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Von rechts nach links
Flüchtlinge verstehen lernen

An den deutschen Volkshochschulen hat das Interesse an Arabisch-Sprachkursen zugenommen. Viele Deutsche, die sich für Flüchtlinge engagieren, möchten auch deren Sprache lernen - doch Arabisch hat seine Tücken.

Von Astrid Wulf | 02.12.2015
    "Hal anti fahimti?" - "Na'am, ana fahimtu."
    Hast du verstanden? Ja, ich habe verstanden. Ein einfacher Dialog, der die Arabisch-Schüler in dieser Lübecker Volkshochschulklasse schon ordentlich ins Schwitzen bringt. Seit September lernen sie die arabischen Schriftzeichen, schreiben zum ersten Mal in ihrem Leben von rechts nach links und kämpfen sich durch die Grammatik.
    Warum sie nach Feierabend Arabisch lernen wollen, hat unterschiedliche Gründe. Manche engagieren sich ehrenamtlich für Flüchtlinge oder haben im Job mit ihnen zu tun, so wie Frederike Westfäling.
    "Ich arbeite als Sozialpädagogin im Jugendamt und bin die Fachstelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und habe viel mit syrischen Flüchtlingen zu tun und syrischen Familien und ich dachte, es kann nicht schaden, mal 'Hallo' sagen zu können in deren Sprache."
    An vielen deutschen Volkshochschulen ist arabisch so beliebt wie noch nie. Gehörten Arabischkurse vor ein paar Semestern noch zu den eher exotischen Angeboten, stocken viele Volkshochschulen jetzt ihre Kurse auf, weil das Interesse so groß ist. Vielen Schulen reagieren mit besonderen Angeboten auf den kleinen Arabisch-Boom. Arabisch-Wochenendkurse in Frankfurt zum Beispiel, in Bonn kann man sogar einen Arabisch-Bildungsurlaub machen - das ist normalerweise eher für Standardfremdsprachen wie Englisch und Französisch üblich.
    Viele Gründe, Arabisch zu lernen
    Im voll belegten Arabischkurs der VHS Lübeck sitzt auch Ann-Kristin Hauberg aus Lübeck. Sie kann schon ein bisschen Arabisch und hat eher private Gründe, die Sprache zu lernen.
    "Ich habe einen Lebensgefährten, der aus dem Libanon kommt, und wir reisen jedes Jahr in den Libanon und ich möchte mich gern mit seiner Familie unterhalten können."
    Ali Chiet leitet den Kurs. Er ist vor rund fünf Jahren aus Aleppo in Syrien zum Studieren nach Deutschland gekommen und unterrichtet seitdem nebenbei seine Muttersprache. Er möchte seinen Schülerinnen und Schülern auch immer einen Einblick in die Kultur der arabischen Länder ermöglichen. Deutschen Arabisch beizubringen, das sei eine echte Herausforderung, sagt er. Deshalb beginne er immer erst einmal mit den absoluten Basics.
    "Begrüßungen zum Beispiel. Marhaba oder ahlan wa sahlan, Herzlich Willkommen, und so weiter."
    Aussprache, Schrift - alles eine große Herausforderung
    "Sagt man dann eher so maa oder määäh?" - "Eher so meeeh." - "Meeeeeh."
    Bei aller Begeisterung fürs Arabische - vor allem die ungewohnte Aussprache macht vielen Kursteilnehmern Probleme. Aber nicht nur das - Arabisch zu lernen, hat sich Frederike Westfäling im großen und ganzen etwas einfacher vorgestellt.
    "Die Sprache ist so schwer! Zum einen die Schrift natürlich, und dass das so kaum herleitbar ist."
    "Na'am anti fahimtu". "Nee, jetzt sagst du: Ja, ich habe nicht verstanden." "Ja, so geht mir das auch."
    Nichtsdestotrotz: Diese Arabischanfänger lassen sich nicht entmutigen, sind mit viel Spaß dabei und kommen gut voran. Immerhin können sie schon die ersten Wörter lesen und schreiben, und die ersten Sätze sprechen. Martin Teich wendet in seinem Alltag gleich an, was er hier lernt.
    "Wir helfen ab und an mal im Flüchtlingsforum, da gibt's natürlich zum einen Flüchtlingen, denen man da begegnet, es gibt auch einige, die da in der Küche arbeiten und ein Iraker, der da in der Küche hilft, dem bringe ich ein bisschen Deutsch bei und mir arabisch - und das findet er natürlich schön und ich auch."
    Auch sein Sohn Thilo Teich hält es für sinnvoll, in diesen Zeiten ein wenig arabisch sprechen zu können. Auch er will nach den ersten zwei Monaten auf jeden Fall dabei bleiben.
    "Zu Anfang war es eher so, dass es eher Kopfschmerzen als Spaß bereitet hat, aber so langsam verstehe ich das ein bisschen mehr. Es macht auch Spaß zu schreiben, es ist nicht mehr so eine große Hürde."