaf und den Tod.
Peter Brown war auch der am längsten für die Beatles arbeitende Roadie. Das Buch "Schneller als der Tod" erwähnt dies zwar in einer Fußnote und zitiert das entsprechende Beatleslied "The Story of John and Yoko", mit dem dieser Peter Brown ein akustisches Denkmal errichtet bekam, aber eigentlich tut dies hier nichts zur Sache. Immerhin lernen wir daraus: dieser Krimi hat Fußnoten und kann sie auch dringend gebrauchen.
Petro Brwna, der Killer, und Dr. Peter Brown, der Arzt, sind hingegen miteinander identisch, weshalb Peter Brown jetzt im Zeugenschutzprogramm des FBI ist, das ihn aber nicht mehr schützen kann, nachdem auf seiner Station im Krankenhaus Eddy Squilante, ein alter Mafiaboss, mit Krebs im Endstadium eingeliefert wird.
Squilante fürchtet, dass Brown ihn umbringen wird, was dieser auch liebend gern täte, allerdings hat Squilante für den Fall seines Ablebens den Tod von Peter Brown bereits angeordnet, was also zu einigen dramatischen Verwicklungen führt. Ein geradezu klassischer Konflikt! Shakespeare!
Von diesem Moment an will jeder jedem an den Kragen. Die Jagd durch die Nacht im Krankenhaus beginnt. Sie macht den Eindruck, als ob ein verrückter Bruder von Tarantino eine Folge von Emergency Room gedreht hätte. Andererseits fürchtet Josh Bazell die großen Themen nicht und verknüpft seine Geschichte durchaus glaubhaft auch noch mit Auschwitz und den Folgen.
Was für ein Buch! Frisch und frech, frei von allen Konventionen des Genres. Intelligent obendrein! - schwärmt unser Rezensent begeistert.
Der Roman wimmelt von köstlichen Details und makaberem Fachwissen aus dem Krankenhausalltag. Die LD50 beispielsweise ist - um auch das noch zu klären - die Lethal dose, jene Dosis eines Medikamentes oder Stoffes, die für 50 Prozent der Menschen tödlich wäre. Die LD50 für Luft im Blut liegt laut Bazell bei zwei Kubikzentimetern pro Kilogramm Körpergewicht. Weshalb Peter Brown als ideale Mordmethode im Krankenhaus lieber einen kleinen Korken im Hals empfiehlt, weil der auf Röntgenbildern nicht sichtbar ist.
"Schneller als der Tod", von Josh Bazell, erschienen im S. Fischer Verlag ist der bislang beste Krimi des Frühjahres. Ein Buch für jedermann mit einer Einschränkung: Man sollte das Buch auf keinen Fall im Krankenhaus lesen. Da könnte es extrem auf die Stimmung schlagen.
Max Bronski: Nackige Engel; Jörg Juretzka: Rotzig & Rotzig
Was der Amerikaner Josh Bazell vorexerziert, ist nur die Zuspitzung eines Krimisubgenres, das auch in Deutschland seine herausragenden Vertreter hat. Zwei der besten dieses Fachs haben neue Werke vorgelegt, als da wären: Jörg Juretzka und sein Ruhrpottprollheld Kristof Kryszinski und Max Bronski, der anonyme Münchner Schreiberling samt seinem schlagfreudigen Antiquitätenhändler Wilhelm Gossec.
Aus Anlass dieser Neuerscheinungen sei hier kurz eine These verlesen: Der aberwitzig schnelle, hoch absurde, aber tief in der sozialen Wirklichkeit verwurzelte Krimi ist der Gegenentwurf zu den realistisch, düsteren, sozial engagierten der Skandinavier.
Die Skandinavier mit all ihren akzeptablen Epigonen wie Jo Nesbö oder Jussi Adler-Olson sind noch mit dem 3784. Serienmörder in den Bestsellerlisten vertreten. Sie sind beim Publikum erfolgreich und prägen das Bild dieses Genres.
Parallel dazu hat sich eine ganz andere - literarisch zumeist viel reizvollere - Variante ausgeprägt. Diese eher zum Absurden und zu Übertreibungen neigenden Krimis sind oft Liebling der Kritiker, gewinnen Preise, führen die Besten- aber nicht die Bestsellerlisten an und ernähren ihre Autoren kaum.
So heißt es von Jörg Juretzka, dass er - obwohl er mit seinen neun Kristof-Kryszinski-Krimis bereits dreifacher Preisträger des Deutschen Krimi Preises ist - immer noch an Tankstellen jobbt, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Und von Max Bronski weiß man gar nichts. Sein Name ist ein Pseudonym. Dass sich der Autor derart vor der Welt versteckt, könnte allerdings daran liegen, dass auch Bronski von den Tantiemen des Kunstmann-Verlags nicht leben kann und noch einem ganz anderen Beruf nachgeht.
Beide, Juretzka und Bronski - schreiben Bücher, die eher als Lokalkrimis durchgehen könnten, aber zu Recht nicht als solche vermarktet werden. Sie nehmen das Lokalkolorit nicht als touristischen Hintergrund, sondern als Urgrund des Verbrechens. Was Los Angeles für Hamnett und Paris für Simenon ist, das ist der Ruhrpott für Juretzka und das Münchner Schlachthofviertel für Max Bronski. Allesamt sind das dreckige Ende der Welt. Auch München!
"Nackige Engel" heißt der vierte Bronski-Krimi um den schlagfreudigen Antiquitätenhändler Wilhelm Gossec, der im Münchner Schlachthofviertel das Unglück anzieht wie ein Tierkadaver die Fliegen. Es ist ein Stereotyp des Genres: Oft und gerne gerät gerade der Detektiv durch seine Ermittlungen als allererster in Verdacht; so auch Gossec, der neben der Leiche eines bekannten Münchner Kabarettisten aus seiner Ohnmacht erwacht.
Einzigartig aber ist, das Gossec sich auch schuldig an dem Mord fühlt. Denn er hatte im Suff mit einer Hitlermaske militanten Neonazis einen Streich gespielt. Die verarschten Neonazis glaubten wiederum, dass der Kabarettist sie reingelegt hätte, worauf sie ihm Rache geschworen haben. Kurz darauf ist der Kabarettist tot. Natürlich erschlagen mit Gossecs Totschläger. Gossec weiß zwar, dass er nicht der Mörder ist, fühlt sich aber moralisch schuldig.
Eine nette, geschickte Konstruktion für einen Krimi - freut sich unser Rezensent und hofft, dass diese Kolumne dazu beiträgt, dass Max Bronski so berühmt wird, dass sein Pseudonym endlich enttarnt wird.
Damit zu Jörg Juretzka und seinem hier in der Kolumne vielfach gelobten Ruhrpottbewohner Kristof Kryszinski. Nachdem es ihn im letzten Krimi in eine spanische Hippiekommune verschlagen hatte, wird er diesmal als Hausmeister einer heruntergekommenen Mühlheimer Mietskaserne engagiert.
Als er seinen Dienst antritt, verlangen gleich mal ein paar zehnjährige Lümmel Schutzgeld für seine Autoreifen. Zunächst aber müssen sie noch die Taschen seines Vorgängers durchsuchen, der sich gerade aus seiner Wohnung im zehnten Stock gestürzt hat.
Ja, wir sind in Mühlheim. Wohnpark Nord. Kristof Kryszinski soll eine Einbruchsserie aufklären, gelangt aber natürlich an eine viel größere Sache, unser Rezensent verrät nur zwei Worte: Kinderhandel, Luxemburg, tolles Buch, was sonst?
Als sich im Internet eine Leserunde gefunden hatte, die gemeinsam den neuen Juretzka lesen wollte, gesellte sich übrigens unter dem Nickname "Toyotahool" auch der Autor unter seine Fans. Weit mehr als über das Buch, diskutierten die verschreckten Leser dann über die folgende Selbstdarstellung des Autors.
Ich lese keine Bücher von Frauen, ich trinke keinen Rotwein, ich mag keine Katzen, hasse Autos der Marke Mercedes und der reine Anblick einer Knöllchenfotze, gleich welchen Geschlechts, weckt Tötungsinstinkte in mir.
Das Lustige daran ist, dass die gleichen Leser, die im Krimi ähnliche und schlimmere Sprüche höchst amüsiert goutierten, ziemlich verstört auf diese Aussage des Autors reagierten. Was wiederum ein Lehrstück dafür ist, was wir von der Literatur erwarten - räsoniert unser Rezensent, der sich gut vorstellen kann, dass er auch in diesem Jahr wieder für Jörg Juretzka als Träger des deutschen Krimipreises stimmen wird.
"Rotzig & Rotzig" heißt der aktuelle, der neunte Kristof-Kryszinski-Band. Erschienen ist er im Rotbuch-Verlag.
Aus Anlass dieser Neuerscheinungen sei hier kurz eine These verlesen: Der aberwitzig schnelle, hoch absurde, aber tief in der sozialen Wirklichkeit verwurzelte Krimi ist der Gegenentwurf zu den realistisch, düsteren, sozial engagierten der Skandinavier.
Die Skandinavier mit all ihren akzeptablen Epigonen wie Jo Nesbö oder Jussi Adler-Olson sind noch mit dem 3784. Serienmörder in den Bestsellerlisten vertreten. Sie sind beim Publikum erfolgreich und prägen das Bild dieses Genres.
Parallel dazu hat sich eine ganz andere - literarisch zumeist viel reizvollere - Variante ausgeprägt. Diese eher zum Absurden und zu Übertreibungen neigenden Krimis sind oft Liebling der Kritiker, gewinnen Preise, führen die Besten- aber nicht die Bestsellerlisten an und ernähren ihre Autoren kaum.
So heißt es von Jörg Juretzka, dass er - obwohl er mit seinen neun Kristof-Kryszinski-Krimis bereits dreifacher Preisträger des Deutschen Krimi Preises ist - immer noch an Tankstellen jobbt, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Und von Max Bronski weiß man gar nichts. Sein Name ist ein Pseudonym. Dass sich der Autor derart vor der Welt versteckt, könnte allerdings daran liegen, dass auch Bronski von den Tantiemen des Kunstmann-Verlags nicht leben kann und noch einem ganz anderen Beruf nachgeht.
Beide, Juretzka und Bronski - schreiben Bücher, die eher als Lokalkrimis durchgehen könnten, aber zu Recht nicht als solche vermarktet werden. Sie nehmen das Lokalkolorit nicht als touristischen Hintergrund, sondern als Urgrund des Verbrechens. Was Los Angeles für Hamnett und Paris für Simenon ist, das ist der Ruhrpott für Juretzka und das Münchner Schlachthofviertel für Max Bronski. Allesamt sind das dreckige Ende der Welt. Auch München!
"Nackige Engel" heißt der vierte Bronski-Krimi um den schlagfreudigen Antiquitätenhändler Wilhelm Gossec, der im Münchner Schlachthofviertel das Unglück anzieht wie ein Tierkadaver die Fliegen. Es ist ein Stereotyp des Genres: Oft und gerne gerät gerade der Detektiv durch seine Ermittlungen als allererster in Verdacht; so auch Gossec, der neben der Leiche eines bekannten Münchner Kabarettisten aus seiner Ohnmacht erwacht.
Einzigartig aber ist, das Gossec sich auch schuldig an dem Mord fühlt. Denn er hatte im Suff mit einer Hitlermaske militanten Neonazis einen Streich gespielt. Die verarschten Neonazis glaubten wiederum, dass der Kabarettist sie reingelegt hätte, worauf sie ihm Rache geschworen haben. Kurz darauf ist der Kabarettist tot. Natürlich erschlagen mit Gossecs Totschläger. Gossec weiß zwar, dass er nicht der Mörder ist, fühlt sich aber moralisch schuldig.
Eine nette, geschickte Konstruktion für einen Krimi - freut sich unser Rezensent und hofft, dass diese Kolumne dazu beiträgt, dass Max Bronski so berühmt wird, dass sein Pseudonym endlich enttarnt wird.
Damit zu Jörg Juretzka und seinem hier in der Kolumne vielfach gelobten Ruhrpottbewohner Kristof Kryszinski. Nachdem es ihn im letzten Krimi in eine spanische Hippiekommune verschlagen hatte, wird er diesmal als Hausmeister einer heruntergekommenen Mühlheimer Mietskaserne engagiert.
Als er seinen Dienst antritt, verlangen gleich mal ein paar zehnjährige Lümmel Schutzgeld für seine Autoreifen. Zunächst aber müssen sie noch die Taschen seines Vorgängers durchsuchen, der sich gerade aus seiner Wohnung im zehnten Stock gestürzt hat.
Ja, wir sind in Mühlheim. Wohnpark Nord. Kristof Kryszinski soll eine Einbruchsserie aufklären, gelangt aber natürlich an eine viel größere Sache, unser Rezensent verrät nur zwei Worte: Kinderhandel, Luxemburg, tolles Buch, was sonst?
Als sich im Internet eine Leserunde gefunden hatte, die gemeinsam den neuen Juretzka lesen wollte, gesellte sich übrigens unter dem Nickname "Toyotahool" auch der Autor unter seine Fans. Weit mehr als über das Buch, diskutierten die verschreckten Leser dann über die folgende Selbstdarstellung des Autors.
Ich lese keine Bücher von Frauen, ich trinke keinen Rotwein, ich mag keine Katzen, hasse Autos der Marke Mercedes und der reine Anblick einer Knöllchenfotze, gleich welchen Geschlechts, weckt Tötungsinstinkte in mir.
Das Lustige daran ist, dass die gleichen Leser, die im Krimi ähnliche und schlimmere Sprüche höchst amüsiert goutierten, ziemlich verstört auf diese Aussage des Autors reagierten. Was wiederum ein Lehrstück dafür ist, was wir von der Literatur erwarten - räsoniert unser Rezensent, der sich gut vorstellen kann, dass er auch in diesem Jahr wieder für Jörg Juretzka als Träger des deutschen Krimipreises stimmen wird.
"Rotzig & Rotzig" heißt der aktuelle, der neunte Kristof-Kryszinski-Band. Erschienen ist er im Rotbuch-Verlag.
Andrea Camilleri: Die Farbe der Sonne; Andrea Camilleri: Die Flügel des Sphinx
Andrea Camilleri ist einer der bekanntesten italienischen Schriftsteller. Er lebt in Rom. Seine Bücher spielen in Sizilien. Sie handeln von dem guten Essen zugeneigten Commissario Montalban aus der südsizilianischen Kleinstadt Vigata.
Camilleri ist überzeugter Sizilianer. Obwohl er seit Jahrzehnten in Rom lebt, behauptet er, keine guten römischen Restaurants zu kennen. In Sizilien, ja da könne er viele empfehlen - aber in Rom? Da gehe er gar nicht essen. Eine Ausstellung in Italiens Hauptstadt, die dürfte Andrea Camilleri in diesem Frühjahr sicher besuchen: In Rom ist derzeit eine große Caravaggio-Ausstellung zu sehen. Sie versammelt 24 der 65 bekannten Werke Caravaggios. Weitere 15 befinden sich über die Stadt verteilt in Kirchen und Galerien.
Es ist verwunderlich, dass gerade Andrea Camilleri, der virtuose Großmeister im Beschreiben eines beschaulichen, lichtdurchfluteten und sinnenfroh-bescheidenen Lebens, ein Liebhaber der dunkel-düsteren, Rätselbilder Caravaggios ist. Und doch hat Camilleri - sozusagen als geistige Fingerübung zwischen seinen Krimis - der letzte hieß "Die Flügel der Sphinx" und ist im Lübbe-Verlag erschienen - eine Hommage an Caravaggio veröffentlicht. Sie heißt "Die Farbe der Sonne", ist im Rowohlt Verlag erschienen und wurde von Moshe Kahn übersetzt. Und was hätte man sich nicht alles Wunderbares vorstellen können, wenn ein Krimiautor einen Caravaggio-Roman schreibt. Caravaggio, der einzige überführte Mörder der Kunstgeschichte. Im Streit nach einem Tennismatch erschlug er einen Mann, wurde verurteilt und flüchtete dann zunächst nach Malta zu den Malteserrittern und weiter nach Sizilien und Neapel. Was für ein Stoff!
Camilleri aber geht einen ganz anderen Weg. Einen bescheidenen: Er erzählt uns in einer Rahmenhandlung, wie er - der bekannte sizilianische Autor - anlässlich eines Besuchs in Syrakus von Unbekannten entführt wurde. Er wurde zu einem geheimen Ort gebracht, wo er nur für wenige Stunden das bisher unbekannte Tagebuch Caravaggios lesen und teilweise exzerpieren durfte. Diese Exzerpte bilden das Buch.
Krimileser seien gewarnt: Übermäßig spannend ist das nicht! Aber ein faszinierendes Gedankenspiel über historische Wahrheit. Eine Annäherung an ein brachiales Genie, Caravaggio, durch einen gemütlichen Praktiker, Andrea Camilleri.
Eine Petitesse - urteilt unser Rezensent, der zu den 24 Bildern Caravaggios gepilgert ist und trotzdem Camilleris Buch fasziniert verschlungen hat. Krimifans mögen sich allerdings - um nicht enttäuscht zu werden - an den gewohnten Camilleri, halten: an "Die Flügel der Sphinx", erschienen im Lübbe-Verlag. Übersetzung Moshe Mahn.
Camilleri ist überzeugter Sizilianer. Obwohl er seit Jahrzehnten in Rom lebt, behauptet er, keine guten römischen Restaurants zu kennen. In Sizilien, ja da könne er viele empfehlen - aber in Rom? Da gehe er gar nicht essen. Eine Ausstellung in Italiens Hauptstadt, die dürfte Andrea Camilleri in diesem Frühjahr sicher besuchen: In Rom ist derzeit eine große Caravaggio-Ausstellung zu sehen. Sie versammelt 24 der 65 bekannten Werke Caravaggios. Weitere 15 befinden sich über die Stadt verteilt in Kirchen und Galerien.
Es ist verwunderlich, dass gerade Andrea Camilleri, der virtuose Großmeister im Beschreiben eines beschaulichen, lichtdurchfluteten und sinnenfroh-bescheidenen Lebens, ein Liebhaber der dunkel-düsteren, Rätselbilder Caravaggios ist. Und doch hat Camilleri - sozusagen als geistige Fingerübung zwischen seinen Krimis - der letzte hieß "Die Flügel der Sphinx" und ist im Lübbe-Verlag erschienen - eine Hommage an Caravaggio veröffentlicht. Sie heißt "Die Farbe der Sonne", ist im Rowohlt Verlag erschienen und wurde von Moshe Kahn übersetzt. Und was hätte man sich nicht alles Wunderbares vorstellen können, wenn ein Krimiautor einen Caravaggio-Roman schreibt. Caravaggio, der einzige überführte Mörder der Kunstgeschichte. Im Streit nach einem Tennismatch erschlug er einen Mann, wurde verurteilt und flüchtete dann zunächst nach Malta zu den Malteserrittern und weiter nach Sizilien und Neapel. Was für ein Stoff!
Camilleri aber geht einen ganz anderen Weg. Einen bescheidenen: Er erzählt uns in einer Rahmenhandlung, wie er - der bekannte sizilianische Autor - anlässlich eines Besuchs in Syrakus von Unbekannten entführt wurde. Er wurde zu einem geheimen Ort gebracht, wo er nur für wenige Stunden das bisher unbekannte Tagebuch Caravaggios lesen und teilweise exzerpieren durfte. Diese Exzerpte bilden das Buch.
Krimileser seien gewarnt: Übermäßig spannend ist das nicht! Aber ein faszinierendes Gedankenspiel über historische Wahrheit. Eine Annäherung an ein brachiales Genie, Caravaggio, durch einen gemütlichen Praktiker, Andrea Camilleri.
Eine Petitesse - urteilt unser Rezensent, der zu den 24 Bildern Caravaggios gepilgert ist und trotzdem Camilleris Buch fasziniert verschlungen hat. Krimifans mögen sich allerdings - um nicht enttäuscht zu werden - an den gewohnten Camilleri, halten: an "Die Flügel der Sphinx", erschienen im Lübbe-Verlag. Übersetzung Moshe Mahn.
Pablo de Santis: Das Rätsel von Paris
Und in aller Kürze nur in letzter Minute noch eine Empfehlung ohne Argument: Pablo De Santis, "Das Rätsel von Paris", erschienen im Unionsverlag. Deutsch von Claudia Wuttke.
Die zwölf besten Detektive der Welt sind zur Eröffnungsveranstaltung der Pariser Weltausstellung von 1889 geladen. Natürlich gibt es ein paar Leichen und anschließend eine Weltausstellung der Detektion. Und natürlich schafft Pablo De Santis hier ein virtuoses Spiel mit alten Krimitraditionen. Und irgendwo in der großen Stadt, die eine Welt ausstellt, wächst unterdessen ein stählerner Turm in den Himmel. Sehr amüsant! Und wie jeder Schwanengesang ein wenig melancholisch.
Das Ende ist nah. - Meint unser Rezensent, der auch diesmal hofft, noch einmal mit dem Leben davon zu kommen, wenn - so wie schon seit 20 Jahren - an dieser Stelle das ewig gleiche Lied erklingt.
Besprochene Bücher:
Josh Bazell: Schneller als der Tod
S. Fischer
Max Bronski: Nackige Engel
Kunstmann
Andrea Camilleri: Die Farbe der Sonne
Kindler
Andrea Camilleri: Die Flügel des Sphinx
Lübbe
Jörg Juretzka: Rotzig & Rotzig
Rotbuch
Pablo de Santis: Das Rätsel von Paris
Unionsverlag
Krimiwelt-Bestenliste:
Krimiwelt bei Arte
Die zwölf besten Detektive der Welt sind zur Eröffnungsveranstaltung der Pariser Weltausstellung von 1889 geladen. Natürlich gibt es ein paar Leichen und anschließend eine Weltausstellung der Detektion. Und natürlich schafft Pablo De Santis hier ein virtuoses Spiel mit alten Krimitraditionen. Und irgendwo in der großen Stadt, die eine Welt ausstellt, wächst unterdessen ein stählerner Turm in den Himmel. Sehr amüsant! Und wie jeder Schwanengesang ein wenig melancholisch.
Das Ende ist nah. - Meint unser Rezensent, der auch diesmal hofft, noch einmal mit dem Leben davon zu kommen, wenn - so wie schon seit 20 Jahren - an dieser Stelle das ewig gleiche Lied erklingt.
Besprochene Bücher:
Josh Bazell: Schneller als der Tod
S. Fischer
Max Bronski: Nackige Engel
Kunstmann
Andrea Camilleri: Die Farbe der Sonne
Kindler
Andrea Camilleri: Die Flügel des Sphinx
Lübbe
Jörg Juretzka: Rotzig & Rotzig
Rotbuch
Pablo de Santis: Das Rätsel von Paris
Unionsverlag
Krimiwelt-Bestenliste:
Krimiwelt bei Arte