Theo Geers: Herr Obermann, wir sind hier auf der Funkausstellung, und die Telekom ist ein großer Aussteller auf dieser Funkausstellung. Wie wichtig ist diese Funkausstellung für die Deutsche Telekom?
Rene Obermann: Die Deutsche Telekom war früher ein Fernmeldeunternehmen und sie wird zunehmend zu einem Multimediaanbieter - über die schnellen modernen Netze, aber auch über die neuen Dienste, wie zum Beispiel internetgestütztes Fernsehen oder mobiles Fernsehen oder das mobile Internet.
Das sind ja Dinge, die zunehmend Bedeutung gewinnen, und deshalb sind wir hier auf der Messe vertreten, um die Konsumenten anzusprechen und ihnen die neuen Produkte und die neuen Dienste auch plastisch vorzuführen, zu zeigen und sie dafür zu gewinnen.
Geers: Hier auf der Funkausstellung wird natürlich der Blick in die Zukunft gewagt, aber wir wollen jetzt auch über die Zukunft der Telekom sprechen. Und da sah es in den letzten Wochen nicht immer ganz so zukunftsträchtig aus, zumindest für die Beschäftigten. Da ging es um Personalabbau, da ging es um Gehaltskürzungen, um längere Arbeitszeiten für zig Tausende von Mitarbeitern.
Und dieses Thema stand und steht immer noch bei Ihnen auf der Agenda, und man möchte ja doch gern wissen: Was kommt da eigentlich auf uns zu? Beginnen wir mal mit dem größten Sorgenkind von Ihnen im Konzern, der Geschäftskundensparte - T-Systems. Gut 50.000 Mitarbeiter hat die Sparte, und es hieß vor einigen Tagen, etwa 16.000 könnten sich auf eine Ausgliederung einstellen. Was ist da konkret geplant?
Obermann: Ich würde gerne auf Ihre Eingangsbermerkung nochmal eingehen. Sie sprachen davon, dass es nicht ganz so gut aussah. Ich persönlich sehe das etwas anders. Wir haben in einem schwierigen Arbeitskampf - zugegeben - nach hartem Ringen mit Ver.di eine aus meiner Sicht zukunftsfähige Lösung gefunden für 50.000 Menschen in den Servicebereichen, die - ja - mehr Arbeit und zum Teil auch Einschränkungen bedingt und bedeutet, auf der anderen Seite aber auch Arbeitsplatzperspektiven und Jobsicherheit über mehrere Jahre bietet.
Das macht außer uns in dieser Branche zur Zeit kein anderes Unternehmen. Insofern haben wir hier einer schwierigen Situation Rechnung getragen und eine sehr zukunftsorientierte Lösung gefunden. Was den Bereich T-Systems angeht, den Sie ansprechen, der zur Zeit noch ein kleiner Teil im Konzern ist in puncto wirtschaftlicher Bedeutung, im Ergebnis aber einen großen Umfang an Beschäftigten hat, haben wir hier ein zweigeteiltes Bild.
In einem größeren Teil, nämlich im Bereich Netze und netzzentrierter Dienstleistungen für Firmen, Systemlösungen wie zum Beispiel Rechenzentrumsanbindungen oder Callcenter-Lösungen oder IP-Netze für Firmenkunden, sind wir sehr wettbewerbsfähig. In einem anderen Bereich, nämlich der Software-Entwicklung zum Beispiel, müssen wir uns, perspektivisch zumindest, verstärken. Hier fehlt es uns an Kapazitäten im so genannten Offshoring, also sprich an Programmierkapazitäten, an Softwareentwicklungskapazitäten in Ländern, die das zu günstigeren Konditionen bereitstellen können. Die muss man heute bei Angeboten mit - sozusagen - beimischen, um wettbewerbsfähig zu sein.
Also, dieser Bereich ist etwas komplexer, und deshalb müssen wir auch in diesem Bereich restrukturieren. Das haben wir angegangen, das werden wir jetzt in den kommenden Wochen und Monaten konsequent voranbringen, und ich hoffe, dass wir in absehbarer Zeit eine gute Lösung finden werden.
Geers: Aber Ausgliederung weckt so die Erinnerung an die 50.000, die es bei T-Com getroffen hat, also in der Festnetzsparte. Und das weckt natürlich sofort die Erinnerung an längere Arbeitszeiten und weniger Geld. Also kommt da was in die Richtung?
Obermann: Ausgliederung ist nicht der richtige Begriff. Die Menschen bei der T-Com in den Servicebereichen bleiben im Konzern. Wir haben die Verhandlungen genau mit dem Ziel geführt, und zwar erfolgreich, dass wir die Menschen im Konzern weiter beschäftigen können, das war ja das eigentliche Ziel, und das ist gelungen. So, bei der Geschäftskundensparte gibt es Teile, nämlich die gerade genannten, wo wir der Auffassung sind, dass wir hier mit Partnern oder mit einem Partnerunternehmen wettbewerbsfähiger sein könnten, und deshalb kann es hier zu einem Joint Venture kommen oder zu einer irgendwie gearteten Form von Partnerschaft.
Wie die genau aussieht, kann ich und will ich Ihnen heute nicht sagen, weil wir daran ja arbeiten. Ein großer Teil aber der Systemsparte bleibt Kerngeschäft der Deutschen Telekom, bleibt im Konzern. Und da müssen wir halt gucken, dass wir in allen Bereichen auch in Zukunft wettbewerbsfähig sind. Das kann also auch Veränderung bedeuten, kann zum Beispiel bedeuten, dass wir an den Konditionen etwas verändern müssen, jawohl.
Geers: Kann denn die Telekom Beschäftigung nur dann sichern, wenn sie das Gehaltsniveau sukzessive senkt, so wie es bei der Festnetzsparte durch den Tarifvertrag im Sommer passiert ist?
Obermann: Bei der Festnetzsparte ist zunächst mal passiert, dass wir fünf Jahre Jobgarantie geben, dass die Menschen, über mehrere Jahre verteilt, 6,5 Prozent Absenkung haben, die aber aufgefangen wird über drei Jahre, also sprich erst einmal gar nicht an Einbußen hat und ab 2008 auch wieder aktive Tarifpolitik stattfinden kann. Also das ist eine sehr, sehr ausgewogene und zukunftsorientierte Lösung. Die Telekom hat an vielen Stellen heute eine Kostensituation, die den Marktanforderungen und der sogenannten Regulierung, also den Vorgaben durch die Bundesnetzagentur, was Kosteneffizienz angeht, nicht gerecht wird.
Das heißt, wir haben gar keine Alternative, damit wir auch morgen noch, in den nächsten Jahren noch erfolgreich sein können, unsere Kosten konsequent anzupacken und am Markt auszurichten. Alles andere funktioniert leider nicht, wir werden nicht von Steuergeldern unterstützt oder von Reguliererprotektion, sondern ganz im Gegenteil. Wir müssen uns hier gegen harte Regulierungsmaßnahmen behaupten.
Geers: Bleiben wir noch einmal beim Kostensenken, Herr Obermann. Da gab es in den letzten Tagen andere Meldungen, die sich auf das Thema "Personalabbau" wieder kaprizierten, die da lauteten, dass bei der Telekom Pläne existierten, über den derzeit laufenden Personalabbau von 32.000 Stellen bis 2008 hinaus. Ist da auch nur Rauch ohne Feuer?
Obermann: Diese großen Zahlen, die immer an die Wand geworfen werden, helfen überhaupt nicht weiter. Ich kann Ihnen dazu auch keine weitere Kommentierung geben, als dass wir in den vergangenen Jahren jährlich rund 10.000 Menschen aus dem Konzern verabschiedet haben ohne eine einzige betriebsbedingte Kündigung, über freiwillige Instrumente beziehungsweise über die so genannte Vivento. Dort sind neue Geschäftsmodelle entwickelt worden und dann mit den Betroffenen an andere Unternehmen veräußert worden, so dass die Menschen in der Regel ihre Arbeitsplätze behalten konnten.
Also werden wir auch in Zukunft in allen Bereichen des Konzerns, ob bei der Zentrale, die an vielen Stellen heute noch sehr komfortabel aufgestellt ist, oder in einigen Geschäftsbereichen auch die Effizienz weiter steigern müssen. Das bedeutet auch, dass wir auch den Personalumbau voranbringen müssen. Das wird ein Thema sein, was uns die nächsten Jahre begleiten wird. Ja, davon ist auszugehen.
Geers: Können Sie Zahlen nennen?
Obermann: Ich werde keine Zahl an die Wand werfen, sondern einfach nur die Aussage wiederholen, dass wir in jedem Bereich im Konzern uns auf ein Niveau bringen müssen, was der Produktivität entspricht, die im Wettbewerb gefordert ist, damit wir langfristig überleben können. Das ist im Interesse aller Beschäftigten, und das ist auch im Interesse der Gesellschafter, im Interesse auch übrigens der Kunden.
Geers: Machen wir an dieser Stelle mal einen kleinen Ausflug in die Technik und blicken drei, vier, fünf Jahre voraus, Herr Obermann. Es ist ja so, dass auch die Telekom ihr Netz wird umstellen müssen auf das sogenannte Internetprotokoll, das heißt, Sprachübertragung und Datenübertragung wachsen zusammen, um es etwas laienhaft auszudrücken.
Kommt von der Seite nicht auch wieder Druck auf Sie als Konzern - Druck, der in die Richtung geht, dass Ihnen irgendwie auch in diesem ganzen Bereich "Netze" die Arbeit ausgeht und damit auch dann wieder Mitarbeiter zu viel an Bord sind?
Obermann: Das ist von der Darstellung zu schwarzweiß. Manche sagen schon bis 2010 oder 2011 könnte man auf Internetprotokoll umstellen, das ist technisch aus unserer Sicht nicht machbar und auch nicht sinnvoll. Das wird sich über die nächsten fünf Jahre, möglicherweise sechs Jahre hinziehen. Insofern ist in diesem Zeitraum Veränderung bei den bisherigen traditionellen Jobs sicherlich erforderlich, weil viele Vermittlungsstellen zum Beispiel wegfallen und ersetzt werden durch eine geringere Anzahl von Verbindungsknoten - das heißt also, der Aufwand im Netzbetrieb deutlich geringer wird und weil man vieles, was man heute vor Ort technisch bearbeiten muss, in Zukunft über Fernwartung und Ferndiagnose machen kann.
Also ja, es verändert sich das Profil und durchaus auch die Quantität in diesem Bereich der Anforderungen, auch der Kapazitätsanforderung, aber es gibt neue Profile, neue Arbeitsprofile, neue Kompetenzprofile, die sich bilden in der gleichen Zeit, weil ja im Zuge der Umstellung auf Internet auch neue Dienste entwickelt werden und betrieben werden müssen.
Also, ich will mal an Beispielen deutlich machen - eine Videokonferenz in deutlich besserer Qualität als heute für die Arbeitswelt zum Beispiel wird einen größeren Stellenwert haben, oder moderne Telekommunikationsanlagen in Unternehmen, die mit Computerlösungen unterstützt werden und vieles mehr. Diese Themen werden neue Kompetenzprofile erfordern und werden auch neue Beschäftigungsfelder, neue Berufsfelder eröffnen. Und deshalb müssen wir uns drum kümmern, nicht nur abzubauen, sondern auch umzuqualifizieren, weiter zu qualifizieren. Und das tun wir wie kaum ein weiteres Unternehmen.
Geers: Passt das denn zusammen?
Obermann: Ja, das passt zusammen, und wir müssen uns anstrengen, damit wir möglichst vielen die Möglichkeit geben, sich weiter zu entwickeln und zu qualifizieren. Wir haben hervorragend qualifizierte und ausgebildete Leute in der Telekom. Wir haben also einen großen Pool von Kompetenz, und die Leute, die hohes technisches Grundwissen haben und in einem Bereich bislang eingesetzt waren, sind oftmals absolut in der Lage - und auch viele davon wollen sich weiter entwickeln und verändern.
Ich darf Ihnen ein Beispiel sagen: Wir glauben, dass wir bei der Telekom ein hohes Maß an Kundenorientierung im technischen Außendienst zum Beispiel bringen müssen, da, wo vor Ort beim Kunden installiert werden muss, konfiguriert werden muss, also eingerichtet werden muss, wo Wartungsarbeiten mit dem Kunden - zum Beispiel am Rechner, am Internetanschluss - passieren müssen, und vieles mehr.
Das sind Themen, wo wir heute noch nicht das volle Potential nutzen, wo wir uns aber profilieren können und wo wir, glaube ich, dankbare Kunden finden werden, wenn wir das hinbekommen. Das heißt also, viele Mitarbeiter, die heute noch nicht vor Kunde so zusagen eingesetzt werden, müssen sich entsprechend auch ausbilden lassen, um dann kundenbezogene Servicearbeiten machen zu können. Das ist nur ein Beispiel.
Geers: Trotzdem haben Sie vorhin auch gesagt, dass Sie einen weiteren Personalabbau nicht ganz ausschließen können, weil Sie einfach im Wettbewerb stehen. Wie groß ist denn der Druck von dieser Seite? Ich frage das auch vor dem Hintergrund des Wettbewerbs hier in Deutschland, der überwiegend über den Preis stattfindet, wenn ich zum Beispiel DSL-Paketangebote nehme.
Und wenn ich diese Angebote nehme, sind die fast immer teurer als die Konkurrenz. Das erinnert so ein bisschen an das Märchen vom Hasen und dem Igel: Das heißt, wenn der "Hase Telekom" angehechelt kommt mit seinen Angeboten, ist der Igel - sprich der Konkurrent - schon billiger.
Obermann: Einspruch, Euer Ehren, insofern als wir nun wirklich unter Beweis gestellt haben in den letzten sechs Monaten, dass wir erheblich Marktanteil hinzugewonnen haben. Wir hatten im vor einem Jahr nur wenige Prozent Marktanteil beim Neukundenzuwachs bei DSL. Wir haben uns vorgenommen, und Sie wissen das aus dem Frühjahr, aus unserer Strategiepräsentation, das wir wieder über 40 Prozent aller Neukunden gewinnen wollen.
Das hat gut geklappt in den letzten Monaten. Wir haben den Vertrieb ausgebaut. Wir haben unsere Angebote wettbewerbsfähig gemacht. Richtig aber ist, dass wir nicht die billigsten Angebote haben, und die Position streben wir auch gar nicht an, sondern wir wollen ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten. Und Sie haben heute gesehen, was wir hier präsentiert haben. Keiner hat ein vergleichbar gutes Angebot bei Internet-TV mit einem schnellen Internetanschluss zusammen als ein Paket so wie wir. Wir sind also voll wettbewerbsfähig. Die Kundenzahlen belegen das, und der Preis ist im Moment nicht unser Hauptproblem.
Aber die Preise bleiben natürlich weiter insgesamt im Markt unter Druck, und wir werden uns auch in der Zukunft immer wettbewerbsfähig, das heißt nur mit einem geringen Abstand wenn überhaupt zu anderen Anbietern positionieren. Und deshalb müssen wir auch unsere Kosten ständig weiter anpassen um das tun zu können.
Insofern schließt sich sozusagen der Kreis. Wir haben vorhin von Effizienz und Sparen gesprochen. Die Notwendigkeit ist da, damit die Telekom auch in Zukunft wettbewerbsfähige Preise machen kann, so wie sie es heute erfolgreich tut.
Geers: Würde Ihnen im Wettbewerb ein Mindestlohn in der Telekombranche für bestimmte Berufe nicht ganz gut da in den Kram passen, so wie das jetzt zum Beispiel in einem anderen Bereich bei der Post, bei den Briefzustellern, kommen wird?
Es würde doch für die Telekom den Wettbewerbsdruck insofern lindern, als dass dann Ihre Konkurrenten, von denen sie ja immer sagen, dass diese etwas weniger zahlen als die Telekom, zum Beispiel in den Call-Centern, dass die dann ihre Gehälter anheben müssten, und damit wäre der Wettbewerbsvorsprung der Konkurrenz nicht mehr so groß wie jetzt.
Obermann: Also, erstens sage ich das nicht im Sinne von subjektiver Behauptung, sondern ich verweise auf geltende Tarifverträge. Und die sind ja objektiv, die kann man ja einsehen. Das heißt, im objektiven Vergleich der Tarife, die zwischen anderen Unternehmen und Ver.di gemacht worden sind und die, die bei uns vorgeherrscht haben, waren eklatante, und zwar sehr eklatante Unterschiede. Das haben wir nun gemeinsam mit dem Sozialpartner korrigiert und deutlich wettbewerbsfähiger hinbekommen. Dafür bin ich auch sehr dankbar.
Was die zukünftige Gestaltung angeht von Arbeitskosten in unserer Industrie kann ich nur sagen, Mindestlöhne, wenn sie zu niedrig sind, sind sie unwirksam und kein Effekt auf die Einkommenssituation der Beschäftigten, wenn sie zu hoch sind, sind sie beschäftigungsfeindlich.
Wir haben bei der Telekom kein Problem, weil wir weit über dem Niveau sind, was in anderen Branchen als Mindestlohn angefordert wird. Und nach meiner Kenntnis sind die Tarifverträge zwischen Ver.di und anderen Unternehmen auch nicht auf oder unterhalb dieses geforderten Mindestlohnniveaus von anderen Branchen. Also sprich, es ist für mich nicht so ein brennendes Thema in der Telekommunikation bis jetzt, aber letztendlich ist das ja eine Frage, die in die Politik gehört, und zu der fühle ich mich jetzt hier nicht berufen.
Geers: Aber ablehnen würden Sie so einen Mindestlohn auch nicht, wenn er Ihnen hülfe?
Obermann: Es hätte für uns als Arbeitgeber keine Konsequenz, weil wir weit weg sind mit unseren Konditionen von jeglichen Mindestlohnniveaus, die diskutiert werden, und wie gesagt, nach meiner Kenntnis auch die Tarifverträge, die mit anderen Unternehmen geschlossen sind, nicht auf Mindestlohn oder sogar unter Mindestlohn liegen, sondern etwas darüber.
Also insofern glaube ich, dass die Auswirkung einer solchen Mindestlohneinführung auf unsere Industrie weniger relevant wäre als in anderen Branchen. Sie sprachen vorhin die Post an.
Geers: Wir haben jetzt sehr viel über Sparen und Kostensenkung gesprochen. Generell gefragt, Herr Obermann: Kann ein Konzern wie die Telekom nur durch Kostensenken und Sparen gesunden und wettbewerbsfähig werden?
Obermann: Das tun wir ja nicht. Im Gegenteil, wir sind ja sehr engagiert mit neuen Investitionen. Wir investieren Milliardenbeträge jährlich in den Ausbau der Netze, in den Aufbau superschneller Netze modernster Infrastruktur in Deutschland und in Europa und in den USA übrigens. Wir sind der führende Mobilfunkanbieter in Deutschland. Wir werden jedes Jahr von vielen Fachzeitschriften und Kunden als das beste Netz bezeichnet, investieren also ständig in die Modernisierung unserer Netze. Und es gibt überhaupt keinen Zweifel, dass wir hier mit großem Abstand Qualitätsführer sind. Und diese Position halten wir auch.
Wohin wir noch investieren, kann ich Ihnen auch sage, nämlich in die Ausbildung junger Menschen. Das Thema Ausbildung bei uns hat einen ganz hohen Stellenwert. Wir sind mit großem Abstand der größte Ausbilder in Deutschland und wir wollen dieses Thema Ausbildung auch in Zukunft hoch bewerten. Wir haben 12.000 Menschen in der Ausbildung bei uns. Wir stellen jedes Jahr, auch das ist eine Vereinbarung mit Ver.di, 4.000 junge Menschen ein zur Ausbildung.
Wir wollen versuchen, auch durch den Personalumbau in den nächsten Jahren, mehr junge Leute einstellen zu können, übrigens auch eine Sache, die mit diesem neuen Tarifabschluss leichter möglich geworden ist als vorher. Das heißt, wir investieren in Infrastruktur, in Innovation, in Technologie, in neue Produkte und wir investieren in die Menschen. Und insofern kann von "nur Sparen" bei der Deutschen Telekom gar keine Rede sein.
Geers: Ihr Vorgänger im Amt, Kai-Uwe Ricke, hat einmal gesagt, er wolle die Telekom zu dem nicht nur größten, sondern auch schlagkräftigsten Konzern der Branche in Europa machen. Es ist dann unter seiner Regie nicht mehr ganz so gekommen, aber die Frage, die ich damit verbinde, Herr Obermann, ist folgende: Welche Vorstellung haben sie denn als Konzernchef der Deutschen Telekom von Ihrem Unternehmen? Das heißt, wo wollen Sie in einigen Jahren stehen mit diesem Unternehmen? Wo soll es hingeführt werden?
Obermann: Wenn wir mal vier, fünf, sechs Jahre nach vorne sehen, dann ist es wichtig, dass wir in der Kategorie Internetmobilisierung, und zwar sowohl über den Mobilfunkzugang als auch Mobilisierung im weiteren Sinne, dass wir das Internet in die Haushalte bringen auf breitbandigen Netzen mit bestimmten innovativen neuen Anwendungen, so wollen wir in dieser Kategorie, und zwar auf der globalen Skala einer der großen und bedeutenden Anbieter sein.
Die Skaleneffekte, die Größenvorteile in diesem Bereich sind sehr wichtig, damit man wettbewerbsfähig günstig einkaufen kann, damit man teure Entwicklungen über verschiedene Netze und Märkte gleichermaßen verwenden kann, also es skalieren kann, um es fachchinesisch auszudrücken, und damit international wettbewerbsfähig ist. Also, ich glaube, die Größe in unserer Industrie ist tatsächlich relevant und vor allem auch die enge Kooperation in den einzelnen Ländern, in denen wir aktiv sind. Dazu haben wir ein ganz intensives Programm, ein sogenanntes One-Company-Programm, international aufgelegt, damit eben Entwicklung, Einkauf und andere Dinge zusammengeführt werden.
Die Telekom wird also eines der großen international agierenden Unternehmen sein, die das Internet und internetbasierte Dienste für alle Menschen sozusagen überall zugänglich machen, also das Internet im wahrsten Sinne des Wortes mobilisieren, und das mit ganz neuen innovativen Anwendungen.
Geers: Und darin liegt für Sie auch die Zukunft dieses Unternehmens, das ja, wie Sie eingangs des Gesprächs sagten, kein Fernmeldeunternehmen mehr sein will.
Obermann: Die Zukunft liegt sowohl in breitbandigen Netzen. Ich glaube nach wie vor, dass auch in der Zukunft, wenn man professionell, effizient breitbandige moderne Netze betreibt, dass man damit Geld verdienen kann. Und die Zukunft liegt darin, das man Vorreiter ist in der Entwicklung moderner Kommunikationsformen, weit über das Maß von heute Bekanntem hinaus auf der Basis von Internettechnologie. Und genau auf dieser Schiene sind wir unterwegs. Und diesen Weg werden wir ganz konsequent in den nächsten Jahren gehen.
Geers: Nun steht die Telekom ja nicht nur im Wettbewerb hierzulande. Die Telekom ist ein Unternehmen, das auch in Europa sich bewähren muss und will. Und es gibt natürlich auch in der Branche einen gewissen Druck, dass sich Firmen zusammenschließen, dass Übernahmen möglicherweise in den nächsten Jahren zu einem Thema werden. Wie schätzen Sie hier die Lage in der Telekombranche in Europa ein?
Obermann: Europa ist sehr fragmentiert. Der europäische Markt ist sehr fragmentiert, also aufgeteilt in ganz, ganz viele, zum Teil sehr kleine Anbieter. Es gibt in einigen Märkten zu viele konkurrierende Mobilfunknetze zum Beispiel. Das ist weder ökonomisch noch ökologisch, also unter dem Gesichtspunkt Umweltverträglichkeit sinnhaft. Und insofern gibt es gerade im Mobilfunk in Europa Konsolidierungsbedarf.
Wenn Sie das mal mit den USA vergleichen, dort gibt es vier nationale Netze, also national verbreitete Anbieter. Wir sind einer davon. In Europa gibt es rund 70. Das macht natürlich überhaupt keinen Sinn, denn der europäische gibt nicht genug .Wirtschaftskraft her, um so viele verschiedene Netzanbieter zuzulassen. Also, hier muss Konsolidierung her.
Wir machen da auch aktiv mit. Das heißt, wir haben jetzt gerade in Holland ein Unternehmen übernommen, beziehungsweise wir sind dabei. Es ist noch nicht ganz abgeschlossen, nämlich die Orange in den Niederlanden. Wir haben im letzten Telering in Österreich übernommen. Wir werden uns auch weiterhin nach Gelegenheiten umsehen, um innerhalb Europas an dieser Konsolidierung mitzuwirken.
Aber ich glaube, dass es insgesamt ein Trend ist, der in dieser Industrie jetzt schnell voran geht in den nächsten Jahren, und wir weitere Konsolidierung auch bei anderen Anbietern sehen werden. Lassen wir es mal dabei bewenden. In Europa im Mobilfunk ist Konsolidierungsbedarf. Ich glaube, er wird stattfinden. Ich glaube auch, dass die Regulierer beziehungsweise die Wettbewerbsaufsichten hier etwas die Zügel lockern sollten, damit solche Konsolidierung stattfinden kann. In Holland haben wir jetzt gerade die Genehmigung bekommen. Das war schon mal ein aus meiner Sicht gutes und richtiges Zeichen. Und so sollte es in Europa voran gehen.
Geers: Sie haben jetzt sehr stark auf den Mobilfunk abgehoben, Herr Obermann. Aber gibt es nicht auch Konsolidierungsdruck unter den - ich nenne sie jetzt mal - Big Playern der Telekombranche in Europa?
Obermann: Konsolidierung beziehungsweise Zusammenschlüsse machen ja nur dann Sinn, wenn daraus Mehrwert entsteht. Und insofern ist die Logik im Mobilfunk sehr offensichtlich. Sie ist vielleicht etwas weniger offensichtlich, aus meiner Sicht zumindest, im Festnetzbereich, weil die Kunden nicht so sehr grenzüberschreitend Festnetzdienste nutzen als wie im Mobilfunk, wo ja nun doch Kundenbeziehungen oftmals grenzüberschreitend sind. Aber das ist nur eine Nebenbemerkung.
Im Kern ist diese ganze Industrie innerhalb Europas und möglicherweise auch zwischen den Kontinenten langfristig konsolidierungsanfällig - hätte ich fast gesagt - oder für Konsolidierung sicherlich offen, zumindest aus industrieller Logik raus. Denn durch die Zusammenschlüsse entstehen natürlich Größenvorteile zum Beispiel bei der Produktentwicklung, beim Einkauf oder beim Netzbetrieb, gerade vor dem Hintergrund auch einer zunehmenden internetbasierten Technologie, wo Sie ja vollkommen unabhängig, ob das nun in Deutschland oder in Ungarn oder in England betrieben wird, ein bestimmtes System betreiben können und die Produkte grenzüberschreitend vermarkten können.
Also insofern, grundsätzlich glaube ich, gibt es Industrielogik für das Thema Konsolidierung und ich glaube, in den nächsten Jahren werden wir hier auch das eine oder andere sehen.
Geers: Könnte die Telekom dabei zum Übernahmeobjekt auch werden? Ich sage das auch ein bisschen mit Blick auf den Aktienkurs, der seit längerem so irgendwo in der Marke 13 bis 14 Euro dahindümpelt und nicht so richtig vom Fleck kommt. Das macht das Unternehmen ja auch relativ billig für eine Übernahme und insofern vielleicht auch zu einem Objekt der Begierde.
Obermann: Jetzt will ich die Situation mit unserer Aktienkursentwicklung ganz bestimmt nicht schönreden, aber doch darauf hinweisen, Herr Geers, dass wir in den letzten Monaten im unmittelbaren Vergleich zu anderen Unternehmen gar nicht so schlecht, sondern ganz gut abgeschnitten haben, was zumindest mal ein kleines Anzeichen dafür ist, dass hier offensichtlich doch der eine oder andere wieder Richtung Telekom und Telekomwerte generell, aber auch Richtung Deutsche Telekom optimistischer ist.
Geers: Ich unterbreche Sie jetzt mal, Herr Obermann. Ich habe mir heute morgen den Spaß gemacht und mal die Kaufempfehlungen für Aktien der Deutschen Telekom angesehen. Es gibt so gut wie keine Kaufempfehlungen.
Obermann: Das ist sachlich falsch. Da muss ich Sie leider korrigieren. Wenn Sie mal mit unseren Investor-Relation-Leuten diese Aussage abprüfen, dann werden Sie feststellen, es gibt einen Teil der Analysten, die empfehlen uns zum Kauf, es gibt einen Teil der Analysten, die sagen "Hold", und es gibt nur einen Teil der Analysten, die eher zum Verkauf raten. Also, das Bild hat sich doch verändert, Herr Geers, in den letzten Monaten.
Und es gibt zunehmend positive Stimmen, insbesondere nach dem letzten Quartalsergebnis. Wenn Sie da die Presseberichte noch mal recherchieren, dann werden Sie eine Menge positive Überraschungen feststellen. Man hat uns da sehr gelobt für die positive wirtschaftliche Entwicklung.
Aber noch mal: Ich will das gar nicht schönreden. Wir haben noch einen ganz weiten Weg vor uns. Und ich kann die Sicht der Anleger natürlich verstehen, die bei den letzten Aktienemissionen gekauft haben, die dabei Wert eingebüßt haben, und es ist unsere absolute Pflicht und wir wollen alles dafür tun, um auch den Wert des Unternehmens langfristig zu steigern. Das ist unser ganzes Bestreben, gar keine Frage.
Geers: Und das wäre dann auch im Zweifel die Lebensversicherung dafür, dass es die Deutsche Telekom in ein paar Jahren noch gibt und sie nicht Teil eines anderen Unternehmens ist und aufgekauft wurde?
Obermann: Unser Ziel ist ja, unternehmerisch eigenständig zu sein, unsere Strategie, die wir haben, umzusetzen und zu zeigen, dass wir mit dieser Strategie langfristig für die Aktionäre Mehrwert schaffen können. Und deshalb ist es zwar keine Lebensversicherung, aber es ist zumindest eine viel, viel größere Wahrscheinlichkeit, wenn es uns gelingt, den Unternehmenswert positiv zu entwickeln, dass wir diese Eigenständigkeit behalten können.
Rene Obermann: Die Deutsche Telekom war früher ein Fernmeldeunternehmen und sie wird zunehmend zu einem Multimediaanbieter - über die schnellen modernen Netze, aber auch über die neuen Dienste, wie zum Beispiel internetgestütztes Fernsehen oder mobiles Fernsehen oder das mobile Internet.
Das sind ja Dinge, die zunehmend Bedeutung gewinnen, und deshalb sind wir hier auf der Messe vertreten, um die Konsumenten anzusprechen und ihnen die neuen Produkte und die neuen Dienste auch plastisch vorzuführen, zu zeigen und sie dafür zu gewinnen.
Geers: Hier auf der Funkausstellung wird natürlich der Blick in die Zukunft gewagt, aber wir wollen jetzt auch über die Zukunft der Telekom sprechen. Und da sah es in den letzten Wochen nicht immer ganz so zukunftsträchtig aus, zumindest für die Beschäftigten. Da ging es um Personalabbau, da ging es um Gehaltskürzungen, um längere Arbeitszeiten für zig Tausende von Mitarbeitern.
Und dieses Thema stand und steht immer noch bei Ihnen auf der Agenda, und man möchte ja doch gern wissen: Was kommt da eigentlich auf uns zu? Beginnen wir mal mit dem größten Sorgenkind von Ihnen im Konzern, der Geschäftskundensparte - T-Systems. Gut 50.000 Mitarbeiter hat die Sparte, und es hieß vor einigen Tagen, etwa 16.000 könnten sich auf eine Ausgliederung einstellen. Was ist da konkret geplant?
Obermann: Ich würde gerne auf Ihre Eingangsbermerkung nochmal eingehen. Sie sprachen davon, dass es nicht ganz so gut aussah. Ich persönlich sehe das etwas anders. Wir haben in einem schwierigen Arbeitskampf - zugegeben - nach hartem Ringen mit Ver.di eine aus meiner Sicht zukunftsfähige Lösung gefunden für 50.000 Menschen in den Servicebereichen, die - ja - mehr Arbeit und zum Teil auch Einschränkungen bedingt und bedeutet, auf der anderen Seite aber auch Arbeitsplatzperspektiven und Jobsicherheit über mehrere Jahre bietet.
Das macht außer uns in dieser Branche zur Zeit kein anderes Unternehmen. Insofern haben wir hier einer schwierigen Situation Rechnung getragen und eine sehr zukunftsorientierte Lösung gefunden. Was den Bereich T-Systems angeht, den Sie ansprechen, der zur Zeit noch ein kleiner Teil im Konzern ist in puncto wirtschaftlicher Bedeutung, im Ergebnis aber einen großen Umfang an Beschäftigten hat, haben wir hier ein zweigeteiltes Bild.
In einem größeren Teil, nämlich im Bereich Netze und netzzentrierter Dienstleistungen für Firmen, Systemlösungen wie zum Beispiel Rechenzentrumsanbindungen oder Callcenter-Lösungen oder IP-Netze für Firmenkunden, sind wir sehr wettbewerbsfähig. In einem anderen Bereich, nämlich der Software-Entwicklung zum Beispiel, müssen wir uns, perspektivisch zumindest, verstärken. Hier fehlt es uns an Kapazitäten im so genannten Offshoring, also sprich an Programmierkapazitäten, an Softwareentwicklungskapazitäten in Ländern, die das zu günstigeren Konditionen bereitstellen können. Die muss man heute bei Angeboten mit - sozusagen - beimischen, um wettbewerbsfähig zu sein.
Also, dieser Bereich ist etwas komplexer, und deshalb müssen wir auch in diesem Bereich restrukturieren. Das haben wir angegangen, das werden wir jetzt in den kommenden Wochen und Monaten konsequent voranbringen, und ich hoffe, dass wir in absehbarer Zeit eine gute Lösung finden werden.
Geers: Aber Ausgliederung weckt so die Erinnerung an die 50.000, die es bei T-Com getroffen hat, also in der Festnetzsparte. Und das weckt natürlich sofort die Erinnerung an längere Arbeitszeiten und weniger Geld. Also kommt da was in die Richtung?
Obermann: Ausgliederung ist nicht der richtige Begriff. Die Menschen bei der T-Com in den Servicebereichen bleiben im Konzern. Wir haben die Verhandlungen genau mit dem Ziel geführt, und zwar erfolgreich, dass wir die Menschen im Konzern weiter beschäftigen können, das war ja das eigentliche Ziel, und das ist gelungen. So, bei der Geschäftskundensparte gibt es Teile, nämlich die gerade genannten, wo wir der Auffassung sind, dass wir hier mit Partnern oder mit einem Partnerunternehmen wettbewerbsfähiger sein könnten, und deshalb kann es hier zu einem Joint Venture kommen oder zu einer irgendwie gearteten Form von Partnerschaft.
Wie die genau aussieht, kann ich und will ich Ihnen heute nicht sagen, weil wir daran ja arbeiten. Ein großer Teil aber der Systemsparte bleibt Kerngeschäft der Deutschen Telekom, bleibt im Konzern. Und da müssen wir halt gucken, dass wir in allen Bereichen auch in Zukunft wettbewerbsfähig sind. Das kann also auch Veränderung bedeuten, kann zum Beispiel bedeuten, dass wir an den Konditionen etwas verändern müssen, jawohl.
Geers: Kann denn die Telekom Beschäftigung nur dann sichern, wenn sie das Gehaltsniveau sukzessive senkt, so wie es bei der Festnetzsparte durch den Tarifvertrag im Sommer passiert ist?
Obermann: Bei der Festnetzsparte ist zunächst mal passiert, dass wir fünf Jahre Jobgarantie geben, dass die Menschen, über mehrere Jahre verteilt, 6,5 Prozent Absenkung haben, die aber aufgefangen wird über drei Jahre, also sprich erst einmal gar nicht an Einbußen hat und ab 2008 auch wieder aktive Tarifpolitik stattfinden kann. Also das ist eine sehr, sehr ausgewogene und zukunftsorientierte Lösung. Die Telekom hat an vielen Stellen heute eine Kostensituation, die den Marktanforderungen und der sogenannten Regulierung, also den Vorgaben durch die Bundesnetzagentur, was Kosteneffizienz angeht, nicht gerecht wird.
Das heißt, wir haben gar keine Alternative, damit wir auch morgen noch, in den nächsten Jahren noch erfolgreich sein können, unsere Kosten konsequent anzupacken und am Markt auszurichten. Alles andere funktioniert leider nicht, wir werden nicht von Steuergeldern unterstützt oder von Reguliererprotektion, sondern ganz im Gegenteil. Wir müssen uns hier gegen harte Regulierungsmaßnahmen behaupten.
Geers: Bleiben wir noch einmal beim Kostensenken, Herr Obermann. Da gab es in den letzten Tagen andere Meldungen, die sich auf das Thema "Personalabbau" wieder kaprizierten, die da lauteten, dass bei der Telekom Pläne existierten, über den derzeit laufenden Personalabbau von 32.000 Stellen bis 2008 hinaus. Ist da auch nur Rauch ohne Feuer?
Obermann: Diese großen Zahlen, die immer an die Wand geworfen werden, helfen überhaupt nicht weiter. Ich kann Ihnen dazu auch keine weitere Kommentierung geben, als dass wir in den vergangenen Jahren jährlich rund 10.000 Menschen aus dem Konzern verabschiedet haben ohne eine einzige betriebsbedingte Kündigung, über freiwillige Instrumente beziehungsweise über die so genannte Vivento. Dort sind neue Geschäftsmodelle entwickelt worden und dann mit den Betroffenen an andere Unternehmen veräußert worden, so dass die Menschen in der Regel ihre Arbeitsplätze behalten konnten.
Also werden wir auch in Zukunft in allen Bereichen des Konzerns, ob bei der Zentrale, die an vielen Stellen heute noch sehr komfortabel aufgestellt ist, oder in einigen Geschäftsbereichen auch die Effizienz weiter steigern müssen. Das bedeutet auch, dass wir auch den Personalumbau voranbringen müssen. Das wird ein Thema sein, was uns die nächsten Jahre begleiten wird. Ja, davon ist auszugehen.
Geers: Können Sie Zahlen nennen?
Obermann: Ich werde keine Zahl an die Wand werfen, sondern einfach nur die Aussage wiederholen, dass wir in jedem Bereich im Konzern uns auf ein Niveau bringen müssen, was der Produktivität entspricht, die im Wettbewerb gefordert ist, damit wir langfristig überleben können. Das ist im Interesse aller Beschäftigten, und das ist auch im Interesse der Gesellschafter, im Interesse auch übrigens der Kunden.
Geers: Machen wir an dieser Stelle mal einen kleinen Ausflug in die Technik und blicken drei, vier, fünf Jahre voraus, Herr Obermann. Es ist ja so, dass auch die Telekom ihr Netz wird umstellen müssen auf das sogenannte Internetprotokoll, das heißt, Sprachübertragung und Datenübertragung wachsen zusammen, um es etwas laienhaft auszudrücken.
Kommt von der Seite nicht auch wieder Druck auf Sie als Konzern - Druck, der in die Richtung geht, dass Ihnen irgendwie auch in diesem ganzen Bereich "Netze" die Arbeit ausgeht und damit auch dann wieder Mitarbeiter zu viel an Bord sind?
Obermann: Das ist von der Darstellung zu schwarzweiß. Manche sagen schon bis 2010 oder 2011 könnte man auf Internetprotokoll umstellen, das ist technisch aus unserer Sicht nicht machbar und auch nicht sinnvoll. Das wird sich über die nächsten fünf Jahre, möglicherweise sechs Jahre hinziehen. Insofern ist in diesem Zeitraum Veränderung bei den bisherigen traditionellen Jobs sicherlich erforderlich, weil viele Vermittlungsstellen zum Beispiel wegfallen und ersetzt werden durch eine geringere Anzahl von Verbindungsknoten - das heißt also, der Aufwand im Netzbetrieb deutlich geringer wird und weil man vieles, was man heute vor Ort technisch bearbeiten muss, in Zukunft über Fernwartung und Ferndiagnose machen kann.
Also ja, es verändert sich das Profil und durchaus auch die Quantität in diesem Bereich der Anforderungen, auch der Kapazitätsanforderung, aber es gibt neue Profile, neue Arbeitsprofile, neue Kompetenzprofile, die sich bilden in der gleichen Zeit, weil ja im Zuge der Umstellung auf Internet auch neue Dienste entwickelt werden und betrieben werden müssen.
Also, ich will mal an Beispielen deutlich machen - eine Videokonferenz in deutlich besserer Qualität als heute für die Arbeitswelt zum Beispiel wird einen größeren Stellenwert haben, oder moderne Telekommunikationsanlagen in Unternehmen, die mit Computerlösungen unterstützt werden und vieles mehr. Diese Themen werden neue Kompetenzprofile erfordern und werden auch neue Beschäftigungsfelder, neue Berufsfelder eröffnen. Und deshalb müssen wir uns drum kümmern, nicht nur abzubauen, sondern auch umzuqualifizieren, weiter zu qualifizieren. Und das tun wir wie kaum ein weiteres Unternehmen.
Geers: Passt das denn zusammen?
Obermann: Ja, das passt zusammen, und wir müssen uns anstrengen, damit wir möglichst vielen die Möglichkeit geben, sich weiter zu entwickeln und zu qualifizieren. Wir haben hervorragend qualifizierte und ausgebildete Leute in der Telekom. Wir haben also einen großen Pool von Kompetenz, und die Leute, die hohes technisches Grundwissen haben und in einem Bereich bislang eingesetzt waren, sind oftmals absolut in der Lage - und auch viele davon wollen sich weiter entwickeln und verändern.
Ich darf Ihnen ein Beispiel sagen: Wir glauben, dass wir bei der Telekom ein hohes Maß an Kundenorientierung im technischen Außendienst zum Beispiel bringen müssen, da, wo vor Ort beim Kunden installiert werden muss, konfiguriert werden muss, also eingerichtet werden muss, wo Wartungsarbeiten mit dem Kunden - zum Beispiel am Rechner, am Internetanschluss - passieren müssen, und vieles mehr.
Das sind Themen, wo wir heute noch nicht das volle Potential nutzen, wo wir uns aber profilieren können und wo wir, glaube ich, dankbare Kunden finden werden, wenn wir das hinbekommen. Das heißt also, viele Mitarbeiter, die heute noch nicht vor Kunde so zusagen eingesetzt werden, müssen sich entsprechend auch ausbilden lassen, um dann kundenbezogene Servicearbeiten machen zu können. Das ist nur ein Beispiel.
Geers: Trotzdem haben Sie vorhin auch gesagt, dass Sie einen weiteren Personalabbau nicht ganz ausschließen können, weil Sie einfach im Wettbewerb stehen. Wie groß ist denn der Druck von dieser Seite? Ich frage das auch vor dem Hintergrund des Wettbewerbs hier in Deutschland, der überwiegend über den Preis stattfindet, wenn ich zum Beispiel DSL-Paketangebote nehme.
Und wenn ich diese Angebote nehme, sind die fast immer teurer als die Konkurrenz. Das erinnert so ein bisschen an das Märchen vom Hasen und dem Igel: Das heißt, wenn der "Hase Telekom" angehechelt kommt mit seinen Angeboten, ist der Igel - sprich der Konkurrent - schon billiger.
Obermann: Einspruch, Euer Ehren, insofern als wir nun wirklich unter Beweis gestellt haben in den letzten sechs Monaten, dass wir erheblich Marktanteil hinzugewonnen haben. Wir hatten im vor einem Jahr nur wenige Prozent Marktanteil beim Neukundenzuwachs bei DSL. Wir haben uns vorgenommen, und Sie wissen das aus dem Frühjahr, aus unserer Strategiepräsentation, das wir wieder über 40 Prozent aller Neukunden gewinnen wollen.
Das hat gut geklappt in den letzten Monaten. Wir haben den Vertrieb ausgebaut. Wir haben unsere Angebote wettbewerbsfähig gemacht. Richtig aber ist, dass wir nicht die billigsten Angebote haben, und die Position streben wir auch gar nicht an, sondern wir wollen ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten. Und Sie haben heute gesehen, was wir hier präsentiert haben. Keiner hat ein vergleichbar gutes Angebot bei Internet-TV mit einem schnellen Internetanschluss zusammen als ein Paket so wie wir. Wir sind also voll wettbewerbsfähig. Die Kundenzahlen belegen das, und der Preis ist im Moment nicht unser Hauptproblem.
Aber die Preise bleiben natürlich weiter insgesamt im Markt unter Druck, und wir werden uns auch in der Zukunft immer wettbewerbsfähig, das heißt nur mit einem geringen Abstand wenn überhaupt zu anderen Anbietern positionieren. Und deshalb müssen wir auch unsere Kosten ständig weiter anpassen um das tun zu können.
Insofern schließt sich sozusagen der Kreis. Wir haben vorhin von Effizienz und Sparen gesprochen. Die Notwendigkeit ist da, damit die Telekom auch in Zukunft wettbewerbsfähige Preise machen kann, so wie sie es heute erfolgreich tut.
Geers: Würde Ihnen im Wettbewerb ein Mindestlohn in der Telekombranche für bestimmte Berufe nicht ganz gut da in den Kram passen, so wie das jetzt zum Beispiel in einem anderen Bereich bei der Post, bei den Briefzustellern, kommen wird?
Es würde doch für die Telekom den Wettbewerbsdruck insofern lindern, als dass dann Ihre Konkurrenten, von denen sie ja immer sagen, dass diese etwas weniger zahlen als die Telekom, zum Beispiel in den Call-Centern, dass die dann ihre Gehälter anheben müssten, und damit wäre der Wettbewerbsvorsprung der Konkurrenz nicht mehr so groß wie jetzt.
Obermann: Also, erstens sage ich das nicht im Sinne von subjektiver Behauptung, sondern ich verweise auf geltende Tarifverträge. Und die sind ja objektiv, die kann man ja einsehen. Das heißt, im objektiven Vergleich der Tarife, die zwischen anderen Unternehmen und Ver.di gemacht worden sind und die, die bei uns vorgeherrscht haben, waren eklatante, und zwar sehr eklatante Unterschiede. Das haben wir nun gemeinsam mit dem Sozialpartner korrigiert und deutlich wettbewerbsfähiger hinbekommen. Dafür bin ich auch sehr dankbar.
Was die zukünftige Gestaltung angeht von Arbeitskosten in unserer Industrie kann ich nur sagen, Mindestlöhne, wenn sie zu niedrig sind, sind sie unwirksam und kein Effekt auf die Einkommenssituation der Beschäftigten, wenn sie zu hoch sind, sind sie beschäftigungsfeindlich.
Wir haben bei der Telekom kein Problem, weil wir weit über dem Niveau sind, was in anderen Branchen als Mindestlohn angefordert wird. Und nach meiner Kenntnis sind die Tarifverträge zwischen Ver.di und anderen Unternehmen auch nicht auf oder unterhalb dieses geforderten Mindestlohnniveaus von anderen Branchen. Also sprich, es ist für mich nicht so ein brennendes Thema in der Telekommunikation bis jetzt, aber letztendlich ist das ja eine Frage, die in die Politik gehört, und zu der fühle ich mich jetzt hier nicht berufen.
Geers: Aber ablehnen würden Sie so einen Mindestlohn auch nicht, wenn er Ihnen hülfe?
Obermann: Es hätte für uns als Arbeitgeber keine Konsequenz, weil wir weit weg sind mit unseren Konditionen von jeglichen Mindestlohnniveaus, die diskutiert werden, und wie gesagt, nach meiner Kenntnis auch die Tarifverträge, die mit anderen Unternehmen geschlossen sind, nicht auf Mindestlohn oder sogar unter Mindestlohn liegen, sondern etwas darüber.
Also insofern glaube ich, dass die Auswirkung einer solchen Mindestlohneinführung auf unsere Industrie weniger relevant wäre als in anderen Branchen. Sie sprachen vorhin die Post an.
Geers: Wir haben jetzt sehr viel über Sparen und Kostensenkung gesprochen. Generell gefragt, Herr Obermann: Kann ein Konzern wie die Telekom nur durch Kostensenken und Sparen gesunden und wettbewerbsfähig werden?
Obermann: Das tun wir ja nicht. Im Gegenteil, wir sind ja sehr engagiert mit neuen Investitionen. Wir investieren Milliardenbeträge jährlich in den Ausbau der Netze, in den Aufbau superschneller Netze modernster Infrastruktur in Deutschland und in Europa und in den USA übrigens. Wir sind der führende Mobilfunkanbieter in Deutschland. Wir werden jedes Jahr von vielen Fachzeitschriften und Kunden als das beste Netz bezeichnet, investieren also ständig in die Modernisierung unserer Netze. Und es gibt überhaupt keinen Zweifel, dass wir hier mit großem Abstand Qualitätsführer sind. Und diese Position halten wir auch.
Wohin wir noch investieren, kann ich Ihnen auch sage, nämlich in die Ausbildung junger Menschen. Das Thema Ausbildung bei uns hat einen ganz hohen Stellenwert. Wir sind mit großem Abstand der größte Ausbilder in Deutschland und wir wollen dieses Thema Ausbildung auch in Zukunft hoch bewerten. Wir haben 12.000 Menschen in der Ausbildung bei uns. Wir stellen jedes Jahr, auch das ist eine Vereinbarung mit Ver.di, 4.000 junge Menschen ein zur Ausbildung.
Wir wollen versuchen, auch durch den Personalumbau in den nächsten Jahren, mehr junge Leute einstellen zu können, übrigens auch eine Sache, die mit diesem neuen Tarifabschluss leichter möglich geworden ist als vorher. Das heißt, wir investieren in Infrastruktur, in Innovation, in Technologie, in neue Produkte und wir investieren in die Menschen. Und insofern kann von "nur Sparen" bei der Deutschen Telekom gar keine Rede sein.
Geers: Ihr Vorgänger im Amt, Kai-Uwe Ricke, hat einmal gesagt, er wolle die Telekom zu dem nicht nur größten, sondern auch schlagkräftigsten Konzern der Branche in Europa machen. Es ist dann unter seiner Regie nicht mehr ganz so gekommen, aber die Frage, die ich damit verbinde, Herr Obermann, ist folgende: Welche Vorstellung haben sie denn als Konzernchef der Deutschen Telekom von Ihrem Unternehmen? Das heißt, wo wollen Sie in einigen Jahren stehen mit diesem Unternehmen? Wo soll es hingeführt werden?
Obermann: Wenn wir mal vier, fünf, sechs Jahre nach vorne sehen, dann ist es wichtig, dass wir in der Kategorie Internetmobilisierung, und zwar sowohl über den Mobilfunkzugang als auch Mobilisierung im weiteren Sinne, dass wir das Internet in die Haushalte bringen auf breitbandigen Netzen mit bestimmten innovativen neuen Anwendungen, so wollen wir in dieser Kategorie, und zwar auf der globalen Skala einer der großen und bedeutenden Anbieter sein.
Die Skaleneffekte, die Größenvorteile in diesem Bereich sind sehr wichtig, damit man wettbewerbsfähig günstig einkaufen kann, damit man teure Entwicklungen über verschiedene Netze und Märkte gleichermaßen verwenden kann, also es skalieren kann, um es fachchinesisch auszudrücken, und damit international wettbewerbsfähig ist. Also, ich glaube, die Größe in unserer Industrie ist tatsächlich relevant und vor allem auch die enge Kooperation in den einzelnen Ländern, in denen wir aktiv sind. Dazu haben wir ein ganz intensives Programm, ein sogenanntes One-Company-Programm, international aufgelegt, damit eben Entwicklung, Einkauf und andere Dinge zusammengeführt werden.
Die Telekom wird also eines der großen international agierenden Unternehmen sein, die das Internet und internetbasierte Dienste für alle Menschen sozusagen überall zugänglich machen, also das Internet im wahrsten Sinne des Wortes mobilisieren, und das mit ganz neuen innovativen Anwendungen.
Geers: Und darin liegt für Sie auch die Zukunft dieses Unternehmens, das ja, wie Sie eingangs des Gesprächs sagten, kein Fernmeldeunternehmen mehr sein will.
Obermann: Die Zukunft liegt sowohl in breitbandigen Netzen. Ich glaube nach wie vor, dass auch in der Zukunft, wenn man professionell, effizient breitbandige moderne Netze betreibt, dass man damit Geld verdienen kann. Und die Zukunft liegt darin, das man Vorreiter ist in der Entwicklung moderner Kommunikationsformen, weit über das Maß von heute Bekanntem hinaus auf der Basis von Internettechnologie. Und genau auf dieser Schiene sind wir unterwegs. Und diesen Weg werden wir ganz konsequent in den nächsten Jahren gehen.
Geers: Nun steht die Telekom ja nicht nur im Wettbewerb hierzulande. Die Telekom ist ein Unternehmen, das auch in Europa sich bewähren muss und will. Und es gibt natürlich auch in der Branche einen gewissen Druck, dass sich Firmen zusammenschließen, dass Übernahmen möglicherweise in den nächsten Jahren zu einem Thema werden. Wie schätzen Sie hier die Lage in der Telekombranche in Europa ein?
Obermann: Europa ist sehr fragmentiert. Der europäische Markt ist sehr fragmentiert, also aufgeteilt in ganz, ganz viele, zum Teil sehr kleine Anbieter. Es gibt in einigen Märkten zu viele konkurrierende Mobilfunknetze zum Beispiel. Das ist weder ökonomisch noch ökologisch, also unter dem Gesichtspunkt Umweltverträglichkeit sinnhaft. Und insofern gibt es gerade im Mobilfunk in Europa Konsolidierungsbedarf.
Wenn Sie das mal mit den USA vergleichen, dort gibt es vier nationale Netze, also national verbreitete Anbieter. Wir sind einer davon. In Europa gibt es rund 70. Das macht natürlich überhaupt keinen Sinn, denn der europäische gibt nicht genug .Wirtschaftskraft her, um so viele verschiedene Netzanbieter zuzulassen. Also, hier muss Konsolidierung her.
Wir machen da auch aktiv mit. Das heißt, wir haben jetzt gerade in Holland ein Unternehmen übernommen, beziehungsweise wir sind dabei. Es ist noch nicht ganz abgeschlossen, nämlich die Orange in den Niederlanden. Wir haben im letzten Telering in Österreich übernommen. Wir werden uns auch weiterhin nach Gelegenheiten umsehen, um innerhalb Europas an dieser Konsolidierung mitzuwirken.
Aber ich glaube, dass es insgesamt ein Trend ist, der in dieser Industrie jetzt schnell voran geht in den nächsten Jahren, und wir weitere Konsolidierung auch bei anderen Anbietern sehen werden. Lassen wir es mal dabei bewenden. In Europa im Mobilfunk ist Konsolidierungsbedarf. Ich glaube, er wird stattfinden. Ich glaube auch, dass die Regulierer beziehungsweise die Wettbewerbsaufsichten hier etwas die Zügel lockern sollten, damit solche Konsolidierung stattfinden kann. In Holland haben wir jetzt gerade die Genehmigung bekommen. Das war schon mal ein aus meiner Sicht gutes und richtiges Zeichen. Und so sollte es in Europa voran gehen.
Geers: Sie haben jetzt sehr stark auf den Mobilfunk abgehoben, Herr Obermann. Aber gibt es nicht auch Konsolidierungsdruck unter den - ich nenne sie jetzt mal - Big Playern der Telekombranche in Europa?
Obermann: Konsolidierung beziehungsweise Zusammenschlüsse machen ja nur dann Sinn, wenn daraus Mehrwert entsteht. Und insofern ist die Logik im Mobilfunk sehr offensichtlich. Sie ist vielleicht etwas weniger offensichtlich, aus meiner Sicht zumindest, im Festnetzbereich, weil die Kunden nicht so sehr grenzüberschreitend Festnetzdienste nutzen als wie im Mobilfunk, wo ja nun doch Kundenbeziehungen oftmals grenzüberschreitend sind. Aber das ist nur eine Nebenbemerkung.
Im Kern ist diese ganze Industrie innerhalb Europas und möglicherweise auch zwischen den Kontinenten langfristig konsolidierungsanfällig - hätte ich fast gesagt - oder für Konsolidierung sicherlich offen, zumindest aus industrieller Logik raus. Denn durch die Zusammenschlüsse entstehen natürlich Größenvorteile zum Beispiel bei der Produktentwicklung, beim Einkauf oder beim Netzbetrieb, gerade vor dem Hintergrund auch einer zunehmenden internetbasierten Technologie, wo Sie ja vollkommen unabhängig, ob das nun in Deutschland oder in Ungarn oder in England betrieben wird, ein bestimmtes System betreiben können und die Produkte grenzüberschreitend vermarkten können.
Also insofern, grundsätzlich glaube ich, gibt es Industrielogik für das Thema Konsolidierung und ich glaube, in den nächsten Jahren werden wir hier auch das eine oder andere sehen.
Geers: Könnte die Telekom dabei zum Übernahmeobjekt auch werden? Ich sage das auch ein bisschen mit Blick auf den Aktienkurs, der seit längerem so irgendwo in der Marke 13 bis 14 Euro dahindümpelt und nicht so richtig vom Fleck kommt. Das macht das Unternehmen ja auch relativ billig für eine Übernahme und insofern vielleicht auch zu einem Objekt der Begierde.
Obermann: Jetzt will ich die Situation mit unserer Aktienkursentwicklung ganz bestimmt nicht schönreden, aber doch darauf hinweisen, Herr Geers, dass wir in den letzten Monaten im unmittelbaren Vergleich zu anderen Unternehmen gar nicht so schlecht, sondern ganz gut abgeschnitten haben, was zumindest mal ein kleines Anzeichen dafür ist, dass hier offensichtlich doch der eine oder andere wieder Richtung Telekom und Telekomwerte generell, aber auch Richtung Deutsche Telekom optimistischer ist.
Geers: Ich unterbreche Sie jetzt mal, Herr Obermann. Ich habe mir heute morgen den Spaß gemacht und mal die Kaufempfehlungen für Aktien der Deutschen Telekom angesehen. Es gibt so gut wie keine Kaufempfehlungen.
Obermann: Das ist sachlich falsch. Da muss ich Sie leider korrigieren. Wenn Sie mal mit unseren Investor-Relation-Leuten diese Aussage abprüfen, dann werden Sie feststellen, es gibt einen Teil der Analysten, die empfehlen uns zum Kauf, es gibt einen Teil der Analysten, die sagen "Hold", und es gibt nur einen Teil der Analysten, die eher zum Verkauf raten. Also, das Bild hat sich doch verändert, Herr Geers, in den letzten Monaten.
Und es gibt zunehmend positive Stimmen, insbesondere nach dem letzten Quartalsergebnis. Wenn Sie da die Presseberichte noch mal recherchieren, dann werden Sie eine Menge positive Überraschungen feststellen. Man hat uns da sehr gelobt für die positive wirtschaftliche Entwicklung.
Aber noch mal: Ich will das gar nicht schönreden. Wir haben noch einen ganz weiten Weg vor uns. Und ich kann die Sicht der Anleger natürlich verstehen, die bei den letzten Aktienemissionen gekauft haben, die dabei Wert eingebüßt haben, und es ist unsere absolute Pflicht und wir wollen alles dafür tun, um auch den Wert des Unternehmens langfristig zu steigern. Das ist unser ganzes Bestreben, gar keine Frage.
Geers: Und das wäre dann auch im Zweifel die Lebensversicherung dafür, dass es die Deutsche Telekom in ein paar Jahren noch gibt und sie nicht Teil eines anderen Unternehmens ist und aufgekauft wurde?
Obermann: Unser Ziel ist ja, unternehmerisch eigenständig zu sein, unsere Strategie, die wir haben, umzusetzen und zu zeigen, dass wir mit dieser Strategie langfristig für die Aktionäre Mehrwert schaffen können. Und deshalb ist es zwar keine Lebensversicherung, aber es ist zumindest eine viel, viel größere Wahrscheinlichkeit, wenn es uns gelingt, den Unternehmenswert positiv zu entwickeln, dass wir diese Eigenständigkeit behalten können.