Die Puppen stehen gegen die Menschen auf, die sie führen und beherrschen. Statt endlich Shakespeares "Macbeth" spielen zu dürfen, sollen sie wieder nur "Die gestohlene Geburtstagstorte" zur allgemeinen Belustigung vorführen. Wie in "Macbeth für Anfänger" vom Nürnberger Theater "Tristans Kompagnons" nun aus der Typisierung der bekannten Kasperlefiguren eine Auseinandersetzung mit den Shakespeareschen Charakteren entsteht. Wie hier Kasperkomödie und Macbeth-Tragödie sich durchdringen und ineinander spiegeln, wie zugleich der nur eine Menschendarsteller alle Handpuppen führt und zugleich als Person mitspielt, das ist so komische wie hohe Theaterkunst, die das große Menschheitsdrama in den kleinen Figuren spiegelt.
Puppentheater hat noch immer den Ruf der einfachen, kasparesken oder märchenhaften Kinderbelustigung. Dabei hat es sich längst mit einer enormen stilistischen und thematischen Vielfältigkeit ein Publikum aller Alters- und Bildungsstufen erschlossen. Das 7. Erfurter Synergura-Festival bewies mit seinen 31 Inszenierungen aus Frankreich, Spanien, Italien, Holland und Deutschland einerseits, dass Puppentheater - wenn es gut ist - noch immer einfach sein kann - und muss. dass es sich aber zugleich mit enormer künstlerischer Fantasie der unterschiedlichsten Mittel in den verschiedensten Genres bedient. Bernd Weißig, Leiter des Festivals und des gastgebenden Erfurter Puppentheaters im Waidspeicher:
"Das Puppen-, Figuren-, Menschen-, Material- und Objekttheater beschäftigte sich bei der Synergura stets - nicht nur über die Märchen - thematisch mit den großen gesellschaftlichen Urerfahrungen und Grundfragen: Es ging um Freiheit und Gerechtigkeit, um Gewalt und Liebe, um Utopie und Alltag, gespiegelt in großen Mythen. Aus Dresden kam eine, wenn auch sehr äußerlich klischeehafte, Auseinandersetzung mit dem Spartakus-Aufstand. Und Erfurt steuerte ein politisch-kabarettistisches Kasperstück bei, in dem skeptisch nach der Rolle und den künstlerischen Wirkungsmöglichkeiten der Kasperfigur, und ihrer Kunst in Zeiten von Leitkultur und thüringischer Goethe-Pflege gefragt wurde."
Das besondere an diesem Erfurter Festival war, wie schon in den Jahren zuvor, dass sich hier nicht nur die Puppenspiel-Einzelkünstler und -kämpfer im Vor-Spiel und in täglicher öffentlicher Kritikrunde zusammenfanden, sondern dass vor allem Ensemble-Gruppen auftraten. So gab es eine Mozartsche Zauberflöte mit zwei Musikern, sieben Spielern und vielen Puppen, und die französischen Gruppen zeigten sich in wahrer Ensemblestärke, so "La Soupe" mit "La femme Poisson". Hier wurde die Geschichte von der Meerjungfrau als großes, auf mehreren Ebenen spielendes Jahrmarktsspektakel dargeboten.
Natürlich durfte der berühmte Neville Tranter mit seinem niederländischen "Stuffed Puppet Theatre", einem routinierten "Ein-Mann-und-viele-Puppen"-Theater, nicht fehlen. Auch wenn sein Beitrag - eine Geschichte von den Leiden und Sehnsüchten eines Vampirs - eher schwach erschien.
Neben einem Programmstrang, in dem Absolventenarbeiten der Schauspielschulen präsentiert wurden - darunter eine hochkomödiantische und vertrackt intelligente Auseinandersetzung mit der Gewalttätigkeit von Grimmschen Märchen von der Ernst-Busch-Schule aus Berlin - begeisterte vor allem das Spiel mit Materialien: Da bot das "Papiertheater Nürnberg" einen Blick auf Mozarts Leben, indem es auf offener Bühne aus einer Papierwand Durchblicke und Spielmaterial herausschnitt. Es gab zwei Aufführungen, die Schöpfungsmythen befragten, indem Maler auf eine Glaswand malten und dadurch das Entstehen von Malerei und deren Beweglichkeit auf wundersame und poetische Weise deutlich wurde.
Wir saßen mit einem französischen Schauspieler und seinen Handpuppen in einem Iglu in langer, kurzweiliger Polarnacht. Wir schauten dem Figurentheater Tübingen zu, wie es aus Stoffballen poetische Gesichter erwachsen ließ, und nach einer Erzählung von Gabriel Garcia Marquez eine magische Welt erschuf, in der ein abgestürzter Engel von geschäftstüchtigen Dörflern ausgenutzt wird. Und wir erlebten zwei solide Herren im Anzug, die Grimms Märchen von der "Goldenen Gans" am Tisch als Kampf zweier Männer und als Basteltheater mit winzigsten Holzutensilien so entstehen ließen, dass es zu einem Menschentheater wurde, bei dem Kinder wie Erwachsene ihren jeweils ganz eigenen poetischen und intellektuellen Genuss haben konnten.
Obwohl die diesjährige, im zweijährigen Rhythmus stattfindende Synergura nicht unbedingt ihren stärksten Jahrgang bot, so zeigte sie dennoch mit vielen faszinierenden Beispielen, dass ein mit mittlerweile hoher Virtuosität die Genres und Puppenspielformen mischendes Puppentheater die kleinen und großen Menschheitsfragen sowohl für die kleinen wie für die großen Zuschauer kritisch und poetisch zu befragen vermag.
Puppentheater hat noch immer den Ruf der einfachen, kasparesken oder märchenhaften Kinderbelustigung. Dabei hat es sich längst mit einer enormen stilistischen und thematischen Vielfältigkeit ein Publikum aller Alters- und Bildungsstufen erschlossen. Das 7. Erfurter Synergura-Festival bewies mit seinen 31 Inszenierungen aus Frankreich, Spanien, Italien, Holland und Deutschland einerseits, dass Puppentheater - wenn es gut ist - noch immer einfach sein kann - und muss. dass es sich aber zugleich mit enormer künstlerischer Fantasie der unterschiedlichsten Mittel in den verschiedensten Genres bedient. Bernd Weißig, Leiter des Festivals und des gastgebenden Erfurter Puppentheaters im Waidspeicher:
"Das Puppen-, Figuren-, Menschen-, Material- und Objekttheater beschäftigte sich bei der Synergura stets - nicht nur über die Märchen - thematisch mit den großen gesellschaftlichen Urerfahrungen und Grundfragen: Es ging um Freiheit und Gerechtigkeit, um Gewalt und Liebe, um Utopie und Alltag, gespiegelt in großen Mythen. Aus Dresden kam eine, wenn auch sehr äußerlich klischeehafte, Auseinandersetzung mit dem Spartakus-Aufstand. Und Erfurt steuerte ein politisch-kabarettistisches Kasperstück bei, in dem skeptisch nach der Rolle und den künstlerischen Wirkungsmöglichkeiten der Kasperfigur, und ihrer Kunst in Zeiten von Leitkultur und thüringischer Goethe-Pflege gefragt wurde."
Das besondere an diesem Erfurter Festival war, wie schon in den Jahren zuvor, dass sich hier nicht nur die Puppenspiel-Einzelkünstler und -kämpfer im Vor-Spiel und in täglicher öffentlicher Kritikrunde zusammenfanden, sondern dass vor allem Ensemble-Gruppen auftraten. So gab es eine Mozartsche Zauberflöte mit zwei Musikern, sieben Spielern und vielen Puppen, und die französischen Gruppen zeigten sich in wahrer Ensemblestärke, so "La Soupe" mit "La femme Poisson". Hier wurde die Geschichte von der Meerjungfrau als großes, auf mehreren Ebenen spielendes Jahrmarktsspektakel dargeboten.
Natürlich durfte der berühmte Neville Tranter mit seinem niederländischen "Stuffed Puppet Theatre", einem routinierten "Ein-Mann-und-viele-Puppen"-Theater, nicht fehlen. Auch wenn sein Beitrag - eine Geschichte von den Leiden und Sehnsüchten eines Vampirs - eher schwach erschien.
Neben einem Programmstrang, in dem Absolventenarbeiten der Schauspielschulen präsentiert wurden - darunter eine hochkomödiantische und vertrackt intelligente Auseinandersetzung mit der Gewalttätigkeit von Grimmschen Märchen von der Ernst-Busch-Schule aus Berlin - begeisterte vor allem das Spiel mit Materialien: Da bot das "Papiertheater Nürnberg" einen Blick auf Mozarts Leben, indem es auf offener Bühne aus einer Papierwand Durchblicke und Spielmaterial herausschnitt. Es gab zwei Aufführungen, die Schöpfungsmythen befragten, indem Maler auf eine Glaswand malten und dadurch das Entstehen von Malerei und deren Beweglichkeit auf wundersame und poetische Weise deutlich wurde.
Wir saßen mit einem französischen Schauspieler und seinen Handpuppen in einem Iglu in langer, kurzweiliger Polarnacht. Wir schauten dem Figurentheater Tübingen zu, wie es aus Stoffballen poetische Gesichter erwachsen ließ, und nach einer Erzählung von Gabriel Garcia Marquez eine magische Welt erschuf, in der ein abgestürzter Engel von geschäftstüchtigen Dörflern ausgenutzt wird. Und wir erlebten zwei solide Herren im Anzug, die Grimms Märchen von der "Goldenen Gans" am Tisch als Kampf zweier Männer und als Basteltheater mit winzigsten Holzutensilien so entstehen ließen, dass es zu einem Menschentheater wurde, bei dem Kinder wie Erwachsene ihren jeweils ganz eigenen poetischen und intellektuellen Genuss haben konnten.
Obwohl die diesjährige, im zweijährigen Rhythmus stattfindende Synergura nicht unbedingt ihren stärksten Jahrgang bot, so zeigte sie dennoch mit vielen faszinierenden Beispielen, dass ein mit mittlerweile hoher Virtuosität die Genres und Puppenspielformen mischendes Puppentheater die kleinen und großen Menschheitsfragen sowohl für die kleinen wie für die großen Zuschauer kritisch und poetisch zu befragen vermag.